GWM-Offensive: ein Fast-Stromer und ein Schnäppchen

GWM-Offensive: ein Fast-Stromer und ein Schnäppchen
Der GWM Wey 03 bringt es auf bis zu 139 Kilometer elektrische Reichweite. © GWM

Der GWM Wey 03 ist ein Plug-in-Hybrid, punktet aber mit hohe E-Reichweite. Für denselben Preis gibt’s allerdings zwei vollelektrische Ora 03.

Wie schade, dass mal wieder Kohle über Kreativität gesiegt hat. Da wagen sich aus dem Reich der Mitte Autos mit witzigen Namen wie „Funky Cat“ und „Coffee“ ins Land des unbegrenzten Fahrens – doch für Wortwitz ist das Business offenbar zu hart. Nach kurzer Zeit ist Schluss mit lustig. Und nicht nur das: Gleich der gesamte Laden wird bereinigt. Die einstigen Marken Wey und Ora firmieren nun als Baureihen unter dem gemeinsamen Hersteller-Dach von GWM (Great Wall Motor). Erstere verschreibt sich – noch – dem Doppelherz, letztere ganz klar dem reinen Akku-Antrieb.

In der Folge heißt das irre Kätzchen von einst ganz bieder GWM Ora 03, der Wey Coffee 01 rollt unter GWM Wey 05. Die für Mitte 2024 avisierte E-Limousine Next Ora kommt als GMW Ora 07, das aktuelle C-SUV als GWM Wey 03. Klappe zu, Katze tot, Kaffee aus. Schade. Kollateralnutzen der Aktion: Wie üblich in der Autowelt lässt sich von der Ziffer nun direkt auf die Größe schließen – und GWM muss nicht zwei komplette Marken bewerben. Auch in China ist Geld nicht unerschöpflich, und wer Kosten senken kann – senkt eben Kosten. Deutscher Partner bleibt hier wie dort die Emil-Frey-Gruppe, die auch Mitsubishi feilbietet. Bei Wey wird auch Ora vertrieben, aber nicht immer umgekehrt. Macht unterm Strich knapp 200 Händler für Ora, für Wey sollen es bis Ende des Jahres 100 sein.

12.000 Euro Prämie für den GWM Ora 03

Frech, vollelektrisch – und aktuell fast schon ein Schnäppchen: der GWM Ora 03. Foto: GWM

Um ein wenig die Werbetrommel zu rühren, lockt GWM beim Kauf eines Ora 03 mit einer Elektroprämie von 12.000 Euro, so dass der freche Flitzer aktuell ab 26.990 Euro zu haben ist – wahlweise geleast für 149 Euro im Monat. Das ist kein schlechtes Angebot für den 126 kW (171 PS) starken Fronttriebler, der auch in schnellen Kurven einen guten Kompromiss zwischen sportlich straff und angenehm komfortabel findet. Rund 310 Kilometer weit (WLTP) rollt es sich mit dem normalen 48-kWh-Akku, die 63-kWh-Batterie schafft 110 Kilometer mehr. Zudem schnitt der Viertürer beim Crashtest Euro NCAP als Klassenbester ab – und nebenbei auch als effizientestes E-Auto.

Trotz aller Erfolge ist GWM hierzulande noch eher unbekannt. Da allerdings, wo die Große Mauer steht, verkauft der Konzern mehr als eine Million Pkw im Jahr und gilt als Marktführer bei Premium-SUV. Selbstverständlich lassen sich die Chinesen bei ihrem Europa-Abenteuer da optisch wie technisch nicht lumpen und haben mit dem Wey 03 auch für diejenigen schick was auf die stahlgefederten Beine gestellt, die sich mit reiner E-Mobilität noch nicht so recht anfreunden wollen. Mit stolz aufragendem Bug, langgezogenem Dach, kräftigen Schultern und – dank 2,75 Metern Radstand – ordentlich Raum auf allen Plätzen. Wer lieber Last transportiert als Leute: Hinter voller Bestuhlung kommen 517 Liter Gepäck unter, bei umgeklappten Lehnen knapp 1,3 Kubikmeter.

Wey 03 punktet mit Ausstattung

Im Wey 03 finden sich drei Displays und jede Menge Assistenten. Foto: GWM

Innen hat sich der Neue schön angreifbar gemacht. Statt Hartplastik findet sich jede Menge Umschäumtes, Bespanntes und Gestepptes. Auch nach unsauberen Spaltmaßen sucht man vergebens. Sehr viel einladender kriegt man es auch bei Deutschlands Premium-Produzenten nicht. Sicherer übrigens ebenso wenig. Schon in der Grundversion wahrt der Wey 03 Tempo, Spur und Abstand, erkennt Verkehrszeichen, späht in tote Winkel und wirft im Notfall selbstverständlich den Anker.

Im Kommandostand geht es höchst aufgeräumt zu. Was alles sensationell dezent aussieht, aber selbst bei einfachen Dingen den Touchscreen erfordert. Das kann man mögen – muss man aber nicht. Immerhin: Die Raumklima-Einstellung lässt sich überlisten, indem man mit gespreizten Fingern wischt: rauf und runter für die Temperatur, links und rechts fürs Gebläse. Schlicht nervig indes ist der nicht einrastende Blinker, bei dem man nie sicher sein kann, ob er nun dreimal agiert oder dauerhaft.

Top-Modell mit Allradantrieb und 442 PS

Zur Wahl stehen Frontantrieb mit 367 PS Systemleistung und Allrad mit 442 PS. Foto: GWM

Für Vortrieb sorgt in der Basisversion ein auf die Vorderräder wirkendes Duett aus Zwei-Liter-Turbo und E-Motor mit zusammen 270 kW (367 PS). Beim Allrad-Modell schraubt ein weiterer E-Motor an der Hinterachse die Systemleistung auf 325 kW (442 PS). Vereint schiebt das Trio den 4,67 Meter langen Wey 03 geschmeidig voran. Wer’s darauf anlegt, kommt in 5,3 Sekunden zur dreistelligen Tachoanzeige und rauf bis Tempo 230, der Fronttriebler braucht für den Standard-Spurt aber auch nur zwei Sekunden länger.

Seine absolute Kernkompetenz indes beweist der Wey 03 bei kolbenloser Fahrt. Stolze 139 Kilometer Radius zieht er maximal aus der 34-kWh-Batterie. Mehr schafft derzeit nur einer – und das ist der Wey 05 mit 158 Kilometern. Auch am Kabel zeigt sich der Wagen von seiner starken Seite. Neben 11 kW Wechselstrom an der Wallbox schafft er nämlich auch 50 kW Gleichstrom am Schnelllader. Das ist in diesem Segment eine echte Ansage. Ebenso wie die zwei Tonnen Last, die achtern an den Haken dürfen.

Verstellbereich der Lenkung überschaubar

Die Lenkung macht ihren Job ordentlich – wer allerdings gerne hoch oder weit hinten sitzt, stößt schnell ans Ende des sehr überschaubaren Verstellbereichs. Ansonsten fährt sich der Wey 03 überaus komfortabel, reagiert in der Folge aber auch stark untersteuernd. Bis zu 2,2 Tonnen drängen bei zügiger Bogenfahrt halt selbst auf 20-Zöllern unwiderstehlich Richtung Tangente. Besser man genießt die eher sänftige Fahrt in gut konturierten Sitzen – bestens gedämmt gegen all den Lärm von draußen.

Etwas eingebremst haben die Chinesen den akustischen Overkill der ersten Fahrzeugserie. Der Wey 03 piepst, bimmelt, rüttelt oder warnt nun deutlich zurückhaltender als früher. Die Sprachsteuerung gibt sich zwar stets freundlich bemüht, der Erfolg indes bleibt nicht selten aus. Auch dann, wenn man sich am Steuer um deutliche Aussprache bemüht. Trotzdem darf man sich dank der Armada an Assistenz gut aufgehoben fühlen.

Der hohe technische Standard hat natürlich seinen Preis. Ab 47.900 Euro ruft GWM für das Einstiegsmodell „Premium“ auf. Für die Allrad-Version in der Version „Luxury“ werden sogar 55.900 Euro fällig. Vom pfiffigen und obendrein vollelektrischen Ora 03 bekommt man für dasselbe Geld gleich zwei.

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