Ein Kombi mit über 400 PS? Musss das sein? Ja, sagt man sich bei Mercedes-AMG und schickt den C43 4Matic als T-Modell an den Start.
In Deutschland ist der Kombi, anders als in anderen Märkten, häufig kein Ausweis besonderer familiärer (Platz-)Ansprüche. Vielmehr tummelt er sich gerne in der Business-Class, natürlich mit entsprechender Motorisierung und zu ziemlich hohen Preisen.
Nicht der stärkste, aber einer der Stärksten seiner Art ist das T-Modell von Mercedes in der Variante C43 von AMG. Für Menschen, denen genug nie genug sein kann, gibt es übrigens noch einen C63 mit 680 PS.
Da nehmen sich die 408 Pferdchen in unserem Testwagen fast noch bescheiden aus, selbst wenn noch weitere 14 aus dem Startergenerator dazugezählt werden. Die Leistung ist für ein Fahrzeug dieser Kategorie wenig überraschend, mehr schon die Tatsache, dass sie mittlerweile nur noch aus einem 2,0-Liter-Turbo mit entsprechend nur vier Zylindern generiert wird. Bei AMG und bei einem Grundpreis von knapp über 86.000 Euro (!) hätte man bei der Quartett-Angabe „Anzahl der Zylinder“ schon mal eine „6“ erwartet.
Sprintzeit 4,7 Sekunden auf Tempo 100
Natürlich macht der Benziner seine Arbeit ausgezeichnet, wovon technische Daten wie 4,7 Sekunden für die Beschleunigung auf 100 km/h oder auch 500 Newtonmeter Drehmoment zeugen. Mühelos springt der Motor mit der Karosse um, dank des elektrisch unterstützen Turboladers gibt es auch kein Turboloch, sondern nur Beschleunigung. Die hat allerdings auch an der Tankstelle ihren Preis, wie unser Testverbrauch von über 12 Liter je 100 Kilometer bei weit überwiegend moderater Fahrweise deutlich macht.
Mercedes hat dem C43 einige Leckerbissen mit auf den Weg gegeben. Allradantrieb ist natürlich Serie, im Normalfall gehen rund zwei Drittel der Kräfte nach hinten, ein Drittel nach vorne. Auch eine Allradlenkung ist vorhanden, die Hinterräder schlagen bis zu 2,5 Grad mit ein, was dem Fahrzeug eine gewisse Handlichkeit auf den Weg gibt. Der Wendekreis fällt mit rund 12 Metern okay aus, ein Ausbund an Agilität ist der Mercedes in den Disziplinen wenden und einparken allerdings nicht.
Neungang-Automatik arbeitet präzise
Das im Grunde bekannte Neungang-Automatikgetriebe macht seine Sache erwartungsgemäß gut und arbeitet konzentriert die über den Gasfuß kommunizierten Wünsche des Fahrers ab. Allerdings übertreibt sie es manchmal beim Runterschalten, wenn nach dem Überspringen von zwei Stufen der niedrige Gang reinknallt und für einen Sprung nach vorne sorgt und der Rücken in die recht dünn gepolsterten Sportsitze gedrückt wird.
Zu hart selbst in der Komforteinstellung gibt sich trotz der adaptiven Dämpfer auch das Fahrwerk. Die Abstimmung passt natürlich für eine abgesperrte Strecke, für Landstraßen und selbst für Autobahnen ist es aber zu viel des Guten. Doch wer sich den AMG zulegt möchte vielleicht genau dieses „zu viel“ von allem. Ausfahren kann man den Sportkombi zwar fast nie, aber die Reserven sind jederzeit spürbar und geben vielleicht ein Gefühl von Souveränität.
Kofferraum mit 490 Liter
Übrigens ist das T-Modell natürlich, wie man es von Mercedes erwarten darf, auch ein mehr als passabler Kombi. Mit einem Stauvolumen von 490 Litern, erweiterbar auf bis zu 1.510 Liter bei umgelegten Rücksitzen, dürfte er für jene Transportaufgaben, die man mit einem solchen Fahrzeug überhaupt übernehmen möchte, lässig gerüstet sein.
Trotzdem wirkt der C43 letztlich für den Alltag in vielen Dingen überqualifiziert. Man hat als Fahrer häufig das Gefühl, man wird bei normaler Fahrweise Motor, Getriebe und Fahrwerk dem Auto nicht gerecht, die Fuhre würde sich mit einem geradezu langweilen. Umgekehrt wirkt dieses unbestrittene Glanzstück schwäbischer Ingenieurskunst selbst ein wenig aus der Zeit gefallen. Sehr lange wird es Fahrzeuge dieser Art nicht mehr neu zu kaufen geben. Für die meisten Autofahrer kein Problem, denn der mit einigen Extras schnell die 100.000-Euro-Schallmauer sprengende Endpreis macht den AMG sowieso für die meisten Menschen unerschwinglich. (SP-X)