Genesis GV70: Er braucht die Konkurrenz nicht zu scheuen

Genesis GV70: Er braucht die Konkurrenz nicht zu scheuen
Der Genesis GV 70 bietet gute Fahrleistungen und einen hohen Komfort. © Genesis

Das Premiumsegment in Deutschland ist hart umkämpft. Entsprechend schwer haben es ausländische Marken. Mit dem GV70 will Genesis dennoch punkten.

Gelingen soll das beim Mittelklasse-SUV GV70 unter anderem mit prägnantem Außen-Design sowie klassischem Interieur-Luxus. Die Konkurrenz der heimischen Hersteller wie Mercedes, Audi und BMW ist dabei zwar stark, doch Genesis sammelt durchaus ein paar Kaufargumente.

Wer dachte, dass der Spielraum für eigenständiges und gefälliges Pkw-Frontdesign längst ausgeschöpft ist, musste sich spätestens 2020 eines Besseren belehren lassen – hatte die damals erst wenige Jahre alte Nobelmarke Genesis mit der Kombination aus selbstbewusstem Kühlergrill-Schild und modern blickenden Doppelschlitz-Scheinwerfern einen Stil mit hohem Wiedererkennungswert und gleichzeitig geringem Polarisierungs-Potenzial gefunden. Serienpremiere feierte der Look damals bei der Limousine G70, seit 2021 trägt ihn auch die SUV-Variante GV70 – und er steht ihr ausgezeichnet.

Noch rar auf deutschen Straßen

Dass sich unterwegs viele Passanten-Hälse drehen und recken, hat aber nicht nur mit dem gelungenen Design zu tun, sondern auch mit der Seltenheit der Genesis-Modelle auf deutschen Straßen.

Rund 400 Einheiten wurden im laufenden Jahr erst neu zugelassen – weit weg von der Sichtbarkeitsgrenze. Dementsprechend wenig bekannt ist auch das geflügelte Logo von Genesis, das von Ferne an traditionelle Luxus-Häuser wie Bentley oder Aston Martin erinnert. Auch so weckt man Interesse. Wer sich dem 4,72 Meter langen Allrader nähert, sollte aber unbedingt einen Blick in den Innenraum werfen.

Fein gestalteter Innenraum

Dort nämlich kann der Koreaner am stärksten punkten: Sehr feines, straff und penibel verarbeitetes Leder beziehungsweise Kunstleder auf Armaturenbrett und Sitzen schafft ein klassisch-luxuriöses Ambiente. Kontrastiert wird dieser automobile Old-Money-Style von zurückhaltend-modernen Bildschirmen und Displays, etwa für die Klimaregulierung. Das Zentralinstrument hinter dem Steuer ist ebenfalls digital und bietet auf Wunsch eine kristallklare 3D-Darstellung.

Genesis übertreibt es mit der Digitalisierung jedoch nicht und verzichtet auch weitgehend auf Touchscreen-Zwang. Stattdessen kann der Fahrer viele Funktionen weiterhin über massive haptische Schalter und Taster bedienen, die zum wertigen Gefühl beitragen. Alternativ zum Fingerdruck lässt sich das Infotainment auch über einen Dreh-Drückschalter in der Mittelkonsole kommandieren. Allerdings ist dieser in unmittelbarer Nähe des identisch geformten Fahrstufen-Wahlrads für die Automatik untergebracht – Fehlbedienungen sind somit programmiert.

So schön der Innenraum ausstaffiert ist, so durchschnittlich ist das Platzangebot. Während man vorne sehr luftig sitzt, dürften es angesichts der wuchtigen Außenabmessungen in Reihe zwei gerne ein paar Zentimeter Kniefreiheit mehr sein; immerhin sitzt der Rest des Körpers ausgesprochen bequem auf ausgeformten

Weniger Platz im Fond als gedacht

Sitzflächen. Die Fenster sind groß, die Kopffreiheit ist ordentlich. Etwa enger geht es hingegen wiederum im Ladeabteil zu, das mit 542 Litern schon auf dem Papier kleiner ausfällt als bei vielen Konkurrenten – weil der Zuschnitt eher flach ist, wirkt er in der Praxis noch enger. Zum Ausgleich gibt es praktische Helfer wie ein Staunetz an der Seite und einen doppelten Boden. Und einen clever im Angelpunkt des Wischerarms untergebrachten Öffner für die Heckklappe.

Ernsthaft einschränken muss man sich auf der Fahrt in den Urlaub sowieso nicht. Gut so, denn das wohnliche Interieur lädt einen geradezu ein, schon die Anreise mit zur Ferienzeit zu zählen. Dazu – und zu sämtlichen anderen längeren Touren – passt auch das harmonisch abgestimmte Fahrwerk mit seinen adaptiven Dämpfern. Weil die Kamera hinter der Windschutzscheibe permanent die Straße scannt, passen diese sich vorausschauend an den Untergrund an, was vor allem auf Landstraßen hervorragend funktioniert.

Vierzylinder-Diesel wirkt leicht angestrengt

Auch der im Testwagen verbaute Dieselmotor lässt sich kaum hören oder spüren. Allgemein handelt es sich um ein im besten Sinne unauffälligen Begleiter, der ordentliche Fahrleistungen sowie einen guten Antritt bietet und in Kombination mit der aufmerksamen Achtstufenautomatik für alle Fahrsituationen das richtige Profil zeigt. Lediglich bei forcierter Gangart wirkt der Vierzylinder leicht angestrengt und der ganze, nicht eben leichtfüßige GV7 insgesamt etwas träge.

Beim Gleiten muss er sich aber vor den deutschen Konkurrenten nicht verstecken. Dann kann zudem auch die Effizienz noch einigermaßen überzeugen: Wer es sehr ruhig angehen lässt und sich an der Richtgeschwindigkeit orientiert, kommt mit rund 6,5 Litern aus. Hat man es etwas eiliger, können es auch ohne übertriebenes Schnellfahren rund 8 Liter sein.

Umfangreiche Serienausstattung

Für den Antrieb stehen Diesel, Benziner und eine E-Variante zur Wahl. Foto: Genesis

Die überschaubare Effizienz wird zumindest auf der finanziellen Seite durch eine faire Preispolitik ausgeglichen. Der GV70 startet als Diesel bei 49.380 Euro inklusive bereits umfangreicher Ausstattung („Premium“). Sie reicht von 19-Zoll-Felgen über vielfach verstellbare Kunstledersitze bis zur Zweizonen-Klimaautomatik mit zusätzlicher manueller Steuerungseinheit den Fond.

Dazu kommt ein recht komplettes Paket an Assistenz- und Infotainment-Technik. Wer eine der beiden höheren Ausstattungslinien „Luxury“ und „Sport“ wählt, erhält vor allem Design-Extras für innen und außen sowie eine Dreizonen-Klimaautomatik dazu.

Lange Ausstattungsliste

Eine weitere Aufwertung ermöglichen diverse Ausstattungs-Pakete, die unter anderem Luxusartikel wie Nappaleder, Panoramaglasdach und Massagesitze bieten. Selbst wer alle Posten inklusive Mattlack ankreuzt, bleibt unter 70.000 Euro. Zum Vergleich: Der Mercedes GLC mit Vierzylinderdiesel startet in der Basis bei 63.000 Euro.

Auch bei Garantie und Co. geben sich die Koreaner deutlich großzügiger als die Deutschen: Fünf Jahre übernimmt der Hersteller die Kosten für Schäden am Fahrzeug, außerdem zahlt Genesis für den gleichen Zeitraum Wartung und Inspektion.

In der Liga hochwertiger Mittelklasse-SUV ist der Genesis für die meisten Kunden sicher nicht erste Wahl – zu stark sind in Deutschland Audi, BMW und Mercedes mit ihren Konkurrenzmodellen. Andere Kunden könnten gerade das als Argument sehen, ein weniger alltägliches Luxusauto zu kaufen. Wer zudem den klassischen, innen wohnlichen und nicht zu technischen Stil des GV70 mag, macht wenig falsch. Soll es kein Diesel sein, stehen als Alternativen noch ein (sehr durstiger) Benziner und ein (recht teures) E-Modell zur Wahl. (SP-X)

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