Schwindender Fluch des Langweilers

Toyota Avensis

Schwindender Fluch des Langweilers
Der neue Toyota Avensis © Foto: Toyota

Anfang 2009 kommt der neue Toyota Avensis auf den Markt. Bislang war er ein grundsolider Typ und hatte doch damit ein Problem. Ein Wandel zeichnet sich ab.

Von Martin Woldt

Einer wie er wäre bei der Mannschaftswahl in der Schulsportstunde stets einer der letzten Bankdrücker gewesen. Und später beim Singleball hätte ihn vielleicht die dicke Selma mal mit nach Hause abgeschleppt. Langweilig. Dieses Etikett klebt am Avensis, seit er 1998 das Erbe des auch nicht gerade aufregenderen Carinas angetreten hatte. Nur, wenn er bei den Prüfern vom TÜV vorfuhr, klopfte man ihm anerkennend auf die Schulter. Konnten die doch erstmal eine rauchen gehen. Zu tun, so viel war klar, gibt´s jetzt nicht viel.

Europäisches Auto

«Unkaputtbar», das ist das zweite Adjektiv, das sich schon lange mit diesem Toyota verbindet. Es hat allerdings nicht ausgereicht, um mehr als eine Außenseiterrolle in der unteren Mittelklasse zu geben. Auch die Tatsache, dass die zweite Generation, die sich 2003 anmeldete, ein komplett europäisches Auto wurde, in Frankreich gestylt, in England gebaut und üppig mit deutscher Technik von Bosch bestückt, hat daran nicht viel ändern können. Selbst der Umstand nicht, dass der Avensis als erstes Serienauto den Knieairbag hier zu Lande hofierbar machte.

Gefahr für die dritte Generation

Der neue Toyota Avensis Foto: Toyota

Ja, noch in diesen Tagen schien der Fluch des Langweilers nun auch über der dritten Generation heraufzudämmern, obwohl die erst Anfang 2009 in den Auslagen steht. Zumindest redete auf dem Pariser Autosalon Anfang Oktober, wo sie ihre Weltpremiere erlebte, wohl alle Welt vom Stadtflitzer «iQ», während sie dem neuen Avensis mit höflichem Desinteresse begegnete. Dabei war die Vorstellung, gemessen am Gefühlsleben eines Eisschrankes, mit dem der Avensis bislang seine Anmache zelebrierte, geradezu ein emotionaler Ausbruch.

Emotionales Design

Das Cockpit des neuen Toyota Avensis Foto: Toyota

Halbrunde Vorder- und Heckkanten in Kombination mit scharfen Linien auf Motorhaube und Schulterpartie dürften manchen eingefleischten Avensis-Piloten im kommenden Frühjahr glauben machen, er sei im falschen Autohaus. Wäre da nicht dieser neue Markenblick, wie ihn der Auris bekannt machte und er «iQ» nun aufgreift, der das Vertraute aufruft. Mit 4,70 Meter hat sich die neue Limousine um fünf Zentimeter gestreckt. Der Kombi wuchs um die gleiche Länge auf exakt das Maß des Passat Variant, 4,77 Meter. Kombi und Limousine haben wie zuvor einen Abstand von 2,70 Meter zwischen den Achsen, was auf den Fortbestand der komfortable Rückbankverhältnisse schließen lässt. Auf der neuen Plattform misst allerdings die Spurweite nun knapp vier Zentimeter mehr, die Gesamtbreite mit 1,81 Meter gar fünf Zentimeter. An der Höhe von 1,48 Meter änderte sich nichts, so dass die Straßenpräsenz deutlich gewonnen haben dürfte.

Mission: Flottengeschäft

Ob das gewachsene Charisma auch für den Inneraum zutrifft, lassen die Bilder noch nicht erkennen. Solch Prickeln wie beim Opel Insignia verströmen sie nicht. Der Kofferraum der Limousine ist mit 509 Litern Stauvolumen 41 Liter kleiner als der im Ford Mondeo. Der Laderaum beider Kombis verglichen macht einen Unterschied von elf Litern zu Ungunsten des Avensis (543 Liter) aus. Dass der neue Toyota trotz mancher Proportionsveränderungen nicht schwerer geworden sein soll, ist eine wichtige Voraussetzung für seine eigentliche Mission: Er soll sich im Flottengeschäft und bei gewerblichen Haltern durchsetzen, wo etwa 80 Prozent aller VW Passat ihren Hafen finden. Sparsame Motoren sind in dieser Klientel mittlerweile das A und O.

Selbstzünder mit Euro5

Die Mittelkonsole Foto: Toyota

Drei Benziner und drei Diesel zwischen 126 und 177 PS stehen zur Wahl und weisen bei den Selbstzündern alle die Euro5 aus. Besonderes Augenmerk dürfte auf dem 126 PS starken 2.0-4D Dieselaggregat liegen. Es ist nicht neu, sondern schon beim Auris im Einsatz. Weist aber bei gleicher Leistung mit 135 Gramm pro Kilometer, was einem Verbrauch von im Mittel 5,1 Litern auf 100 Kilometern entspricht, deutlich niedrigere Emissionsraten aus. Wie groß der Kompromiss da zu Ungunsten der Fahrdynamik ausfällt, muss sich erst noch zeigen. Der etwa 120 Kilogramm leichtere Auris 2.0D-4D benötigt 10,3 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100. Immerhin liegt das maximale Drehmoment von 310 Newtonmetern im viel gefahrenen Bereich zwischen 1800 und 2400 Touren. Neu ist hingegen der 1.8 Liter VVT-i Benziner mit 147 PS, der sich neben einer manuellen Sechsgangschaltung mit dem ebenfalls neuen Multidrive S Getriebe kombinieren lässt. Gemeinsam wollen sich beide mit 6,6 Litern auf 100 Kilometern bescheiden. Was der Avensis kostet, wollte Toyota noch für sich behalten.

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