Die neue C-Klasse: Enger Maßanzug

DaimlerChrysler hat einen neuen Hoffnungsträger. Die überarbeitete C-Klasse hat die Langeweile seiner Vorgänger abgelegt, die neue Sportlichkeit geht aber auf Kosten gewisser Freiheiten.

Von Thomas Flehmer

Die Bühne gab das Programm des Abends vor. Vor gut 600 Journalisten leiteten Balletttänzer die Weltpremiere der neuen C-Klasse von Mercedes in der Daimler-Niederlassung in Stuttgart ein. Die Artisten verkörperten Eleganz genauso wie Sportlichkeit - und die Überleitung funktionierte hervorragend. «Wir wollten eine Synthese aus Komfort und Agilität produzieren», sagte Dieter Zetsche stolz. Mit der neuen C-Klasse solle nun die Messlatte in allen Belangen ein Stückchen höher gelegt werden, so der Vorstandsvorsitzende von DaimlerChrysler weiter.

Viel dynamischer

Und in der Tat ist der Nachfolger des 1982 als 190er gestarteten «Baby-Benz» viel dynamischer geworden. Die Motoren, zunächst stehen drei Benziner und ein Diesel zur Auswahl, haben dem Trend nicht nur der Premiumhersteller folgend mehr Pferdestärken erhalten. «Diese C-Klasse ist das einzige Modell im Segment, bei dem der Kunde keine Kompromisse eingehen muss», verspricht Vertriebschef Klaus Maier.

Denn auch das Design hat die Langeweile der Vorgänger abgelegt. Die Linie der im März zur Verfügung stehenden Limousine hat sich an Coupéformen orientiert und sieht nun viel schnittiger aus. Allerdings gehen die sportlicheren Designeinschnitte der absatzstärksten Baureihe des Unternehmens - seit der Einführung 1993 wurden von der C-Klasse insgesamt sechs Millionen Einheiten weltweit verkauft - zu Lasten der Freiheit im Innenraum. Besonders die Kopffreiheit im Fond ist selbst bei Personen um die 1,78 Meter stark bedroht. Hier kommt das Haupt dem wunderschönen zweigeteilten Panoramadach gefährlich nahe. Da müssen die Kunden doch Kompromisse eingehen.

Zwei Alternativen

Das Modell "Avantgarde" Foto: dpa

Genügend Beinfreiheit ist gegeben, doch erwartet man von Mercedes irgendwie mehr. Das Mehr soll der Kunde bei der individuellen Auswahl der dritten Generation erhalten. Zum ersten Mal bietet Mercedes zwei verschiedene Varianten innerhalb einer Modellreihe an. Für die sportlichen Kunden steht die Version «Avantgarde» zur Verfügung, während die eher gesetzten Kunden auf die Varianten «Classic» und «Elegance» zurückgreifen können.

Auseinanderhalten lassen sich die beiden Varianten - neben kleinen Unterschieden im Innenraum - durch verschiedene Platzierungen des Markenzeichens. Bei der klassischen Variante prangt der Stern wie gewohnt auf der Motorhaube. In der «Avantgarde»-Version wurde der Stern wie beim SL, CL und CLK in den Kühlergrill demonstrativ integriert. Das war es aber auch schon mit den Unterschieden, die Mercedes laut Maier der heterogenen Kundenschicht in der C-Klasse «zwei Maßanzüge geschneidert hat.» Allerdings zwei enge Maßanzüge.

24 Millionen Testkilometer

Eng wird es bei den neuen Motoren nicht werden. Über 24 Millionen Testkilometer wurden absolviert, «drei Mal so viel wie beim Vorgänger», sagt Entwicklungsvorstand Thomas Weber. Die vier bei der Einführung im März zur Verfügung stehenden Triebwerke werden im Laufe der kommenden Monate auf acht Motoren erweitert, eine AMG-Version wird 2008 kommen. Der Einstiegsmotor weist nun 156 statt zuvor 143 PS auf. Trotz erhöhter Leistung sowie einer insgesamt geringfügigen Vergrößerung in Länge, Höhe und Breite soll der Verbrauch um bis zu sechs Prozent sinken. «Der C200 CDI benötigt für 100 Kilometer nur 6,1 Liter Diesel», so Weber.

Für keine 30.000 Euro beginnt die Maßanzugs-Konfektion. Die lange Aufpreisliste mit den sinnvollen Helfern wie Intelligent Light- oder Pre-Safe-System werden die Kosten um einige tausend Euro erhöhen. Der Erfolgszug des absatzstärksten Mercedes-Modells - rund ein Drittel des gesamten Absatzes erwirtschaftet die C-Klasse - wird dadurch aber nicht aufgehalten werden.

Harte Konkurrenz

Das klassische Modell Foto: Werk

Allerdings hat Mercedes Aufholbedarf gegenüber den Konkurrenten aus München und Ingolstadt. BMW hat mit der 2005 eingeführten 3er-Reihe im vergangenen Jahr mit 115.000 fast doppelt so viele Einheiten wie Mercedes verkauft. Audi konnte mit knapp 96.410 Verkäufen vom A4 die C-Klasse (62.380) ebenso in Schach halten und wird im kommenden Jahr mit einem Nachfolger den Druck erhöhen. Bis dahin hofft Mercedes, viele Maßanzüge verkauft zu haben.

Keine Beiträge vorhanden