Renault Scenic E-Tech: Auf Tour im neuen Elektro-Crossover

Renault Scenic E-Tech: Auf Tour im neuen Elektro-Crossover
Optisch ansprechend: der neue Renault Scenic mit seinen markanten Leuchten. © Mertens

Mit dem Renault Scenic E-Tech kommt im Frühjahr ein alltagstaugliches Familien-Fahrzeug auf den Markt. Es bietet nicht nur viel Platz, sondern auch ausreichend Reichweite.

Die Modelloffensive von Renault nimmt an Tempo zu. Noch in diesem Jahr wird der französische Autobauer zunächst den Scenic E-Tech und Ende des Jahres den R5 auf den Markt bringen. Es sind Modelle, die den rein elektrischen Absatz der Marke deutlich befördern sollen.

Während der R5 sich bei den Kleinwagen tummelt und mit einem Preis ab 25.000 Euro für bezahlbare E-Mobilität steht, hat der Scenic E-Tech Familien als Zielgruppe im Visier. Sein Preis beginnt bei 41.400 Euro für die Einstiegsversion mit einer Leistung von 170 PS und einer 60 kWh starken Batterie (Reichweite 430 Kilometer).

Renault Scenic in Finalrunde für Auto des Jahres

Dass der Scenic das Potenzial hat, ganz vorne in der Käufergunst zu landen, zeigt auch das Votum der Jury-Mitglieder (zu der auch der Autor gehört) des europäischen Autopreises „Car of the Year“. Sie wählten den Scenic E-Tech in die sieben Fahrzeuge umfassende Finalrunde.

Übersichtlich, aber ohne Head-up-Display: das Cockpit des Renault Scenic. Foto: Mertens

Dort buhlt das französische Familienfahrzeug mit dem BYD Seal, Kia EV9, BMW 5er, Toyota C-HR, Volvo EX30 und dem Peugeot E-3008/3008 um die renommierte Auszeichnung. Wer sich am Ende durchgesetzt hat, wird am 26. Februar auf dem Automobilsalon in Genf bekannt gegeben. Es ist also ein illustres Feld, in dem sich der Scenic bei dieser Konkurrenz bewegt. Doch hat der Franzose Chancen auf eine vordere Platzierung, womöglich sogar auf den Sieg?

Scenic mit viel Platz dank 4,47 Meter Länge

Die Voraussetzungen dafür sind nicht schlecht. Der vom Team um Gilles Vidal designte Scenic sieht schon einmal gut aus, er steht für die neue Designsprache der Marke. Die Karosserie kombiniert dabei SUV-Elemente mit denen einer Limousine, wie einer niedrigen Gürtellinie. Die Seitenlinie des 4,47 Meter langen Scenic wird von Wölbungen und einer zum Heck hochlaufenden Linie gekennzeichnet. Die kantig gestaltete Rückansicht wird von bis weit in die Kofferraumklappe reichenden Rücklichtern bestimmt. Unser Testwagen war mit 20 Zoll großen Reifen mit aerodynamisch gestalteten Felgen unterwegs. Die Aerodynamik spielte bei der Gestaltung des Scenic eine wichtige Rolle: so sind beispielsweise die Türgriffe versenkt, fahren erst beim Öffnen des Fahrzeuges heraus, ein weiterer Aspekt für die Effizienzoptimierung.

Der Innenraum ist bekannt, ihn kennt man in ähnlicher Form aus dem Austral oder Megané, wenngleich im Scenic ein so genanntes Solarbay Panorama-Glasdach verbaut ist. Damiti kann auf ein Rollo zur Abdunkelung verzichtet werden. Dank einer besonderen Beschichtung (AmpliSky-Technologie) färbt sich das Dach segmentweise ein. Insgesamt stehen vier Stufen zur Wahl, sie können entweder über einen Schalter oder die Sprachsteuerung angewählt werden. Die Sprachsteuerung über den Google Assistant funktioniert übrigens ausgesprochen gut, ebenso lassen sich die Funktionen über den Touchscreen im Mitteldisplay intuitiv bedienen. Einige Funktionen wie beispielsweise die Klimaanlage lassen sich auch über Tasten unterhalb des Touchscreens ansteuern.

Ausreichend Kopffreiheit im Fond

Das Dach des Renault Scenic färbt sich wahlweise in vier Stufen ein. Foto: Mertens

Das Solarbay-Dach ist dabei nicht nur ein nettes Gimmick, sondern hat auch einen praktischen Nutzen. Durch den Verzicht aufs Rollo stehen drei Zentimeter mehr Kopffreiheit zur Verfügung, die das ohnehin gute Raumgefühl im 1,57 Meter hohen und 1,86 Meter Senic noch einmal verbessern. Dafür sorgt dank der schlank gehaltenen Batterie ein flacher Innenraumboden ohne jedwede Wölbung. Das sorgt dafür, dass nicht nur Fahrer und Beifahrer ausreichend Platz haben, sondern auch die Mitreisenden im Fond. Hier können selbst Großgewachsene kommod sitzen. Laut Datenblatt steht ein Knieraum von 27,8 Zentimeter zur Verfügung, die Kopffreiheit liegt mit Solarbay-Schiebedach bei bis zu 88,4 Zentimeter. Anders ausgedrückt: mit einer Körpergröße von 1,91 Meter kann man bequem auf der Rückbank Platz nehmen.

Doch wie fährt sich der Scenic, den wir mit der 87 kWh großen Batterie und einer Leistung von 218 PS (ab 48.990 Euro) getestet haben? Um diese Frage zu beantworten, haben wir uns Ende der vergangenen Woche von Berlin auf dem Weg ins Weserbergland nach Ottenstein gemacht. Das ist eine Strecke von 350 Kilometer. Es dürfte angesichts der Reichweite des Scenic von bis zu 625 Kilometer also kein Problem sein, diese Tour ohne Zwischenladung zu absolvieren. Oder? Vor der Fahrt haben wir die Batterie zu 100 Prozent geladen.

Verbrauch von 22,7 kWh/100 Kilometer

Der Bordcomputer zeigte uns eine mögliche Reichweite von 474 Kilometer an. Warum nicht 625 Kilometer? Weil für die Berechnung der Reichweite der vorherige Verbrauch zugrunde gelegt wird. Kritiker der E-Mobilität dürften sich damit bestätigt sehen, dass Anspruch und Wirklichkeit bei Verbrauch und Reichweite auseinanderklaffen. Dabei wird indes verkannt, dass auch Verbrenner im Winter einen Mehrverbrauch zwischen 15 bis 20 Prozent haben. Das ist bei Elektroautos nicht anders. Entsprechend ist der für den Scenic in Aussicht gestellte WLTP-Verbrauch von 16,8 kWh/100 km im Winter nur ein theoretischer Wert. Bei unseren Testfahrten mit hohem Autobahnanteil und einer Außentemperatur von 5 Grad zeigte der Bordcomputer am Ende 22,7 kWh/100 an. Bei der Ankunft lag die Restreichweite noch bei sieben Prozent. Im Winter sind somit rund 400 Kilometer möglich. Im Spätsommer, als wir den Scenic schon einmal kurz testen konnten, lag der Verbrauch bei 17, 3 kWh/100 km.

Wer die Batterie lädt, der kann dies mit einer maximalen Ladeleistung von bis zu 150 kW tun. Das ist jetzt nicht gerade überwältigend, dafür lag die Ladeleistung über einen längeren Zeitraum bei rund 128 kW bei vorkonditionierter Batterie. Die Vorkonditionierung des Akkus erfolgt dabei übrigens, wenn zuvor im Navigationssystem ein Ladepunkt ausgewählt wurde.

Lenkung könnte direkter ansprechen

Hat der Scenic keine Schwächen? Zumindest kein großen. Da ist zunächst das etwas späte Ansprechverhalten der Bremse; sie könnte ruhig etwas früher für Verzögerung sorgen. Derzeit packt sie erst ab dem zweiten Drittel so richtig zu. Und auch die Lenkung könnte etwas direkter ansprechen, momentan wirkt sie noch etwas schwammig. Da wir indes mit einem Vorserienfahrzeug unterwegs waren, sind das Punkte, die noch verbessert werden können. Weshalb Renault für den Scenic kein Head-up-Display anbietet, überrascht ein wenig. Ein störender Punkt ist zudem die eingeschränkte Sicht durch das kleine Heckfenster, entsprechend muss man sich auf die indes gut auflösende Rückfahrkamera verlassen. Aber dieses Manko hat der Scenic nicht exklusiv.

Die Rückleuchten am Renault Scenic reichen bis in die Heckklappe. Foto: Mertens

Ansonsten erweist sich der Franzose als guter Reisebegleiter. Das Fahrwerk ist zwar straff abgestimmt, aber ausreichend bequem. So können auch längere Urlaubfahrten mit der Familie entspannt zurückgelegt werden. Der Kofferraum bietet mit 545 Liter übrigens ausreichend Stauraum.

Jetzt bleibt abzuwarten, wie sich der Scenic im direkten Vergleich mit seinen sechs Mitbewerbern schlägt. In der kommenden Woche finden am Montag und Dienstag in der Nähe von Paris die finalen Tests für das Auto des Jahres 2024 statt. Ende des Monats weiß man dann, welches Modell sich durchgesetzt hat.

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