Volkswagen Amarok: Starker Wolf im schicken Pelz

Volkswagen Amarok: Starker Wolf im schicken Pelz
5,35 Meter lang, Allradantrieb und 24 Zentimeter Luft nach unten: der neue VW Amarok. © VW

Technisch gesehen ist der neue VW Amarok ein Ford Ranger. Außen wie innen hebt er sich aber deutlich ab – und ist nicht bloß ein Typ fürs Grobe.

Manchmal genügt es halt nicht, nur nach Abenteuer auszusehen. Schwarzer Kunststoff an den dicken Backen, zwei Zentimeter mehr Bodenfreiheit und ein Hauch von Unterfahrschutz – damit kann man zwar im Bedarfsfall auf einem Feldweg bestehen, ganz sicher aber nicht da, wo Forstarbeiter, Bauleiter oder Teichwirte gerne mal unterwegs sind. Wo die Pfade entweder steinig sind oder gar nicht erst da. An Herausforderungen mit verschränkten Achsen wagt man sich dann doch besser mit einem Raubein…

Für alle, die gerne mal neben der Spur sein wollen oder müssen, hat VW nun seinen Pick-up neu aufgelegt. Ein wuchtiges Gerät mit traditionellem Verbrenner, Allradantrieb und fast 24 Zentimetern Luft nach unten. Anders als der sagenhafte Riesenwolf der Inuit, ist dieser Amarok jedoch kein Typ fürs ganz und gar Grobe. Schlamm und Chic müssen ja nicht unbedingt Gegensätze sein, haben sie sich in Hannover wohl gesagt und auf schicken Pelz gesetzt.

Zehn Zentimeter länger als der Vorgänger

Die stationäre Dachlast liegt bei 350 Kilo. Das reicht auch für ein großes Zelt. Foto: VW

Der kaschiert ein wenig, dass da ein ordentliches Trumm steht. Mit 5,35 Metern ist der Neue satte zehn Zentimeter länger als sein Vorgänger. Platz hat’s bei diesen Abmessungen vorne wie hinten selbstredend im Übermaß – wehe allerdings dem, der in der City einen Raum zum Abstellen finden muss. Kollateralnutzen des auf 3,27 Meter gewachsenen Radstandes: Die kürzeren Karosserieüberhänge sehen nicht bloß gut aus, sondern helfen dank größerer Böschungswinkel (30 Grad vorne, 26 Grad hinten) im Gelände.

Schick eingerichtet haben sie den Wagen auch. Es gibt Ledersitze, Cockpit-Display (acht und zehn Zoll) samt Touchscreen (zehn und zwölf Zoll), Sound-System, Rückfahrkamera – und je nach Ausführung wacht eine Armada elektronischer Assistenten über den sicheren Weg. Dass untenherum selbst im Topmodell Hartplastik dominiert, stört allenfalls den Connaisseur. Immerhin lässt sich so leichter wischen, wenn’s mal dreckig zuging. Lobenswert: Für die wichtigsten Funktionen gibt’s Schalter, die den Namen auch verdienen.

Anders als die erste Generation, entstammt der neue Amarok einer 2020 geschmiedeten Kooperation mit Ford. So steckt unterm schick gefalzten Blech des Amarok weitgehend die Technik des Ford Ranger. Mit derlei in der Branche gerne gepflegten Allianzen kommt jeder Hersteller zum gewünschten Produkt, hält aber die Entwicklungskosten in Grenzen. Und wenn sich wie hier die Designer Mühe geben, sieht man den Unterschied tatsächlich erst auf den zweiten oder dritten Blick.

Auch mit Zehn-Stufen-Automatik

Wohnlich und mit jeder Menge Platz: das Cockpit des VW Amarok. Foto: VW

Voran bringen den ausschließlich in Südafrika gebauten Amarok Zwei-Liter-Turbodiesel mit 170 und 205 PS oder ein standesgemäßer Drei-Liter-V6-Selbstzünder mit 240 PS und 600 Nm Drehmoment. Vorerst nicht für Deutschland geplant sind der vorrangig für Afrika konstruierte 150-PS-Diesel sowie ein 2,3-Liter-Benziner mit 302 PS.

Zu klein sollte man ohnehin nicht einsteigen. Schließlich lässt sich erst ab dem starken Vierzylinder der Zehn-Stufen-Wandler ordern. Wer aber will schon von Hand sortieren, wenn man mit vier Rädern dort unterwegs sein muss, wo man sich mit zwei Beinen schon schwertut? Einstellige Verbrauchswerte lassen sich so oder so nur schwer erreichen. Immerhin wollen etwa beim Topmodell gute zweieinhalb Tonnen bewegt sein. Dass der Tank 80 Liter fasst, hat Gründe.

Derart souverän getrieben vergisst man fast, dass man vor gut zwei Quadratmetern Ladefläche herfährt. Zumal der üppige und durchaus komfortable Innenraum der Doppelkabine eher an den Aufenthalt in einem SUV erinnert. Wem da die gründliche Weichspülung schwant – keine Sorge: Es bleibt trotz Lifestyle-Anspruch bei blattgefederter Starrachse achtern und ordentlich Nutzlast. Aufs Heck dürfen knapp 1,2 Tonnen, hinten dran noch mal bis zu dreieinhalb. Ist schließlich ein Lkw.

In Deutschland ausschließlich als Doppelkabine

Allrad, Kriechgang, Sperre – fertig ist der Vortrieb auch in schwerem Geläuf. Foto: VW

Die exakten Fahrleistungen behält VW noch für sich. Über normale Straßen lässt sich der Amarok rein über die Hinterachse treiben, neigt sich auch in schnelleren Kurven nicht zu sehr aus dem Lot – und für ausreichend Verzögerung sorgen Bremsscheiben mit dem Durchmesser einer Familien-Pizza. Selbst in Sachen Lenkung schlägt sich der Neue achtbar. Feine Linie geht mit derlei Fahrwerk nun mal schwer, allzu zügiges Geschlängel gehört aber auch nicht zur Kernkompetenz.

Abseits des Asphalts indes wartet Wolfs wahres Revier. Allrad, Kriechgang, Sperre – fertig ist der Vortrieb. Ziemlich egal, wie’s unter den bis zu 21 Zoll großen Rädern aussieht. Den Rest erledigt das passende Fahrprogramm. Obendrein machen Unterfahrschutz sowie 80 Zentimeter Wattiefe immun gegen jedes Ungemach. Mit dem Amarok ist nicht Ende Gelände – hier ist erst der Anfang.

Zu haben ist er ab Anfang Mai – in Deutschland ausschließlich als Doppelkabine mit vier Türen und fünf Sitzen. Das geht zu Lasten der Cargobox. Die Ladefläche von 1,62 Metern Länge und Euro-Paletten-tauglichen 1,22 Metern Breite zwischen den Radkästen mag im Arbeitsalltag prima taugen, beim Transport eines Motorrads jedoch wird’s reichlich knapp. Pfiffig: Dank einer auf 350 Kilo erhöhten Dachlast im Stand lässt sich in luftiger Höhe ein auskömmliches Vier-Mann-Zelt montieren.

Ab welchem Preis man sich ins Fahrerhaus hochziehen darf, steht noch nicht fest. Rechnen darf man wohl mit einem Einstieg knapp unterhalb von 40.000 Euro. Für die Top-Modelle Panamericana (Offroad) und Arkana (Lifestyle) wird man indes deutlich mehr locker machen müssen. Allerdings kann man damit dann sogar locker an der Oper vorfahren.

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