Porsche 718 Boxster über die Historie in die Zukunft

Lediglich mit vier Zylindern

Porsche 718 Boxster über die Historie in die Zukunft
Porsche ist beim 718 Boxster zu den Vierzylindern zurückgekehrt. © Porsche

Im Jahre 20 des Boxsters hat Porsche den offenen Zweisitzer fast komplett neu konzipiert. Auch wenn nun zwei Zylinder fehlen, bringt die neue Generation wesentlich mehr Agilität mit.

Von Thomas Flehmer

Es waren unruhige Zeiten Anfang der neunziger Jahre für Porsche. Dem Unternehmen ging es gar nicht gut, aber 1993 kündigte sich mit dem Boxster Concept ein Hoffnungsschimmer an. Drei Jahre später lagen zum Marktstart des neuen Sportwagen-Modells bereits zehntausend Vorbestellungen vor, der Eintritt in die Porsche-Welt war im monetären Sinne um die Hälfte erschwinglicher und somit sehr viel begehrter geworden.

Der Verlauf zu einem gesunden Unternehmen war dank des Boxsters gelegt, auch wenn die damals neue Baureihe heute den anderen Modellen Cayenne, Macan und 911 bei den Verkaufszahlen den Vortritt lassen muss.

Porsche 718 Boxster ab Juni bei den Händlern

Doch gerade im Hinblick auf die Sportwagen-Ikone mit den drei legendären Zahlen hatte die letzte Generation des Boxsters, die 2012 auf den Markt kam, mächtig aufgeholt. Sicher will ein Porsche-Fahrer zunächst einen 911 pilotieren, doch der Unterschied zum Boxster war von der Leistung und Agilität für einen potenziellen Porsche-Fahrer kaum noch bemerkbar – und der Boxster halt weiterhin etwa um die Hälfte günstiger als der 911er.

Mittlerweile haben die Verantwortlichen bei Porsche den Unterschied mit der neuen 911-Generation wieder anwachsen lassen und wollen diesmal den Abstand zwischen den beiden Sportwagen nicht unbedingt verringern, sondern geben dem neuen Boxster, der ab Juni bei den Händlern stehen wird, deutliche Unterscheidungsmerkmale mit auf den Weg.

Porsche 718 Boxster nur mit Vierzylinder-Motoren

Porsche ist beim 718 Boxster zu den Vierzylindern zurückgekehrt.
Das Heck des 718 Boxster wurde markanter gestaltet Porsche

Der größte Unterschied liegt dabei beim Antrieb, denn Boxster und Boxster S werden „nur“ noch mit Vierzylindern ausgestattet, was natürlich auch deshalb geschieht, um spätere Strafzahlungen bei CO2-Grenzen möglichst klein zu halten. Anhänger von Sechszylindern werden jetzt die Nase rümpfen, doch Porsche geht bewusst den Schritt in die Vergangenheit – in die 50er und 60 Jahre – als der 718 zahlreiche Rennerfolge für die Stuttgarter erzielte – und zwar mit vier Zylindern. "Der 718 Boxster ist ein legitimer Erbe des 718", sagt deshalb Stefan Weckbach, Leiter der Baureihe 718 Boxster.

Doch Angst, dass dem neuen 718 Boxster zu schnell die Luft ausgeht, muss keiner haben. Im Vergleich zum Vorgänger hat der neue Vertreter zwar zwei Zylinder verloren, dafür 35 PS hinzugewonnen und greift auf 380 beziehungsweise 420 Newtonmeter Drehmoment zurück. In den vier Jahren Entwicklungszeit wurden dem neuen Aggregat eine „leistungsfähige Ladeluftkühlung, niedrige Ansaugtemperaturen und reduzierte Ansaug-Druckverluste zugeführt“, wie Moritz Martiny, Leiter Applikation Boxermotoren erklärt.

Porsche 718 Boxster S in 4,2 Sekunden auf 100

Porsche ist beim 718 Boxster zu den Vierzylindern zurückgekehrt.
Konnektivität hielt nun auch beim Porsche 718 Boxster Einzug Porsche

Aus zwei Litern Hubraum zieht der 718 Boxster 300 PS, die S-Variante aus 2,5 Litern sogar noch 50 Pferdestärken mehr. Und ein Sprintvermögen von 4,2 Sekunden bei der S-Variante, der normale 718 Boxster ist eine halbe Sekunde langsamer, ist eine Ansage. Dabei greift der "S" auf einen Variablen Turbinengeometrie-Lader zurück.

Doch die reine Leistung allein macht keinen Kraftmeier aus. "Wir haben eine neue Fahrwerksabstimmung sowie eine optimierte Achskonstruktion", sagt Eberhard Armbrust, der Leiter der Fahrdynamik. Hinzu kommt erstmals bei der Boxster-Reihe ein PASM-Sportfahrwerk mit einer Tieferlegung um 20 Millimeter, sowie eine neue Bremsanlage. "Wenn die Leistung steigt, müssen auch die Bremsen darauf eingestellt", so Armbrust.

Optimale Power per Knopfdruck

Porsche ist beim 718 Boxster zu den Vierzylindern zurückgekehrt.
Die Agilität des Porsche 718 Boxster wurde gesteigert Porsche

Damit die Kraft auf dem Asphalt umgesetzt werden kann, würden gemeinsam mit Bridgestone, Pirelli und Goodyear neue Reifen entwickelt, die "kürzere Bremswege, geringeren Rollwiderstand und ein gesteigertes Fahrdynamikpotenzial garantieren", so Armbrust weiter. Doch damit nicht genug. Die Traktion wurde ebenso gesteigert wie die Querdynamik und Fahrstabilität. Die Lenkpräzision wurde verbessert und auch das Einlenkverhalten, wobei das Lenkgetriebe vom 911 übernommen wurde.

Vier Fahrmodi stehen dabei zur Verfügung, aus dem 911 hielt zudem noch der Sport-Response-Button Einzug. Per Knopfdruck wird – zum Beispiel beim Überholvorgang – der Modus "Sport Plus" aktiviert. Dann stehen 20 Sekunden lang der optimale Gang, eine Drehzahl-Anhebung sowie der Ladedruck kontinuierlich zur Verfügung.

Ziel verfehlt - zur Freude der Kunden

Porsche ist beim 718 Boxster zu den Vierzylindern zurückgekehrt.
Auch auf nassem Untergrund agiert der 718 Boxster sehr souverän Porsche

Auf dem Testparcours in der Nähe von Marseille verursachte allein die Mitfahrt im neuen 718 Boxster S eine Menge Eindruck. Nicht allein die Kraftentfaltung, die beim Start mit der Launch Control den Kopf regelrecht an die Kopfstütze wirft, sorgt für Freude, sondern auch die Kooperation zwischen Motor, Fahrwerk und Lenkung. Das ESP ist dabei weicher ausgeprägt worden und hält sich zunächst zurück, ist aber in den entscheidenden Momenten rechtzeitig zur Stelle, wie bei Nassfahrten festgestellt werden konnte.

Auch wenn die Verantwortlichen bei Porsche den Unterschied zwischen Boxster und 911 vergrößern wollen, der 718 Boxster verbreitete einen riesige Fahrfreude. Und somit wurde eigentlich das Ziel verfehlt - zur Freude der Kunden. Denn wem das nötige Kleingeld für den 911 fehlt, der kann ganz beruhigt zum 718 Boxster greifen – auch wenn zwei Zylinder fehlen.

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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