Elektrisch fahren und viel Gepäck transportieren – dafür bringt VW mit dem ID.7 Tourer den ersehnten Kombi. Auch mit extra großem Akku.
Es hat ziemlich lange gedauert bei Volkswagen. Erst mit der E-Mobilität und dann mit den praktischen Modellen. Lieber haben sie dort dem Trend gefrönt denn der Tradition – und also vorrangig elektrische SUV vom Band rollen lassen. Nun aber kommt mit dem ID.7 Tourer endlich auch im Stromer-Segment ein Vertreter Wolfsburger Kernkompetenz: ein Kombi.
Schließlich reicht die Ahnengalerie bis zum 1500 Variant von 1962 zurück, der Lastesel-Version des Typ 3. Auch bei 411, Golf, Passat und was sonst noch folgte, gab es stets Ableger mit geräumigem Gepäckabteil. Und womöglich passt der zwischenzeitliche Begriff „Happy End“ zum Hochspannungs-Auto besonders gut. Ist doch die große Klappe hierzulande immer noch heiß ersehnt.
Deutlich schicker als die SUVs der ID-Familie
Und so erweist sich der ID.7 Tourer mit bis zu 1,71 Kubikmetern nicht bloß als Schnell-, sondern eben auch als Viellader. Bei einer ebenen Maximalfläche von knapp zwei auf einen Meter muss einem nicht mal auf dem Möbelhaus-Parkplatz bange sein. Selbst im neuen Passat kommen bloß 200 Liter mehr unter. Mit fünf Personen an Bord finden im ID.7 Tourer immerhin noch 545 Liter Platz, in der etwas steileren Cargo-Position der Hecklehnen bis zu 605 Liter. Nicht ganz so üppig fällt indes die Anhängelast aus. Zumindest in der Basisversion ist bei 1,2 Tonnen Schluss.
Knappe fünf Meter misst das neue Elektro-Flaggschiff, fast drei Meter beträgt allein der Radstand. So ist das eben, wenn man im modularen Elektrobaukasten ganz am Rand sucht. Dennoch kommt der ID.7 Tourer sehr viel schicker daher als die technisch weitgehend baugleichen, aber deutlich plumperen SUV der Marke. Immerhin ist er nicht nur das längste Mitglied der ID.-Familie, sondern zugleich das flachste.
Die Abmessungen des Tourer sind dabei identisch mit der Limousine, der Zugewinn an Raum geht allein auf das Konto des langen Daches und der steileren Heckpartie. Trotzdem bugsiert das schwungvolle Design den Fahrtwind so gut es irgend geht um Karosserie und die bis zu 20 Zoll großen Räder herum. Am Ende stehen ein cw-Wert von 0,24, ein maximaler Aktionsradius von geschätzt 687 Kilometern – und die Erkenntnis: Schick kommt weiter. Immerhin: In der Schrägheck-Version hat der neue Wolfsburger Elektro-Stolz schon mal den Titel „German Car of the Year 2024“ eingeheimst.
Fusion aus Passat und Arteon
VW-Vorstandsmitglied Imelda Labbé sieht den in Emden gebauten ID.7 Tourer als Fusion aus klassischem Passat Variant und dynamischem Arteon Shooting Brake – und somit als perfekte Abrundung des Angebots in der oberen Mittelklasse. Vor allem für Vielfahrer und Geschäftskunden sei er dank des umfangreichen Raumangebots und der hohen Reichweiten besonders attraktiv.
Den Tourer-Auftakt macht der für die Plattform übliche Heckantrieb mit 210 kW (286 PS). Eine auskömmliche Motorisierung ist in der Fünf-Meter-Klasse nun mal Voraussetzung. Die Energie holt sich der Motor aus einem Stromspeicher zwischen den Achsen. Dem zum Marktstart verfügbaren ID.7 Tourer Pro hat VW die altbekannte 77-kWh-Batterie (brutto: 82 kWh) spendiert. Im später folgenden Pro S kommt ein Akku mit 86 kWh (brutto: 91 kWh) zum Einsatz. In dieser Version steigt obendrein die Gleichstrom-Ladeleistung von 175 auf 200 kW. Beide Batterien lassen sich bei aktiver Zielführung auf dem Weg zur Ladesäule automatisch vorkonditionieren und nehmen in nur zehn Minuten Strom für bis zu 204 Kilometer an Bord. An der heimischen Wallbox (11 kW) dauert die volle Ladung acht Stunden.
Praktisch für Vielfahrer ist die Multistopp-Routenplanung. Dabei hat das Navi die Karte im Auge, die am Ziel gewünschte Restreichweite und die Power der Säulen. Gut möglich, dass es statt eines langen Ladevorgangs zweimal kurzen Halt mit hoher Leistung empfiehlt – und trotzdem Zeit spart. Übrigens: Zur Schonung des Akkus gibt es den „Care Mode“. Er beschränkt den Ladestand nach oben auf 80 Prozent, lässt sich aber bei Bedarf übersteuern.
Neue Sitze, viel Komfort
Auch innen tut VW viel, um lange Distanzen angenehm zu machen. Der ID.7 Tourer bietet nicht bloß jede Menge Platz, sondern optional eine neue Generation Gestühl. Bis zu 14-fach verstellbar, vor allem aber klimatisiert. Sensoren für Temperatur und Feuchtigkeit erkennen, was Rücken und Po gerade brauchen und regeln entsprechend. Auf Wunsch werden Vielfahrer sogar massiert. Einigermaßen abgedreht hört sich die neue „Wellness-App“ an. Für ihre Modi „Fresh Up“ (Erfrischung), „Calm Down“ (Entspannung) und „Power Break“ (Pause) haben Soundkomponisten passgenaue Klangteppiche zum korrespondierenden Ambiente-Licht gewebt.
Derart verwöhnt, erwartet den Fahrer in ansprechendem Ambiente die neue Cockpit-Philosophie des gesetzlichen Mindestmaßes. Alles sonst Wichtige projiziert das serienmäßige Head up Display virtuell vors Auge – schwirrende Richtungspfeile für die Navigation inklusive. Das ist im Wortsinn großes Kino. Auch hübsch: Die gewaltige Überkopf-Verglasung lässt sich elektrisch zwischen klar und blickdicht dimmen. Schade nur, dass VW nicht von den wenig komfortablen Touchslidern lassen wollte.
Als Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine fungiert ein freistehender 15-Zoll-Touchscreen mit neuer Menüführung – und wer mag, kann mit dem ID.7 selbstverständlich sprechen. Auch „ChatGPT“ soll zeitversetzt als Update verfügbar sein. VW verspricht, die künstliche Intelligenz erhalte keinerlei Zugriff auf die Fahrzeugdaten, Fragen und Antworten würden im Sinne des Datenschutzes umgehend gelöscht.
Vollgepackt mit Assistenzsystemen
Bei all dem Drumherum geht beinahe unter, dass der ID.7 Tourer ein Auto ist und tatsächlich auch fahren kann. Womöglich sogar gut. Denn da sich an der Fahrwerksgeometrie zum normalen ID.7 nichts ändert, darf man dessen hohe Agilität ganz sicher auch für den Kombi erwarten.
An Assistenz wird aufgeboten, was die Konzernregale hergeben. So hält der ID.7 Tourer die Spur, wahrt Tempo und Abstand, späht in Querverkehr und tote Winkel und wirft im Notfall den Anker. Der „Travel Assist“ arbeitet mit Schwarmdaten, kommt ohne seitliche Fahrbahnmarkierung aus und unterstützt auch den begleiteten Spurwechsel auf der Autobahn.
Sogar Parken kann der ID.7 selbstständig. Hübscher Kollateralnutzen der neuen Software: Sie speichert nach einmaligem Abfahren bis zu fünf Park-Routen über eine Distanz von bis zu 50 Metern. Hilft gegen randsteinbewehrte Hinterhöfe genauso wie beim Säulen-Slalom in der Tiefgarage. Und sollte es gar zu eng werden: Die Überwachung funktioniert über das Smartphone auch von außen. Nur die Wellness-App muss man für kurze Zeit unterbrechen.