Ora Funky Cat: E-Mini mit Eroberungspotenzial

5 Sterne beim EuroNCAP

Ora Funky Cat: E-Mini mit Eroberungspotenzial
Nicht nur optisch überzeugend: das Ora Funky Cat. © Ora

Der elektrische Ora Funky Cat überzeugt mit Sicherheit, viel moderner Technik und gutem Fahrverhalten. Das hat indes auch seinen Preis.

Mit der Elektro-Marke Ora wagt sich zu Jahresbeginn ein weiterer Wettbewerber aus China auf den deutschen Markt. Überraschenderweise ist es kein riesiges SUV, sondern ein 4,24 Meter kurzes Kompaktmodell.

Das ist so mutig wie lobenswert in Zeiten, da Autos besonders dann reißenden Absatz finden, wenn man sich in ihnen wähnen darf, als sei die Fahrt zur Kita eine Wüstenexpedition. Dass der „Funky Cat“ übersetzt „Irre Katze“ bedeutet, nimmt man da gerne in Kauf. Gilt das Tier in China doch als Glücksbringer – selbst wenn es nicht winkt.

Ora überzeugt im EuroNCAP

Klar und übersichtlich: das Cockpit des Ora Funky Cat. Foto: Ora

Dabei besteht gar kein Bedarf an höherer Fügung. Anfang der 2000er-Jahre, als ADAC-Prüfer chinesischen Modellen wie dem X5-Aufguss Shuanghuan CEO oder dem SUV Jiangling Landwind einen Rückstand auf gängige Standards attestierten, der sich in Jahrzehnten bemaß – da war für Überleben im Falle eines Unfalls tatsächlich Fortunas schützende Hand hilfreich. Mittlerweile tragen chinesische Autos fünf Sterne nicht mehr nur auf der Nationalflagge, sondern reihenweise in Zertifikaten renommierter Tests.

In den fünf Fahrzeugklassen von EuroNCAP kamen 2022 keine Sieger mehr aus Europa – dafür aber gleich zwei aus China. Bei den Kompaktwagen war es mit souveräner Punktzahl der Ora Funky Cat. Der profitiert von der Konzernmutter Great Wall Motor (GWM), wo man insgesamt fünf Automarken pflegt – vor allem aber ein weltweites Netzwerk in Sachen Forschung und Entwicklung. Mit Erfolg. Der ebenfalls bei GWM produzierte Wey Coffee 01 entschied die EuroNCAP-Wertung der großen SUV für sich.

Gute Qualitätsanmutung

Auch in Sachen Qualität lässt der Funky Cat keine Zweifel aufkommen. Zumindest in der gehobenen Ausstattungsversion findet sich allüberall Umschäumtes, das Cockpit hat sich schön angreifbar gemacht, und im Blick des Fahrers verschmelzen zwei Displays zu einer Infotafel im Breitwandformat. Landwind und Co. waren gestern.

Absolut zeitgemäß auch das Fahrverhalten: Die Abstimmung des 171 PS starken Fronttrieblers garantiert selbst in schnellen Kurven einen guten Kompromiss zwischen straff genug und noch komfortabel. Ebenfalls überzeugend arbeitet die gut austarierte Lenkung, im Grenzbereich geht’s in gut kontrollierbares Untersteuern – und bevor die 18-Zöller allzu sehr nachgeben können, begrenzt eher die knapp konturierte Sitzfläche die allzu vergnügliche Bogenfahrt. Die echte Hatz obliegt aber auch Kandidaten mit schärferen Krallen. Funky Cat schafft es in guten acht Sekunden bis zur dritten Tacho-Stelle, rauf geht’s bis 160 – und dank bissiger Bremsen auch flott wieder runter. Immerhin sind mehr als 1,6 Tonnen einzubremsen.

310 Kilometer Reichweite mit kleinem Akku

Die Marke Ora gehört zu Great Wall Motors. Foto: Ora

Ohnehin kommt am Ende nur richtig weit, wer nicht ganz so beherzt zu Werke geht. Runde 310 Kilometer (WLTP) verspricht Ora mit dem normalen 48-kWh-Akku, die 63-kWh-Batterie soll 110 Kilometer mehr schaffen. Wie immer gilt Buch eins der Batterie-Bibel: Dynamik kostet Distanz. So oder so ist irgendwann der Saft alle. Am Gleichstromlader dauert es von 15 auf 80 Prozent eine Fußball-Halbzeit, weil nicht mehr als 65 kW durch die Leitungen passen, für die volle Ladung an der 11-kW-Wallbox vergehen je nach verbautem Speicher zwischen fünfeinhalb und sechseinhalb Stunden.

Gefällig modelliert haben sie Oras Jüngsten auch. Die Front inklusive der flachen Scheinwerfer-Augen erinnert sogar ein wenig an Porsche-Physiognomie. Platz für Passagiere hat’s dank 2,65 Meter Radstand auskömmlich. Selbst hinten geht es kommod zu – zumindest, wenn man sein Haupt nicht höher als 1,80 Meter trägt. Für Fracht bleiben indes gerade mal 228 Liter, mit umgeklappten Lehnen sind es immerhin 858. Trösten kann man sich mit einer einstellbaren Licht-Animation – und das Einparken wird auf Wunsch ebenfalls erledigt.

Erstklassige Sprachbedienung

Neben Chassis und Assistenzsystemen legt Ora auch großen Wert auf modernes Infotainment. Gerade mal vier Schalter finden sich rund um den obligatorischen Warnblink-Knopf. Sie sind erfreulich massiv und könnten auch aus einem Flugzeug stammen. Links unterhalb des Lenkrads versteckt sich noch die Einstellung der Fahrmodi. Nachteil der Display-Dominanz: Für die Wahl der Rekuperation muss man das Menü bemühen. Da sehnt man sich nach traditionellen Paddles – oder wenigstens einer B-Taste.

Denn bei zentraler Technik greift – womöglich noch – nicht die bevorzugte Bedienung nach Ora-Art: Sprache. Die sicherste Art der Fahrzeug-Kommunikation, weil sie weder per Blick oder Gesten Ablenkung erfordert. Auf Zuruf öffnet Funky Cat Schiebedach, Kofferraum und Fenster, startet die Sitzheizung oder erzählt den Weg zur nächsten Cafeteria. Glaubt man dem Hersteller, hält die Stimme aus dem Off sogar Quizfragen für Langeweilstunden im Stau parat.

Sogar Face-ID an Bord

Das Ora Funky Cat will eine Lifestyle-Marke sein. Foto: Ora

Wer die kleine Kamera an der A-Säule nicht scheut, erfährt weitere Annehmlichkeiten. Dank Gesichtserkennung stellt das Kätzchen automatisch Sitz und Spiegel ein, startet Heizung, Massage und Ventilatoren – und wechselt auf den bevorzugten Radiosender. Die erforderlichen Daten werden laut Ora nach deutscher Rechtslage erhoben und gespeichert. Wer da mit Blick auf China dennoch zweifelt – der Zugriff lässt sich auch einschränken oder ganz verweigern.

Nach Deutschland gebracht wird der Funky Cat von Emil Frey. Die Schweizer Gruppe ist auch langjähriger Mitsubishi-Importeur, und so verwundert es nicht, dass über einem Großteil der 200 Ora-Händler auch die Flagge mit den drei Diamanten weht.

Offenbar vertraut die Marke aber darauf, dass man dort nicht allzu oft vorfahren muss. Immerhin gibt’s für den Funky Cat fünf Jahre Garantie ohne Begrenzung und acht Jahre (bis maximal 160.000 Kilometer) für den Akku. Das alles hat natürlich seinen Preis. Exakt 38.990 Euro muss man für die Basisversion anlegen – für die noch in diesem Jahr kommende Top-Version GT um die 10.000 Euro mehr. China und billig ist halt lange her.

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