Nach dem GranTurismo verpasst Maserati nun dem Grecale Folgore einen Elektroantrieb. Das stimmige Paket hat allerdings seinen Preis.
Dass Audi und Porsche ihre beiden elektrischen SUV-Brüder Q6 e-tron und Macan diesen Sommer mit rund zweijähriger Verspätung auf den Markt bringen, dürfte bei Maserati in Modena durchaus positiv zur Kenntnis genommen worden sein. Denn die italienische Luxusmarke hat zeitgleich ihren Bestseller Grecale startklar. Elektrisch angetrieben erhält das SUV den Beinamen Folgore, was übersetzt Blitz bedeutet.
Maserati baut zügig sein Modellportfolio auf Strom um. Der GranTurismo ist bereits mit E-Antrieb erhältlich. Im Mai folgt der Grecale. Nächstes Jahr ist der Supersportwagen MC20 dran – als Coupé und als Spyder. Läuft alles nach Plan, steht 2027 der nächste Levante und 2028 der neue Quattroporte auf einer Elektroplattform des Stellantis-Konzerns, genannt STLA Large. Und dies ausschließlich. Die Verbrenner-Zeit ist dann vorbei. Zum Opfer fällt dem Umbauprozess dabei der Ghibli.
Stärkstes und teuerstes Modell der Baureihe
Vom Grecale Folgore verspricht sich Maserati viel. Gut ein Drittel der Kunden soll sich für ihn entscheiden, selbst wenn das Strom-Modell mit 124.300 Euro zu den teuersten der Baureihe gehört. Dafür aber ist es auch das stärkste. Jeweils vorne und hinten sitzt je eine 205-kW-E-Maschine, geliefert von den chinesischen Spezialisten Jin-Jing Electric (JJE). 410 kW sind 560 PS. Doch zum souveränen Fahrgefühl trägt weitaus mehr das üppige Drehmoment bei, 820 Newtonmeter. Nicht einmal der beste Sechszylinder im Programm von Maserati kommt auf diesen Wert.
Schon auf den ersten Kilometern ist zu merken, wie gut, solide und verbindlich der Elektroantrieb mit dem Grecale harmoniert. Es macht Spaß, das Auto zu bewegen. Die Geschmeidigkeit ist faszinierend, die Beschleunigung linear und druckvoll. Wer es darauf anlegt, katapultiert das 2,5 Tonnen schwere SUV in nur 4,1 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100. Die Höchstgeschwindigkeit gibt Maserati mit 220 km/h an.
Wie heute in fast allen Premiumfahrzeugen üblich, können auch im Grecale Folgore mehrere Fahrmodi aktiviert werden. Bei „Sport“ steht die volle Leistung zur Verfügung, „GT“ beschränkt den Output auf 80 und „Range“ auf 70 Prozent. Durch einen beherzten Tritt aufs Fahrpedal lässt sich diese Sperre allerdings überwinden. Der vierte Modus heißt „Offroad“. Bis zu drei Zentimeter hebt die serienmäßige Luftfederung das Auto an für mehr Bodenfreiheit an. Dank Allradantrieb sind so auch Fahrten im leichten Gelände möglich. Was der Folgore nicht kann, ist über Kamera und GPS-Navigation adaptiv zu rekuperieren. Die Verzögerung der E-Maschinen muss über Wippen am Lenkrad eingestellt werden.
Großer Akku – hoher Verbrauch
Technisch basiert der Grecale auf der sogenannten Giorgio-Plattform. Sie wurde zwar hauptsächlich für Verbrenner konzipiert, im Hinterkopf aber hatten Maseratis Ingenieure bereits die Idee, auch ein batterieelektrisches Package zu integrieren. Im Boden findet ein Akku mit 96 kWh Platz. Das ist verglichen mit Wettbewerbern noch ein recht gutes Ergebnis. Auf der anderen Seite: Den großen Energievorrat benötigt der Grecale Folgore auch dringend. Denn während unserer Testfahrt ging die Anzeige im Display nicht unter 30 kWh/100 km. Das ist ziemlich heftig. Die Batterie wäre somit nach wenig mehr als 300 Kilometern leer. Nach WLTP-Norm verspricht Maserati bis zu 501 Kilometer.
Da ist es etwas unverständlich, warum sich die Entwickler lediglich für eine maximale Ladeleistung von 150 kW entschieden haben. Sie wird mittlerweile selbst von Volumenanbietern wie VW und Skoda übertroffen. Eine halbe Stunde dauert es, den Speicher von 20 auf 80 Prozent seiner Kapazität zu bringen. Zu hören ist aber von den Maserati-Strategen, dass man im Zuge kommender Modellpflegemaßnahmen nachbessern will.
Eigene Wallbox, pfiffige Ladekarte
Als kleinen Ausgleich spendiert man dem Grecale-Folgore-Kunden eine Wallbox für die heimische Garage. Geladen kann über drei Phasen mit bis zu 22 kW. Und noch ein Schmankerl halten die Italiener bereit, nennen es „Luxury Charging Experience“: Durch Zusammenarbeit mit Bosch gelang es, europaweit und über nur eine Karte Zugang zu 96 Prozent aller Ladepunkte zu haben, 650.000 insgesamt. Ein Rekordwert.
Optisch unterscheidet sich die Folgore-Version nur marginal von seinen Verbrenner-Varianten. Keine Einbußen gibt es beim Platzangebot. Der Kofferraum fasst weiterhin 535 Liter wie bei der Mild-Hybrid-Variante. Unter dem Teppich befindet sich ein Fach fürs Ladekabel. Praktischer wäre ein Frunk vorne unter der Haube untergebracht. Doch dafür blieb bei all der neuen Elektrotechnik kein Platz mehr. (SP-X)