Ford gehört bei der Elektromobilität nicht zu den Vorreitern. Doch das soll sich ändern. Trotz Corona-Krise hält der Autobauer an seinen Zielen fest und bringt jetzt das SUV Explorer als Plug-in-Hybrid.
„Zeitlich sind wir im Plan“, sagt Marketing-Direktor Olaf Hansen, der bis Ende des Jahres 14 elektrifizierte Modelle in seinem Angebots-Portfolio haben will. Im Rahmen einer Roadshow sind die Kölner gegenwärtig im Land unterwegs, um ihre frohe Botschaft unter die Leute zu bringen.
Mit im Gepäck: Die Plug-In-Hybridversion des neuen Modells Kuga sowie ein SUV-Brummer, der bei Bedarf ebenfalls am Stecker hängt – der Explorer. Der Name dürfte eingefleischten Ford-Fans vertraut klingen, denn der „Forscher“, wie die Bezeichnung übersetzt heißt, wird seit 1990 bereits in der sechsten Generation gebaut.
Explorer tritt in Konkurrenz zum XC90
Chicago, die US-Metropole am Michigansee, ist Heimatort des großkalibrigen SUV, das nunmehr in Deutschland auf jene Kunden zielt, die sich sonst für einen Volvo XC90 oder das Erzeugnis eines einheimischen Herstellers entscheiden würden. „Wir sehen den Explorer in seinem Segment als das an, was der Mustang für seinen Bereich war“, sagt Olaf Hansen. Damit offenbart der Marketingchef eine gehörige Portion Optimismus. Das Modell Mustang preschte kurz nach seinem Erscheinen auf dem deutschen Markt an die Spitze der hiesigen Zulassungsstatistik für Sportwagen.
Auch wenn es nichts werden sollte mit der Segment-Führerschaft, so sind seine knapp 2,6 Tonnen Leermasse nicht das einzige gewichtige Argument, das den Explorer für Kunden interessant machen könnte. Für einen Einstiegspreis von 76.000 Euro bietet der Wagen herrschaftliche Ausmaße und Platz für sieben Passagiere, eine Zehngang-Automatik zur Übertragung der Leistung auf den Allradantrieb, Offroad-Management mit sieben Fahrmodi und bis zu 40 Kilometer emissionsfreie Reichweite.
Satte 825 Newtonmeter Drehmoment
Auf einen Real-Verbrauch von 3,1 Litern, wie ihn der Hersteller angibt, sollte man sich vielleicht nicht unbedingt verlassen, eher schon auf die Systemleistung von 457 PS, die mit maximal 825 Newtonmetern Drehmoment in den Asphalt gefräst werden. Auf einer individuellen Testrunde pendelte sich die Verbrauchsanzeige bei 6,8 Litern ein, was für ein mehr als fünf Meter langes SUV-Schiff durchaus als respektabel angesehen werden kann. Originell ist die Wahl eines Drehknopfes anstelle des Schaltknaufs – ein Feature, von dem sich Jaguar und Land Rover nach, wie es heißt, Kundenwünschen wieder verabschiedet haben.
Enorm spontan drückt der Explorer beim Anfahren nach vorn. Der herzhafte Antritt fällt wohl deshalb so auf, weil beim Zwischenbeschleunigen unterwegs eher das Gegenteil der Fall ist. Da ist nach dem Tritt aufs Gas eine spürbare „Denkpause“ zu verzeichnen, gerade so, als müssten die Bordrechner erst ermitteln, ob der Einsatz von Verbrennerkraft oder Elektroenergie in diesem Moment gerade sinnvoll ist. In diesen Wochen beginnen die Auslieferungen an die deutschen Kunden, die sich auf ein hohes Ausstattungs- und Komfortniveau freuen dürfen. „Das Auto verkörpert den American Way of Life“, ist sich Olaf Hansen sicher.
Kuga entspricht europäischen Erwartungen
Die Plug-in-Version des Modells-Kuga scheint da mehr von europäischen Erwartungen inspiriert, auch wenn man erstmal genau hinsehen muss, um den Startknopf des Teilzeit-Stromers zu finden. Der liegt etwas versteckt und angewinkelt zum Fahrer im Schatten des Lenkrades.
Die Taste aktiviert einen 2,5 Liter großen Vierzylinder-Benziner mit 152 PS sowie einen Elektromotor mit110 PS. Zusammen erzeugen sie eine Systemleistung von 225 PS. Ein kombiniertes Drehmoment weist Ford, im Gegensatz zu der Praxis beim Explorer, für den Kuga nicht aus.
CVT-Getriebe mit Drehknopf
Wohl aber, dass er bis zu 56 Kilometer rein elektrisch fahren könne und deshalb rechnerisch nur 1,2 Liter pro 100 Kilometer Strecke verbrauche. Ist keine Zeit zum Laden der Batterie, muss eine andere Rechnung aufgemacht werden: Während dieser Testfahrt zeigte der Bordcomputer 7,6 Liter Verbrauch im Mittel an. Der Ausflug war von angenehmer Ruhe im Innenraum geprägt, bei 120 km/h konnten nur 63 dB (A) für Fahrgeräusche gemessen werden. Außer diesem Beitrag zum Wohlbefinden der Insassen hat Ford die Kabine recht luftig gestaltet, die niedrige Konsole mit dem Drehknopf für das CVT-Getriebe trägt ihren Teil dazu bei. Freilich sitzt man vorn mehr auf den Polstern als in den Sitzen.
Neben den beiden Plug-ins und vor dem Ergebnis der neu vereinbarten Zusammenarbeit mit Volkswagen, die wohl in einen Kompakt-Stromer münden wird, dürfte vor allem der kommende Mustang Mach E den Elektro-Auftritt Fords bestimmen. Einerseits stellt sich die Firma auf übers Corona-Jahr gerechnete Einbußen von 20 Prozent ein, andererseits freut man sich in Köln, dass die „First Edition“, also die Erstauflage des Mach E, für Europa bereits komplett ausverkauft ist. Anfang 2021 sollen die Premieren-Autos in Kundenhand gelangen.
Nächster Transit komplett unter Strom
Auch Olaf Hansen ist klar, dass ein so positioniertes Elektro-Angebot für viele Kunden eine pekuniäre Herausforderung darstellt. Die schlichteste Ausgabe des Kuga PHEV kostet knapp 40.000 Euro, beim Mustang Mach E sind es für die leistungsstärkere Variante nahezu 70.000 und nur ein geringer Teil der Explorer dürfte für weniger als 80.000 Euro weggehen. „Dieser Wagen zielt primär auf gewerbliche Kunden“, sagt Hansen, worunter die Tatsache zu verstehen ist, dass beispielsweise Ärzte, Rechtsanwälte oder Architekten einen Gutteil der durch ihre Leasingverträge entstehenden Kosten steuerlich geltend machen können.
Am anderen Ende der Elektro-Pkw-Skala ist nach heutiger Planung kein Beitrag von Ford zu erwarten. Ob nicht das Beispiel des Corsa-e von Opel ein Anlass sein könnte, darüber nachzudenken? „Einen vollelektrischen Kleinwagen wird es von uns nicht geben“, sagt Olaf Hansen kategorisch. Auch kleine Autos müssten Geld verdienen, und das sei vor allem im Elektrobereich umso schwieriger, je kleiner das geplante Auto sei.
Bekanntlich hat Ford auch elektrifizierte Nutzfahrzeuge im Angebot. Die Plug-In-Hybride Transit und Tourneo machen derzeit etwa drei Prozent des Verkaufsvolumens aus. Die Kölner rechnen allerdings damit, dass der Anteil künftig steigt, da diese Fahrzeuge erst ein paar Monate auf dem Markt sind und im nächsten Jahr ein voll-elektrischer Transit die Modellpalette bereichern wird.