Eine Million Elektroautos bis 2020 seien möglich, ist Bundesverkehrsminister Dobrindt überzeugt. Doch dieses Ziel lasse sich nicht mit den bisherigen Rahmenbedingungen erreichen, so Bundeswirtschaftsminister Gabriel und ist für eine Sonderabschreibung.
Von Frank Mertens
Die Bundesregierung hält unverändert an ihrem Ziel von einer Million Elektrofahrzeugen bis zum Jahr 2020 fest. „Natürlich ist das ein ambitioniertes Ziel“, sagte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) am Montag zum Auftakt der Nationalen Konferenz Elektromobilität in Berlin. „Ich glaube übrigens, dass wir dieses Ziel erreichen“, fügte der CSU-Politiker hinzu. Schließlich wolle Deutschland nach wie vor Leitmarkt und Leitanbieter in diesem Bereich sein.
33.000 Fahrzeuge sind entwicklungsfähig
Dass dieses Ziel der Bundesregierung erreicht werden kann, wird von Experten angesichts von derzeit gerade einmal 33.000 steckdosentauglicher Fahrzeuge auf deutschen Straßen indes als illusorisch angesehen. „Wenn wir so weitermachen wie bisher, werden wir dieses Ziel nicht erreichen“, stellte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel in seiner Rede fest. Für den SPD-Politiker sind 33.000 Fahrzeuge dann auch „entwicklungsfähig“. Gabriel ging indes nicht so weit zu sagen, dieses Ziel zu reduzieren. Vielmehr sollte man sich etwas einfallen lassen, um es zumindest annähernd zu erreichen. "Aber das wird anstrengend", sagte Gabriel.
Deshalb sprach er sich unter anderem für eine Sonderabschreibung für gewerblich genutzte E-Autos aus. Derzeit prüft das Finanzministerium eine entsprechende Förderung, macht diese aber von einer begleitenden Finanzierung seitens der Länder abhängig. Doch für Gabriel müsse noch mehr geschehen, als nur eine Sonderabschreibung. Für ihn sei es zudem notwendig, dass Elektroautos auch bei großen Flotten wie beispielsweise der Deutschen Post oder auch ambulanten Pflegdiensten zum Einsatz kommen.
Öffentliches Beschaffungsprogramm angeregt
Zugleich mahnte Gabriel auch den Bund und die Länder an, in ihren Fuhrparks Elektroautos zum Einsatz zu bringen. Im Bundesverkehrsministerium, so hatte Dobrindt zuvor gesagt, gäbe es im dortigen Fuhrpark bereits 50 Prozent elektrisch angetriebener Fahrzeuge. Gabriel schwebt ein „öffentliches Beschaffungsprogramm“ für Elektroautos vor. Hier müsste es ja nicht gleich einen Anteil von 50 Prozent derartiger Fahrzeuge wie im Bundesverkehrsministerium geben, aber ein Anteil von „zehn bis 20 Prozent“ sei wünschenswert.
Wie der Bundeswirtschaftsminister betonte, müsse Elektromobilität ein Teil der Energiewende sein. Dazu gehöre für ihn nicht nur der Einsatz von regenerativem Strom für E-Autos, sondern auch die Verwendung von diesen Fahrzeugen als Energiespeicher in Zeiten von Überkapazitäten.
Um den Marktanlauf von Fahrzeugen mit Elektroantrieb zu befördern, investiert die Bundesregierung zwischen 2016 und 2018 161 Millionen Euro in die Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie, wie Dobrindt ankündigte. In den kommenden Jahren solle die Ladeinfrastruktur an den Autobahnraststätten signifikant mit 400 Ladestationen für Elektroautos ausgebaut werden, wie der CSU-Politiker sagte.
Sonder-Abschreibung in der Kritik
Dass es zu Jahresbeginn nach Zahlen des Verbandes der Autoindustrie (VDA) nur rund 25.300 steckdosentaugliche Autos (reine Elektroautos und Plug-in-Hybride) gab, liegt unter anderem an den geringen Reichweiten von E-Autos, dem hohen Preis und der nach wie vor unzureichenden Infrastruktur.
Am Nachmittag wird auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Berlin sprechen. Möglicherweise wird sie dann auch konkrete Vorschläge zu einer Sonderabschreibung verkünden. Eine Sonder-Abschreibung, die vom VDA begrüßt wird, wird von Autoexperten Ferdinand Dudenhöffer von der Uni Duisburg-Essen indes kritisch gesehen. Eine solche Sonderabschreibung würde keinen Übergang zu einer nachhaltigen Elektromobilität darstellen. „Der Knackpunkt Sonderabschreibung ist die Ignoranz gegenüber den privaten Autokäufern“, stellte der Wissenschaftler fest.
„Zwar fahren Firmenkunden überwiegend neue Autos, aber 95 Prozent aller Pkw auf deutscher Straßen sind auf Privatkunden angemeldet (…) Die zu übergehen bedeutet, beim Versuch das Elektroauto zum Laufen zu bringen, 95 Prozent der Kunden zu ignorieren.“