Wer sich für einen Hyundai Kona interessiert, hat die Qual der Wahl. Das SUV der Koreaner gibt es gleich mit drei Antrieben: wir waren mit dem Hybrid unterwegs.
Ist der Hyundai Kona noch Kleinwagen oder doch schon ein Kompakter? Zumindest bei der ersten Generation der 2017 von Hyundai neu eingeführten SUV-Reihe Kona stellte sich diese Frage.
Die 2023 angetretene Neuauflage ist da eindeutiger: Mit seiner sich über fast 4,40 Meter erstreckenden Karosserie hat der Koreaner das Kleinwagen-Korsett endgültig abgestreift. Bei Platzangebot und Ausstattung geht er sogar über das Kompaktklasse-Niveau hinaus.
Auch für Familien geeignet
Entsprechend empfiehlt sich der neue Kona als vielseitiges und manierliches Alltagsmobil für die Familie. In puncto Fahrer-Bevormundung hat das Hyundai-SUV allerdings ebenfalls die nächsthöhere Stufe erreicht, die man nicht in jeder Situation als Gewinn erlebt.
Apropos Gewinn. Zusätzlich zum Größenzuwachs bietet der Kona II auch mehr Ausstrahlung. Während die Erstauflage bereits beim Start ein wenig hausbacken wirkte, gefällt das neue Blechkleid mit Robustheit vorgaukelnden Details und futuristischer Note. Aufgrund der sich über die gesamte Breite von Front und Heck erstreckenden Leuchtelemente halten ihn viele zudem für ein E-Auto. Das kann der Kona auch sein, die von uns getestete Version trug allerdings einen Vollhybridantrieb unter dem mutmaßlichen Elektro-Kleidchen.
Kona mit bekanntem Hybridantrieb
Anders als das Design kennt man den Hybridantrieb noch vom Vorgänger. Es stecken also weiterhin ein 105 PS starker 1,6-Liter-Benziner und eine ihn spürbar unterstützende E-Maschine mit 44 PS unter der Motorhaube. Zusammen schickt das Duo bis zu 141 PS via Sechsgang-Doppelkupplung an die Vorderräder.
Im per Knopfdruck aktivierbaren Sportmodus wirkt das Antriebssystem dank E-Boost sogar spritzig, während es im Normal- oder Eco-Modus einen eher beruhigenden Einfluss auf den Gasfuß ausübt. Ein Express-Typ ist der 1,5-Tonner jedenfalls nicht: Aus dem Stand bis 100 km/h vergehen 11,2 Sekunden, mehr als 165 km/h sind nicht drin. Wer es nicht eilig hat, wird belohnt, denn Verbrauchswerte von unter 5 Liter Benzin auf 100 Kilometer sind machbar. Selbst bei Autobahntouren mit 130 km/h begnügte sich der im Stadtverkehr dank 1,6-kWh-Akku kurze Strecken sogar rein elektrisch fahrende Kona Hybrid mit 6,5 Litern.
Nichts für sportlich ambitionierte Fahrer
Eilige Zeitgenossen dürften um den Hybrid eher einen Bogen machen. Als gelassener Langstrecken-Cruiser macht er hingegen eine gute Figur. In bisweilen sogar nervige Weise wird dabei allerdings der Fahrer bevormundet. Der Abstandstempomat regelt das Tempo, die Spur wird gehalten, vor Totwinkel-Aspiranten wird gewarnt – so weit, so gut.
Doch gleichzeitig hat der Kona stets die Tempolimits im Blick und warnt mit einer Piepton-Kaskade vor jeder selbst kleinen Überschreitung. Zusätzlich überwacht eine Cockpit-Kamera den Fahrer, mit ebenfalls gelegentlich lästigen Konsequenzen: Schweift der Blick kurz ab, mahnt über quälend lange Sekunden ein Piepton zu mehr Aufmerksamkeit. Wer gähnt oder wem die Lider schwer werden, wird ebenfalls zur Pause gemahnt.
Bordelektronik nervt zuweilen
Das alles mag vernünftig klingen, doch findet die Bordelektronik recht häufig Anlässe zum Meckern. Wenn Abstandstempomat und automatische Tempolimit-Anpassung aktiviert sind, lässt man sich als Fahrer gerne ablenken, was allerdings nie unbemerkt bleibt. Mit zunehmender Fahrtdauer wurde bei uns der Wunsch größer, einen Knopf zum Ruhigstellen des Motzkis zu suchen und der nächsten Piepton-Attacke einen Maulkorb zu verpassen.
Zumal manch schrille Mahnung das erhabene Musikerlebnis des klangvollen Bose-Soundsystems empfindlich beeinträchtigen kann. Ebenfalls nur knapp verpasst der Kona das Prädikat „Reiseauto“, weil er in puncto Fahrwerks- und Geräuschkomfort noch Optimierungspotenzial bietet. Gelegentlich fühlte sich der Kona jedenfalls eine Spur zu straff an, ohne allerdings mit fahrdynamischen Verlockungen zu punkten.
Gut gestaltetes Cockpit
Das Cockpit des Kona gefällt mit einer streng symmetrischen Ordnung und großen Displayflächen für allerlei Fahrrelevantes und Entertainment. Das sieht modern und wie im Autobau mittlerweile üblich aus. Nicht wenige Fahrer werden zudem goutieren, dass zugleich noch echte Knöpfe und Schalter etwa für Lautstärkenregelung oder Klimaeinstellung vorhanden sind. Auch für Sitzkühlung sowie Heizung von Lenkrad und Gestühl finden sich in der Mittelkonsole echte Druckknöpfe. Was wir kurioserweise zum ersten Mal in einem Testwagen vermisst haben, ist ein Hinweis im Lenkrad auf die Marke.
Der eigentlich obligatorische Hyundai-Schriftzug oder zumindest das markante „H“ der Koreaner im Lenkradtopf wurde durch einen Streifen mit kleinen Quadraten ersetzt, die als Verweis auf das vor einigen Jahren von Hyundai eingeführte Pixeldesign-Thema.
Nicht verschwunden, aber leicht versteckt hinterm Lenkrad befindet sich der Wahlhebel für die Automatik. Statt diesen zu drücken oder zu ziehen, muss man ein bewegliches Element am Hebelende drehen, um Vorwärts- und Rückwärtsgang zu wählen.
Mindestens 460 Liter Kofferraumvolumen
Verblüffend ist das Platzangebot im Kona. Vorne ist es über jeden Zweifel erhaben, hinten sogar fürstlich. Auch der 460 Liter fassende Kofferraum, der auch auf 1.300 Liter wachsen kann, ist für dieses Fahrzeugformat gut dimensioniert.
Und so mag es vielleicht auch nicht ganz verwundern, dass Hyundai seinen Kona preislich nicht mehr in der Schnäppchen-Liga positioniert. Los geht es für die Baureihe bei 27.000 Euro. Für den Hybrid sind es mindestens 33.200 Euro. Wer das durchgehende Lichtband vorne, elektrische Heckklappe, das breite Spektrum von Assistenzsystem, die großzügigen Displaywelten, Zwei-Zonen-Klima sowie klimatisierte Sitze und Lenkradheizung will, sollte sich zwischen den jeweils 38.400 Euro teuren Topversionen N Line oder Prima entscheiden. Klingt nach viel Geld für einen Hyundai Kona, der im Gegenzug allerdings mittlerweile auch viel Auto und Technik als Gegenleistung bieten kann. (SP-X)