Nissan Ariya: E-Crossover mit Zukunfts-Design

Nissan Ariya: E-Crossover mit Zukunfts-Design
Nissan hat den Ariya eindrucksvoll in Szene gesetzt. © Nissan

Beim Flaggschiff Ariya hat Nissan das frühere Konzept des Leaf komplett umgeworfen. Vorteilhaft ist der serienmäßige 22-kW-Lader.

Während der Nissan Leaf das klassisch geschnittene Kompaktauto verkörpert, ist der Ariya ein großer Crossover, der mit 4,60 Metern Länge deutlich in die SUV-Mittelklasse hineinragt. Verzichtete Nissan bei seinem ersten E-Mobil noch auf betont futuristisches Styling, wirkt der Neue wie für die Zukunft designt: Große Flächen, scharfe Schwünge und eine coupéhafte Silhouette lassen den Fünftürer trotz der langen Verzögerung bei der Markteinführung noch frisch wirken (die Serienversion feierte Mitte 2020 Premiere, im Handel war sie hier erst gut zwei Jahre später).

Das gilt auch für das Cockpit, das aufgeräumt und edel wirkt. Das Ambiente liegt deutlich über dem Niveau des Leaf, toppt aber auch andere Nissan-Modelle wie Qashqai und Juke sicht- und spürbar. Der Ariya ist das Premium-Modell der Marke, was sich auch im Preis niederschlägt.

Viel Raum für die Passagiere

Serienmäßig ist ein schneller 22-kW-Bordlader dabei. Foto: Nissan

Größter Vorzug im Innenraum ist abgesehen vom Styling das Platzangebot. Weil der Ariya auf einer reinen E-Auto-Plattform steht, die keinen Raum für Kardantunnel und Mechanik vorhalten muss, steht viel Volumen für die Passagiere zur Verfügung. Zwischen Fahrer und Beifahrer findet sich eine per E-Motor längs verschiebbare Mittelkonsole. Derartig originelle Funktionen gibt es mehrere – unter anderem in Form eines elektrisch ausfahrbaren Handschuhfachs, das sich mithilfe einer Abdeckung in ein Tischchen für Laptop oder Butterbrot verwandelt.

Man merkt, dass Nissan mit großen Ambitionen an die Entwicklung des Ariya gegangen ist. Dass man die für den europäischen Geschmack zu undefinierten und weichen Sitze an Bord gelassen hat, lässt sich da verschmerzen. Etwas weniger glücklich macht jedoch der nicht eben riesige Kofferraum, der je nach Antriebsvariante sogar kleiner ist als im Kompaktwagen Leaf. Ebenfalls nicht voll überzeugen kann das altbacken wirkende Infotainment mit seinem für die Ladeplanung nur wenig hilfreiche Navigationssystem.

Serienmäßig 22-kW-Lader

Das Cockpit ist edel und aufgeräumt eingerichtet. Foto: Nissan

Technisch hat der Ariya gegenüber anderen Nissan-Stromern zugelegt, verpasst allerdings auch aufgrund seiner verzögerten Verfügbarkeit den zumindest zwischenzeitlichen Sprung an die Branchen-Spitze. Beim Batteriesystem setzt Nissan auf 400-Volt-Technik, was die maximale Schnellladegeschwindigkeit auf 130 kW begrenzt. Kein herausragender Wert, aber immerhin war die Leistung in Test regelmäßig realisierbar. Nach zehn Minuten Kabelzeit ist Strom für weitere 100 Kilometer Fahrt getankt. Anders als beim Leaf setzt Nissan beim Ariya von Anfang an auf den in Europa gebräuchlichen CCS-Stecker.

Im Alltag ist er aber oft gar nicht auf Schnelllader angewiesen, da er serienmäßig einen 22-kW-Normallader an Bord hat, des es bei vielen Konkurrenten nicht einmal gegen Aufpreis gibt. Damit saugt sich der Crossover an viele öffentlichen AC-Ladesäulen und geeigneten privaten Wallboxen doppelt so schnell voll wie andere Stromer. Wer ihn nicht komplett entladen einstöpselt, hat nach rund vier Stunden 100 Prozent Füllstand erreicht – und bleibt somit unter der von vielen E-Mobilitäts-Providern eingezogenen Grenze, nach der üblicherweise eine teure „Blockiergebühr“ anfällt. Zudem ist AC-Strom deutlich günstiger zu haben als die DC-Variante am Schnelllader.

Realistische Reichweite um 450 Kilometer

Bei Reichweite und Ladeaufwand kommt dem Ariya auch sein relativ geringer Verbrauch zugute. Durchschnittlich 20 kWh (Sommer, ohne Ladeverluste) beim Allradmodell sind für ein SUV seiner Größe ein ordentlicher Wert. Wer viel in der Stadt unterwegs ist oder es über Land ruhig angehen lässt, drückt ihn noch auf Werte um die 18 kWh. Nominell verspricht der Ariya in der getesteten Variante mit 87 kWh Energievorrat eine Reichweite von 513 Kilometern. Das mag im Einzelfall klappen, realistischer sind Entfernungen um die 450 Kilometer. Selbst wenn die mögliche Distanz pro Akkufüllung im Winter um die üblichen 10 bis 20 Prozent sinkt, ist das für die meisten Anwendungen wohl mehr als ausreichend.

In der Summe ist der Ariya durchaus ein taugliches Langstreckenauto. Nicht nur, was Reichweite und Ladezeiten angeht, sondern auch was traditionelle Tugenden betrifft. Die 225 kW (306 PS) des Testwagens sind in jeder Situation mehr als ausreichend, auch wenn Nissan bei der Abstimmung auf den extremen Beschleunigungs-Punch im Tesla-Stil verzichtet. Dabei würde der elektrische Allradantrieb das durchaus verkraften. Nicht ganz mithalten kann da das etwas steifbeinige Fahrwerk, das innerorts unsensibel auf Unebenheiten anspricht.

Weiteres Argument für die Wahl des Allradmodells: Die Anhängelast verdoppelt sich gegenüber der frontgetriebenen Variante auf 1,5 Tonnen. Erkauft wird das mit einem Aufpreis von 3.000 Euro – für einen zweiten E-Motor und 64 Extra-PS ein vertretbares Plus. Vor allem, weil der Zuschlag in Relation zum hohen Grundpreis keine große Rolle mehr spielt: Bereits das Einstiegsmodell mit kleiner Batterie und nur einem Motor kostet stolze 47.500 Euro – einen ähnlich großen VW ID.4 gibt es schon ab gut 40.000 Euro. Das Ende der Ariya-Preisliste markiert das 290 kW (394 PS) starke Top-Modell für 71.500 Euro. (SP-X)

Keine Beiträge vorhanden