Citroen hat wieder zugeschlagen. Mit dem C4 Cactus präsentieren die Franzosen einen praktischen Kompaktwagen, der die Rahmen der aktuellen Autowelt sprengt.
Wann ist ein Citroën ein echter Citroën? Er muss nicht perfekt sein in allen Belangen, aber pfiffig. Man erwartet eine gewisse Note Andersartigkeit, einen Hauch von Pragmatismus und natürlich eine faire Preisgestaltung. Der 2CV, besser bekannt als Ente, war sicherlich ein Citroën fürs Herz, der exzentrische BX war es auch in der Mittelklasse, und die beiden Businessklasse-Legenden CX und XM werden wohl immer in den Köpfen vieler Autoliebhaber bleiben. Auch der erste C3 war ein würdiger Citroën, aber irgendwie nicht revolutionär. Das ist das Stichwort. Der C4 Cactus erfindet das Autofahren zwar nicht neu, aber einen Schuss Radikalität kann er sich nicht verkneifen. Was die Franzosen hier ab 13.990 Euro und ab 13. September anbieten, sprengt so manchen in der heutigen Autowelt verfestigten Grundsatz.
Citroen C4 Cactus ein Leichtgewicht
Welches Vollwert-Auto wiegt schon weniger als eine Tonne und kann im besten Fall mit einem Verbrauch von 3,1 Litern je 100 km (82 g CO2/km) aufwarten? Der Basis-Cactus bringt es auf bemerkenswerte 965 kg. Dafür muss der Kunde zwar auf einige Dinge verzichten, doch nur wenige Einbußen hinnehmen. So ist die Rücksitzbank nicht geteilt, sondern lediglich im Ganzen umlegbar – in der Praxis wohl verschmerzbar. Statt Fensterheber hinten gibt es eine Ausstellmöglichkeit, damit kann man leben. Die Alu-Motorhaube dürfte im Benzingespräch mit Freunden eher punkten, ebenso übrigens wie die neuartige Scheibenwaschanlage, deren Düsen direkt in die Wischer integriert wurden. So wird kein Waschwasser verschwendet, und der Behälter konnte verkleinert werden.
Anne Ruthmann, die Projektchefin für den Cactus, weiß noch mehr Details. So filtert das optionale Panorama-Glasdach (490 Euro) UV und Wärme derart effektiv, dass ein Rollo überflüssig wird – wieder ein paar Kilogramm gespart. Doch auch der Umweltbonus dürfte nicht die Hauptstrahlkraft dieses C4 ausmachen, nein, es ist eine Mischung aus extrovertiertem Design mit attraktiven Features. Der taufrische Citroën hat den Sexappeal eines SUV ohne jedoch eines zu sein. Mit einer Höhe von 1,49 m rangiert er eher im Bereich konventioneller Limousinen; die markante Reling sowie die coupéhaft abfallende Dachlinie erzeugen das Flair eines interessanten Crossovers, genau das will der Cactus ja auch sein.
Reisekoffergefühle im Citroen C4 Cactus
Einer, der ein Versprechen der Studie eingehalten hat: Demnach finden sich im Innenraum des Serienmodells tatsächlich jene einst bestaunten Designelemente, die an einen Reisekoffer erinnern. Da wären die Zuziehgriffe der Türen sowie die Struktur der Armaturen-Oberflächen (optional). Nicht nur ausgefallen, sondern auch nützlich sind die so genannten Airbumps. Was die Techniker binnen drei Jahren entwickelten, bewährt sich in der Praxis. Die Flanken verfügen nämlich über prägnante Zonen aus einem speziellen Kunststoff – dahinter verbergen sich Luftkammern. Einen Aufprall bis fünf km/h stecken diese unkonventionell anmutenden Oberflächen genau so locker weg wie Parkrempler oder der harsche Kontakt mit einem metallenen Einkaufswagen.
Beim Infotainment gibt der C4 Cactus ganz den Neuzeit-Kandidaten; das Bediensystem entstammt der aktuellen PSA-Generation mit knöpfchenreduzierter Struktur. Zur Steuerung sämtlicher Funktionen wie Klima oder Radio muss der serienmäßige Siebenzoll-Touchscreen herhalten, woran man sich rasch gewöhnt. Die Tachoanzeige ist digital und präsentiert die Geschwindigkeit unübersehbar in großen roten Lettern. Es gibt im Sinne des Energiespargedankens natürlich eine Schaltempfehlung, jedoch keinen Drehzahlmesser. Der Balken am unteren Rand des Displays verschafft Gewissheit über den Tankfüllstand.
Keine Klimaanlage für den Citroen C4 Cactus
Und statt Klimaanlage liefert das Grundmodell einen Tempomat, so viel Annehmlichkeit auf der Reise sollte sein. Leider ist ein gekühlter Innenraum für das 55 kW/75 PS starke Einstiegsmodell weder gegen Geld noch gute Worte zu haben – ein Schönheitsfehler. Die Maximalausstatter verwöhnen dagegen mit Bluetooth-Freisprechanlage, Digitalradio, Einparkautomatik, umfangreicher Navigation sowie Sitzheizung. Dann muss der Interessent aber auch mit dem Durchbrechen der 25.000 Euro-Schallmauer rechnen.
Erste Testrunden mit einer neuen Leistungsstufe des 1,2 Liter großen Turbo-Dreizylinders bescheinigen dem stärksten Cactus agile Eigenschaften. Kein Wunder, mit dem etwas mehr als eine Tonne wiegenden Spitzen-Benziner haben 81 kW/110 PS leichtes Spiel. Der markant-kernig laufende Otto zieht den frontgetriebenen Citroen bereits ab dem Drehzahlmesser gummibandartig aus den Startlöchern. Schon ab 1500 Touren liegen die vollen 205 Nm Drehmoment an. Mit einer in erster Linie leichtgängig arbeitenden E-Servolenkung sowie einem milde abgestimmten Fahrwerk kann man im Alltag gut leben.
Rund tausend Einheiten pro Monat vom Citroen C4 Cactus geplant
Der Schalthebel der Fünfgang-Box rastet ohne nennenswerte Kräfte, aber alles andere als präzise – doch wen stört das schon? Lieber nach vorn schauen, die unkonventionelle Architektur und die Blicke der Passanten genießen. Mit dem Cactus könnte man ohne Probleme halb Europa durchkreuzen, denn der Raumeindruck ist ausgezeichnet, die Kniefreiheit hinten dank fast 2,60 m Radstand tadellos.
Die Stühle selbst gehen in Ordnung und muten hinreichend konturiert an, allein die Rücksitzbank könnte etwas besser gepolstert sein. Und es gibt weder LED-Hauptscheinwerfer noch Xenonlicht, hier sollte der Hersteller nachlegen. Für den hiesigen Markt sieht Holger Böhme, Geschäftsführer von Citroën Deutschland, Potenzial für eintausend Fahrzeuge pro Monat. Verdient hätte der C4 Cactus es, sogar noch mehr. Mal abwarten, was die Interessenten sagen. (SP-X)