Maserati Ghibli Hybrid: Ein Hauch von grünem Gewissen

Maserati Ghibli Hybrid: Ein Hauch von grünem Gewissen
Der Maserati Ghibli Hybrid. © Maserati

„Ellectrico“ heißt die neue Zukunfts-Vokabel für Maserati. Das Modell Ghibli Hybrid mit eBooster und 48V-Riemen-Startergenerator zeigt sich dem Luxus-Anspruch der Marke durchaus gewachsen.

Aus Sicht von Maserati beginnt das elektrifizierte Zeitalter in diesem Herbst, in dem die Ghibli-Modelle des Jahrgangs 2021 für den Marktstart vorbereitet werden. Die gleichzeitige Abkehr vom Diesel wird ein Jahr später mit dem Levante-Hybrid zementiert. Das SUV ist schon jetzt nicht mehr mit Dieselmotor bestellbar. Und auch dessen angekündigter kleinerer Bruder Grecale wird ihn nicht mehr bekommen.

Vielmehr dürfte auch er in einer Hybrid-Version erhältlich sein, die Frage ist nur, ob schon vom Start weg. Auf einen Maserati, der an der Steckdose emissionsfreie Kilometer tankt, wird man wohl vergeblich warten, ein Plug-In-Hybrid „passt nicht zu Maserati“, heißt es intern.

Verzicht auf Diesel verständlich

Der Verzicht der italienischen Traditionsfirma auf die Selbstzünder ist einleuchtend, fast zwangsläufig. Waren noch 2016 rund 1350 der in Deutschland neu zugelassenen Maseratis mit Dieselmotor ausgestattet, schrumpfte ihr Anteil in den folgenden drei Jahren bis auf rund 250. Bis September 2020 erreichten sämtliche Neuanmeldungen nur knapp mehr als die Hälfte des Vorjahres-Niveaus. In anderen für Maserati relevanten Diesel-Märkten in Europa, zum Beispiel Großbritannien, Italien und Österreich, sieht es kaum anders aus. Wirtschaftlich herrscht also dringender Handlungsbedarf.

Edel: Das Cockpit des Ghibli Hybrid. Foto: Maserati

An standesgemäßer Leistung fehlt es dem nur 1998 Kubikzentimeter großen Vierzylinder nicht. Satte 330 PS stehen zu Buche. Allerdings ist das maximale Drehmoment, anders als bei dem in Rente geschickten Diesel, erst vergleichsweise spät verfügbar. Trotz Mono-Turbo sind laut Hersteller 4000 Umdrehungen nötig, um die erzielbaren 450 Newtonmeter zu mobilisieren. So ließen die Testfahrten in der norditalienischen Emilia Romagna, wo es an gleichermaßen schlaglocharmen wie kehrenreichen Bergstraßen nicht mangelt, beim Spaßfaktor nichts zu wünschen übrig.

Vergnügungssteuer an der Tankstelle

Die Vergnügungssteuer wird an der Tankstelle entrichtet, denn wenn man den Sportmodus mit der Folge eines höheren Drehzahlniveaus und spontanerer Gasannahme aktiviert, gleichzeitig noch die Dämpferhärte hochschraubt, ist der Durst des Dreizack-Viertürers spürbar gesteigert.

Zwischen 8,1 und 9,4 Liter je 100 Kilometer hat Maserati ins Datenblatt schreiben lassen, ein beherzter Ausritt über die gewundenen Bergstraßen nordöstlich des Monte Cimone ist kaum unter zwölf Litern zu haben. Naturgemäß verfügen Maserati-Kunden aber über die notwendigen Mittel, sich kostspielige Ausflüge leisten zu können. Gut hätte es dem Hersteller zu Gesichte getan, neben der „Sport“-Taste auch noch einen „Eco“-Schalter zu platzieren. Dem Hybriden als Umweltgewissen der Marke hätte das vielleicht mehr Glaubwürdigkeit verliehen.

Während die Hybride für einen grünen Anstrich sorgen und vor allem den Flottenverbrauch senken sollen, baut Maserati auch am anderen Ende des dynamischen Spektrums sein Angebot aus.

Trofeo-Linie vollständig

Der Maserati Quattroporte Trofeo. Foto: Maserati

Die sogenannte „Trofeo“-Linie, mit der die jeweils leistungsstärksten Modelle einer Baureihe beschreiben werden, ist jetzt vollständig. Nach dem SUV-Levante sind jetzt auch die Limousinen Gibli und Quattroporte mit dem 580 PS starken V8-Turbomotor verfügbar, dessen Urform auf eine Ferrari-Entwicklung zurückgeht. Mit 3,8 Litern hat er ein überschaubares Volumen für einen Achtzylinder, bringt jedoch maximal 730 Newtonmeter Drehmoment an den Start. Das kann für ordentlich Druck sorgen an der Lendenwirbelsäule. Bei freiem und ebenen Geläuf stellt keiner der drei Leistungssportler den Vortrieb diesseits von 300 Stundenkilometern ein.

Wer braucht so etwas? Für die Hersteller sind solche Boliden wegen hoher Entwicklungskosten und geringer Stückzahlen nicht immer ein Kassenschlager, jedoch lässt sich mit Ihnen technische Kompetenz beweisen und der Konkurrenz mindestens Ebenbürtigkeit signalisieren. Porsche und Bentley haben beispielsweise ebenfalls Limousinen und SUV im Programm, die 300 km/h und mehr laufen.

Selbstbewusste Preise

Wäre es da klug, der italo-affinen Sportwagen-Klientel so etwas nicht anzubieten? Zwar bewegt man sich bei Maserati in Preisregionen, die für die meisten Autofahrer unerreichbar sind, doch der weltweite Wohlstand ist groß genug, um rund 25.000 Fahrzeuge eines Jahres an Kunden zu verteilen. Für den Ghibli Trofeo sind 127.415 Euro fällig, für das Levante-Pendant 154.608 und für das Marken-Flaggschiff 161.530 Euro. Daran gemessen nimmt sich der Ghibli-Hybrid nimmt sich mit 69.400 Euro wie ein Schnäppchen aus.
Angesichts der identischen Leistungsdaten der Trofeo-Ausgaben von Ghibli, Levante und Quattroporte begibt man sich am besten in die sichere Umgebung eines Rundkurses, um die Unterschiede beim Charakter der Fahrzeuge spüren zu lernen.

Als erstes des Trios hat der Levante einen Maßstab gesetzt, der fahrdynamisch von seinem Allradantrieb herrührt. Fast genügsam zieht er dank der Vorderachse aus der Kurve, wenn man versucht, mit einem heftigen Gasstoß das Heck aus der Ruhe zu bringen. Sein hoher Schwerpunkt, etwa 90 mm mehr als beim Quattroporte, macht es jedoch schwierig, die Seitenneigung nicht zu bemerken, die sich in schnellen Kurven unweigerlich einstellt. Mit fast 2200 Kilogramm Leegewicht ist er auch der Beleibteste der nur scheinbar gleichen Brüder.

Quattroporte mit guter Balance

Auch von hinten ansehnlich: der Ghibli Hybrid von Maserati. Foto: Maserati

Der Hecktriebler Quattroporte überrascht durch zwei Eigenschaften: Eine ausgezeichnete Balance, welche die ebenfalls gut zwei Tonnen schere Limousine mit lässiger Hand beherrschbar bleiben lässt, auf der einen und eine erstaunliche Wendigkeit auf der anderen Seite. Immerhin ist der Luxus-Schlitten, der eine Chauffeurs-Klientel zum Selbstfahren anregen soll, mehr als fünf Meter lang und hat einen Radstand von 3,17 Metern. Spitzkehren eilig und souverän zu meistern, kann bei solchen Werten leicht zur Herausforderung werden.

Der Ghibli, der als eine Art Quattroporte mit verkürztem Radstand gelten kann, erwies sich bei den Tempo-Tests auf dem Autodromo di Modena als verbindlich geschnürtes Paket. Er verfügt über das beste Leistungsgewicht, präsentiert sich deshalb als agilstes Mitglied des Trios, glänzt andererseits aber auch mit einer Ausgewogenheit, die trotz aller bissigen Attitüde am entspannten Cruisen nicht zu hindern vermag.

Allen Trofeo-Modellen sowie dem Ghibli-Hybrid gemein ist die neue Konnektivitäts-Architektur, die für Ghibli und Quattroporte mit einem auf 10,1-Zoll vergrößerten Touchscreen-Monitor verbunden ist. Die neue Telematikplattform ist vollständig mit einer Servicewelt verknüpft, die aus Apple Store, Personal Account, Life Navigation Services, Remote Diagnostic Control, E-Call, Alexa in Vehicle Voice Assistant und Over-the-Air-Updates besteht.

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Axel F. Busse
Axel F. Busse ist gelernter Redakteur, sein kommunikations-wissenschaftliches Studium absolvierte er an der FU Berlin. Nach Tätigkeiten bei Tageszeitungen, wo er sich mit Auto- und Verkehrsthemen beschäftigte, arbeitet er seit 2003 als freier Autor ausschließlich in diesem Bereich. Außer für die Autogazette schreibt er für verschiedene Online- und Printmedien.

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