Elektroautos: Mehr Spaß durch mehr PS

Elektroautos: Mehr Spaß durch mehr PS
Der 1912 PS starke Rimac Nevera kostet rund 2,4 Millionen Euro © Rimac

Wer einmal mit einem Elektroauto gefahren ist, freut sich über den dabei erlebten Fahrspaß. Der kann indes noch weiter gesteigert werden.

Wer sagt denn, dass E-Autos nur vernünftig sein müssen? Zwar fußt die Idee fürs Elektroauto vor allem auf dem Klimaschutz. Doch Spaß machen dürfen die Stromer auch – das zeigen diese fünf Beispiele aus allen Klassen.

Den Anfang macht dabei der Kleinste, der Dacia Spring 65. Er beweist, dass Leistung relativ ist. Denn während 20 PS mehr etwa in einem Tesla Model S mit mehr als 300 PS in jeder Variante relativ wenig sind, sind sie im Dacia Spring relativ viel. Schließlich sind in der Basis dort gerade mal 45 PS und das Upgrade macht damit fast 50 Prozent aus.

Spring mit neuem Getriebe

Den Dacia Spring gibt es nun auch mit 65 PS. Foto: Dacia

Außerdem wiegt der Spring nur 1.050 Kilo, so dass sich die größere Leistung nun tatsächlich bemerkbar macht. Erst recht, weil Dacia auch noch das Getriebe geändert hat. Statt 5,4 braucht der Spring jetzt nur noch 3,9 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 50 und bis 100 km/h sind es nur noch 13,7 Sekunden.

Das ist immer noch lange verglichen mit vielen sonst so spurtstarken Stromern. Erst recht, wie es oben raus arg zäh wird. Aber am Ende spart man eben trotzdem fast sechs Sekunden. Nur beim Spitzentempo ändert sich nichts. Das bleibt auf 125 km/h limitiert. Und das ist in diesem Fall sogar gut so. Denn anders als bei echten Sportmodellen haben die Entwickler auch am Fahrwerk nicht nennenswert gefeilt, so dass man mit dem Winzling gar nicht schneller fahren möchte. Dafür allerdings ist auch der Preisaufschlag moderat: Mit mindestens 24.550 Euro kostet der Dacia Spring 65 keine 2000 Euro mehr als das Grundmodell. Für ein Sportabzeichen ist das relativ wenig, für einen Dacia aber relativ viel.

MG4 XPower

Den neuen MG4 Electric XPower erkennt man am einfachsten an seinem Lack in mattem Jägergrün. Foto: MG

Während VW bislang nur mit GTI-Studien experimentiert, hat MG die Idee vom elektrischen „Hot-Hatch“ bereits in die Serie gebracht. Denn für Preise ab 46.990 Euro verkaufen die Chinesen mit den britischen Wurzeln ihren ID.3-Gegner MG4 nun auch als XPower mit einer Extraportion Leistung: Statt bislang genau wie beim ID.3 maximal 204 spendieren sie dem Kompakten neben breiteren Reifen und einem markanten Heckspoiler nun einen zweiten E-Motor. So steigern sie die Leistung auf 435 PS und das maximale Drehmoment gipfelt nun bei 600 statt 250 Nm.

Dass damit dann automatisch auch ein Allradantrieb einhergeht, kann bei so viel Kraft kaum schaden. Das merkt man in Kurven, wo der MG4 selbst bei flotter Gangart einen souveränen Eindruck macht, ohne dabei knochenhart und sonderlich nervös zu wirken. Und vor allem merkt man es beim Kickdown.

Denn dann beschleunigt der MG4 in 1,8 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 50 und hat nach weniger als vier Sekunden 100 km/h erreicht. Stolz verschicken sie bei MG deshalb Links auf Youtube-Videos, in denen ihr Stromer Supersportwagen vom Schlage eines Lamborghini Gallardo stehen lässt. Und da so soll noch einer sagen, E-Modelle könnten keinen Spaß machen.

Hyundai Ioniq 5 N

Hyundai bringt den Ioniq 5 als erstes elektrisches N-Modell ins Rennen. Foto: Hyundai

Dass Elektroautos stark sind, schnell und präzise – daran herrscht längst kein Zweifel mehr. Doch hartgesottene Petrolheads lassen die Batterieboliden bislang kalt, weil ihnen die Emotionen fehlen und der Nervenkitzel. Das will jetzt Hyundai ändern und schickt dafür im Frühjahr zu Preisen ab 75.000 Euro den Ioniq 5 als erstes elektrisches N-Modell ins Rennen.

Der ist mit kurzfristig 650 statt bislang bestenfalls 350 PS nicht nur deutlich stärker als das Serienmodell und mit 260 statt 180 km/h entsprechend schneller. Vor allem ist er viel sinnlicher als andere Stromer. Dafür hat die N-Truppe nicht nur einen überraschend authentischen Motorsound komponiert, der einen durch zehn Lautsprecher vom zu Ende gehenden Benzin-Zeitalter träumen lässt – zumindest solange man nicht auf Albernheiten wie Evolution oder Supersonic wechselt.

Das N-Modell simuliert sogar ein achtstufiges Doppelkupplungsgetriebe – Drehzahlmesser, Schaltpaddel, Zugkraftunterbrechung, Schubbrabbeln und Begrenzer inklusive. Außerdem gibt’s ein halbes Dutzend Fahrprogramme für perfekte Drifts, für schnelle Schikanen und für maximalen Restkomfort auf dem Weg von der Wohnung zur Rennstrecke. Und damit dem Sportler nicht die Puste ausgeht, wird auch der Akku größer und hat jetzt 85 statt 77 kWh. Ja, damit sollen auf der Straße 450 Norm-Kilometer drin sein, versprechen die Koreaner, legen aber viel mehr Wert auf eine andere Währung: Zwei Runden auf der Nordschleife sind garantiert.

Mercedes-AMG EQE 53

Der Mercedes-AMG EQE 53 4MATIC+ sprintet in 3,3 Sekunden auf Tempo 100. Foto: Mercedes

Die Zeiten, in denen AMG mächtig Gas gegeben hat, gehen so langsam zu Ende. Jetzt drehen die schnellen Schwaben immer öfter nur noch am Regler und erhöhen die Spannung. Denn weil Daimlers Abgesang auf den Verbrenner auch in Affalterbach nachhallt, nehmen sich die einstigen Petrolheads zunehmend die EQ-Modelle zur Brust – und haben so zum Beispiel den EQE 53 uns Rennen geschickt.

Aus den 292 PS im EQE 350+ werden dann kurzzeitig bis zu 687 PS und die E-Klasse für Morgen darf sich als stärkstes Elektroauto mit Stern rühmen. Zumindest vorübergehend. Denn bald gibt es ja eine eigene AMG-Elektroplattform, der dann schon noch ein bisschen mehr zuzutrauen ist. Wichtiger als die Leistung ist aber das Drehmoment – erst recht beim E-Auto, weil es dort schließlich schon ab dem ersten Millimeter Pedalweg anliegt.
Und weil die E-Motoren da obendrein deutlich mehr zu bieten haben als die Verbrenner. Schon die 860 Nm des EQE 43 lassen einen E 63 ziemlich blass aussehen, und mit 950 bzw. 1 000 Nm im Boost-Modus stellt der EQE 53 sogar die seligen AMG-Zwölfzylinder in den Schatten. Entsprechend brachial ist die Beschleunigung der elektrischen Express-Limousine: Kaum senkt sich ein Schatten aufs Fahrpedal, ist es, als würde am Horizont jemand einen gigantischen Magneten anschalten, der den EQE unweigerlich anzieht – und zwar mit einer Kraft, wie von einem anderen Stern.

Selbst die 2,5 Tonnen sind plötzlich vergessen, wenn der 53er im besten Fall in 3,3 Sekunden auf Tempo 100 beschleunigt. Nur bei Vollgas folgt die elektrische Ernüchterung: Wo der Bleifuß im Beninzeitalter bisweilen für mehr als 300 km/h gereicht hat, ist hier bei 220 km/h Schluss

Rimac Nevera

Achtung, anschnallen, die Gedanken sortieren und tief Luftholen! Denn wer jetzt nicht alle Sinne beisammenhat, der ist gleich buchstäblich von Sinnen, und Zeit zum Atmen bleibt ihm auch nicht mehr. Schließlich ist der Rimac Nevera kein gewöhnliches Elektroauto. Der Zweisitzer aus Kroatien ist das erste Hypercar der Generation E und wirbelt die Welt der Supersportwagen genauso durcheinander wie der namensgebende Sturm, der immer wieder die heimische Küste aufmischt.

Als aktuell stärkstes und schnelltes Serienauto der Welt lockt das aus Karbon gebackene Coupé die eilige Elite mit 1.912 PS, 2.360 Nm, 412 km/h Höchstgeschwindigkeit und einem Sprintwert von weniger als zwei Sekunden auf die Elektrik Avenue. Selbst einen Bugatti Chiron stempelt er zu einer lahmen Ente und in einem Porsche 911 Turbo fühlt man sich plötzlich so untermotorisiert wie sonst in einem Polo.

Der Aufwand dafür ist freilich gewaltig: Je zwei Motoren pro Achse, vorne mit jeweils 272 PS und 280 Nm und hinten mit zwei Mal 680 PS und 900 Nm reißen an den riesigen Rädern und werden dabei versorgt von der mit 120 kWh größten Batterie, die bislang in einem Elektroauto montiert wurde und unter normalen Bedingungen für 500 Kilometer reichen soll. Damit die Freude am Fahren nicht im Frust beim Laden mündet, kann der Nevera – ein weiteres Superlativ – mit bis zu 500 kW laden. Oder besser: könnte. Denn auch in dieser Disziplin ist er seiner Zeit voraus und bis dato hält da noch keine Ladesäule mit. Zwar definiert Rimac mit dem Nevera den Supersportwagen tatsächlich neu. Doch in einem Punkt hält er sich an bewährte Regeln: beim Preis. Denn der bewegt sich mit 2,4 Millionen Euro in ganz ähnlich abgehobenen Sphären. (SP-X)

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