VW Tiguan: Gutes noch besser gemacht

VW Tiguan: Gutes noch besser gemacht
Der VW Tiguan fährt in der neuen Generation noch souveräner vor. © VW

Wer einen Bestseller im Angebot hat, macht wohl einiges richtig. Um die Spitze zu halten, hat sich VW mit dem neuen Tiguan mächtig ins Zeug gelegt.

Volks-SUV, die Dritte: zwischen dem mächtigen Touareg und dem schmächtigen T-Roc hat sich das Modell Tiguan seit 17 Jahren eine stabile Fangemeinde geschaffen. Rund sieben Millionen Exemplare wurden weltweit abgesetzt und in Deutschland ist der jetzt 4,54 Meter lange Fünftürer Dauer-Chef im Ring der mittelgroßen Sport Utility Vehicles. Rund 64.000 davon wurden im vergangenen Jahr zwischen Flensburg und Garmisch-Patenkirchen neu zugelassen, mehr als von Audi Q5, BMW X3 und Mercedes GLE zusammen. Wenn in diesem Frühjahr die neue Generation zu den Händlern rollt, soll das möglichst so bleiben, hoffen die Verantwortlichen in Wolfsburg.

Masse und Klasse verspricht der Wagen, der in acht verschiedenen Antriebsvarianten verfügbar sein wird und gleichzeitig mit deutlich aufgewertetem Innenraum, Komfort und Behaglichkeit vermitteln will. Die aufgefrischte Optik wird von einem weiter nach unten ausgerichteten Frontgrill und einem vom Markenlogo unterbrochenen LED-Band geprägt. Ferner wurden die Scheinwerfer- und Rückleuchtengläser stärker in die Karosserieecken hinein modelliert, die hintere Seitenscheibe läuft etwas spitzer aus als zuvor. Der Feinschliff an der Außenhaut führte zu einer Senkung des cw-Wertes von 0,33 auf 0,28.

Bis zu 120 Kilometer Reichweite mit PHEV

Der VW Tiguan bringt es auf eine Länge von 4,54 Meter. Foto: VW

Bei der Motorenauswahl stehen vier Benzinern mit neuer Mild-Hybrid-Verstärkung (von 130 bis 265 PS), zwei Diesel (150 und 193 PS) und zwei Teilzeit-Stromer gegenüber. Die elektrisch unterstützen Otto-Motoren haben 1,5 Liter Hubraum und leisten in Kombination mit den E-Maschinen 204 bzw. 272 PS, wovon die E-Maschine jeweils 85 kW beisteuert. Eine enorm erhöhte elektrische Reichweite soll die Begehrlichkeit nach diesen Varianten steigern: 100 Kilometer, unter günstigsten Bedingungen sogar 120 km, verspricht VW als lokal emissionsfreien Aktionsradius.

Der Tiguan mit Kabelanschluss verdankt dies vor allem der größeren Batterie, die gegenüber dem Vorgänger nahezu 90 Prozent an Kapazität zugelegt hat und nun 19,7 kWh nutzbarer Energie bereithält. In wieweit die in Aussicht gestellte Reichweite einer Überprüfung durch die Praxis standhält, konnten die ersten Testfahrten mit dem neuen Auto freilich nicht klären, der Bordrechner teilte auf verschiedenen Kurzstrecken lediglich Verbräuche zwischen 18,5 und 20,6 kWh mit.

Mehr Kilometer – weniger Gepäckraum

Der Innenraum des neuen VW Tiguan wird durch das große Mitteldisplay bestimmt. Foto: VW

Fortschritte gibt es auch beim Thema Akku-Wiederbefüllung zu berichten: Das Bordsystem kann jetzt den „Saft“ aus DC-Schnell-Ladesäulen verkraften und mit bis zu einer Leistung von 50 kW nachtanken. Dort soll das Laden in weniger als einer halben Stunde erledigt sein und selbst an der AC-Wallbox zuhause soll es nicht mehr als zwei Stunden in Anspruch nehmen. Die Freude über Reichweiten-Zuwachs und kurze Ladestopps muss von den Nutzern allerdings mit einem Zugeständnis erkauft werden.

Da bei den Plug-In-Hybriden der Kraftstofftank unter den Zwischenboden des Gepäckabteils gewandert ist, reduziert sie das Ladevolumen um stolze 162 Liter (490 statt 652). Eine stattliche Differenz gibt es auch beim Fahrzeuggewicht: Zwischen dem 130-PS-Einstiegsmodell und dem stärksten PHEV liegen 292 Kilogramm.

Statt des bisherigen 1,4-Liter-Verbrenners wirkt die 85-kW-E-Maschine nun mit einem 1,5 Liter Vierzylinder zusammen. Die Harmonie untereinander ist nicht zu bestreiten, nur fehlt dem Ottomotor in Drehzahlbereichen ab 3000 Umdrehungen die akustische Souveränität. Ebenso wie auch bei der reinen Verbrenner-Variante führt spontanes kräftiges Gasgeben zu einem angestrengt klingenden Schallniveau, das man genauso schnell wieder hinter sich lassen möchte. An der gleichzeitigen druckvollen Beschleunigung durch 400 Newtonmeter System-Drehmoment gibt es freilich nichts zu tadeln. Die Lenkung ist angenehm griffig, der mit adaptivem Fahrwerk ausgestattete Testwagen wusste mit straff-komfortabler Abstimmung zu glänzen.

Ein Lenkstockhebel mehr

Glanz herrscht auch im Innenraum, wo durch sorgfältige Materialauswahl, saubere Verarbeitung und einleuchtende Bedienlogik ein stimmiges Wohlfühl-Ambiente geschaffen wird. Einer Nachfrage würdig ist allerdings der Lenkstockhebel für die Wahl von Fahrtrichtung und Parkmodus. Er ist nicht nur teilweise vom Lenkradkranz verdeckt, sondern soll auch noch dazu dienen, die Mensch-Maschine-Schnittstellen zwischen reinen Elektro-Baureihen sowie Teil- und Vollzeit-Verbrennern zu vereinheitlichen. Den frei werdenden Platz auf der Mittelkonsole füllt eher halbherzig ein großer Drehschalter aus, der für die Wahl von Fahrmodi und Medien-Lautstärke zuständig ist. Fehlentwicklungen, die noch beim Golf in Gestalt von unbeleuchteten so genannten „Slidern“ für harsche Kritik gesorgt hatten, wurden aber korrigiert.

Schon in der Basisversion verfügt das digitale Cockpit über einen 12,9 Zoll großen Touchscreen-Bildschirm, der in den teureren Ausstattungslinien bis auf 15 Zoll wächst. Das entspricht nahezu der Fläche eines DIN-A-4-Blattes. Dazu gibt es ab Werk außer LED-Scheinwerfern und 17-Zoll-Leichtmetallrädern einem zusätzlichen Center-Airbag (vorn) und Seitenairbags hinten, Klimaautomatik, USB-C-Schnittstellen mit 45 Watt Ladeleistung sowie Spurwechsel- und Spurhalte-Assistent, Notbremssystem, Rückfahrkamera und Verkehrszeichenerkennung.  Die Preise beginnen bei 36.600 Euro für das frontgetriebene Einstiegsmodell. Bei der bestausgestatteten R-Line mit Allrad und der stärkeren Plug-In-Hybrid-Version sind 57.000 Euro fällig.

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Axel F. Busse
Axel F. Busse ist gelernter Redakteur, sein kommunikations-wissenschaftliches Studium absolvierte er an der FU Berlin. Nach Tätigkeiten bei Tageszeitungen, wo er sich mit Auto- und Verkehrsthemen beschäftigte, arbeitet er seit 2003 als freier Autor ausschließlich in diesem Bereich. Außer für die Autogazette schreibt er für verschiedene Online- und Printmedien.

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