Mit Diesel- und Benzinmotoren steht der Volkswagen-Konzern stark in der Kritik. Der neue Caddy mit Erdgasantrieb sollte gerade jetzt mehr Chancen erhalten als früher – es lohnt sich, wie unser Fahrbericht unterstreicht.
Von Thomas Flehmer
Volkswagen produziert seit September kontinuierlich negative Schlagzeilen aufgrund der Betrügereien bei den Abgaswerten von Fahrzeugen mit Diesel- und Benzinmotoren. Höchste Zeit, sich bei Erdgas umzuschauen. Doch auch abseits des Abgasskandals lohnt sich der Griff ins CNG-Regal, wie der Caddy 1.4 TGI eindrucksvoll unter Beweis stellt.
Erdgas-Caddy erstmals mit Turbo-Unterstützung
Die vierte Generation des leichten Nutzfahrzeugs, das als Kombi natürlich auch sehr gut als Personentransporter fungieren kann, hat den Ecofuel der dritten Auflage nicht nur namenstechnisch abgelöst. Erstmals fungiert im Erdgasbetrieb ein Turbo, sodass sich der CNG-Antrieb nicht hinter dem reinen Benzinantrieb verstecken muss. Zwar fühlt sich der Caddy im Erdgasbetrieb immer noch etwas lahmer an, als wenn auf Benzin umgeschaltet wurde, aber diese Gefühle sind zu vernachlässigen. Denn 12,9 Sekunden Sprintvermögen mit Turbo-Erdgas sind für den 81 kW/110 PS starken Caddy nicht zu verachten. Und 174 km/h reichen als Höchstgeschwindigkeit für längere Reisen auch vollkommen aus.
Die Reisen sollten sorgfältig geplant werden, auch wenn 900 Erdgas-Zapfsäulen die Republik flächendeckend abdecken. Zahlreiche Autohöfe bieten das CNG an. Der Tankvorgang selbst ähnelt dem Befüllen von Benzintanks. Wer zum ersten Mal den 37 Kilogramm fassenden Tank befüllt, wird mit präzisen Beschreibungen an der Zapfsäule gut begleitet. 7,1 Kilogramm benötigte der Caddy im dichten Stadtverkehr. Damit beläuft sich der Caddy auf 7,81 Euro Kraftstoffkosten für 100 Kilometer. Angegeben sind 5,1 Kilogramm, im Drittelmix sollen es 4,1 Kilogramm sein.
VW Caddy 1.4 TGI 1500 Euro teurer als Dieselmodell
Aber der Alltag ist zäher als das reine Messen auf dem Rollenprüfstand. Da auch bei den anderen Kraftstoffarten die realen Werte meist höher als angegeben liegen, bleibt das Erdgasauto im realen Betrieb weiterhin günstiger als Benziner oder Diesel, auch wenn dort die Literpreise in den letzten Wochen zum Teil sehr stark gesunken sind.
Denn der mindestens 23.425 Euro teure Caddy 1.4 TGI ist 1500 Euro teurer als der vergleichbare Diesel und 2500 Euro teurer als der vergleichbare Benziner. Durch die günstigeren Kraftstoffkosten gleicht sich der höhere Aufpreis nach einiger Zeit aus und man fährt von da an in der Gewinnzone. Den Zeitpunkt entscheidet der rechte Fuß, ob das früher oder später passiert.
VW Caddy mit Notbremsassistenten an Bord
Zumeist ist es früher. Denn wer sich für ein Erdgasauto entscheidet, hat auch häufig eine vorausschauende Fahrweise im Gepäck, die sich nicht nur danach richtet, wann die nächste Erdgastanke günstig angesteuert werden kann. Und in ein paar Jahren könnte er fast CO2-emissionsfrei unterwegs sein, wenn das Gas aus Abfällen in Bio-Gas umgewandelt wird.
Dann fährt das grüne Gewissen im Innenraum noch viel lieber mit. Das Cockpit ist – wie bei den Benzinern und Dieseln natürlich auch, in die Moderne von Volkswagen geführt worden. Auch die Nutzfahrzeugsparte hat kräftig bei den diversen Querbaukästen des Konzerns zugegriffen, sodass die Sicherheit dank diverser Fahrassistenzsysteme ebenso in die Höhe getrieben werden kann wie beim Infotainment. Zwar hat der Caddy nur vier Sterne beim EuroNCAP-Crashtest erhalten, was nicht unüblich ist im Segment der Hochdachkombis, erhielt aber ein besonderes Lob dafür, dass der Caddy bereits einen Notbremsassistenten an Bord hat, was in dem Segment unüblich ist.
Praktische Ablagen im VW Caddy
Zudem verschönert das großzügige Platzangebot auf den insgesamt 4,87 Metern Länge für bis zu fünf Insassen und Gepäck – zwischen 1350 und 3880 Liter Volumen stehen zur Verfügung – sowie zahlreiche Ablagen inklusive „Dachgalerie“ den Aufenthalt an Bord. Und selbst die etwas raueren Motorgeräusche im Erdgasbetrieb können die Wohlfühlgefühle nicht schmälern, sodass auch längere Fahrten positive Schlagzeilen produzieren – wenn nicht jetzt, wann dann?