Renault Espace: Der Lazarus-Effekt

Vom Raumgleiter zum Crossover

Renault Espace: Der Lazarus-Effekt
Bei ersten Tests wurde keine Schummelsoftware ermittelt. © Renault

Das Segment der Vans befindet sich auf dem aussterbenden Pfad. Mit der neuen Generation des Renault Espace versucht sich einer der Gründungsväter nun auf neuen Wegen – und das nicht nur beim Design.

Von Thomas Flehmer

Die Gleichung hört sich ganz einfach an. Aus den Komponenten Espace IV, SUV, Limousine und dem schönen Begriff „Fluidum“ hat Renault-Chefdesigner Laurens van den Acker ein Produkt kreiert, das er selbst mit einem TGV, dem Train avec Grand Vitesse, vergleicht. Ab Mai ist das Produkt als fünfte Generation des Espace erhältlich. Dass van den Acker das neue Modell mit dem schnellsten Zug der Welt vergleicht, hat dabei seine Bewandtnis. Denn der neue Espace hat mit seinen vier Vorgängern kaum noch etwas gemeinsam.

Renault Espace feiert Premiere auf neuer Plattformstrategie

1984 gehörte der erste Espace zu den Mitbegründern des Van-Segmentes, welches in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung verlor und lediglich durch den Espace vertreten war. Gerade noch 900 Einheiten der immerhin schon 13 Jahre alten vierten Generation wurden im vergangenen Jahr in Deutschland verkauft. Die Zeit nicht nur zum Imagewechsel war reif.

Und die ehemalige Großraumlimousine hat die Gunst der Stunde genutzt und erscheint quasi wie der in der Bibel von Jesus von den Toten wiedererweckte Lazarus völlig neu auf der Bildfläche. Der mittlerweile zum Crossover mutierte Siebensitzer ist zugleich das erste Modell der neuen Plattformstrategie CMF, von der – ähnlich wie beim Modularen Querbaukasten (MQB) des Volkswagenkonzerns - in den kommenden Jahren die Fahrzeuge von Renault und Allianzpartner Nissan sowie auch von diversen Mercedes-Modellen rollen werden.

Renault Espace um 7,1 Zentimeter flacher

Der Renault Espace erhielt fünf Sterne.
Der Renault Espace hat eine dynamische Seitenlinie erhalten Renault/Mainx

Vom Band im nordfranzösischen Douai rollt der neue Espace mit 1,68 Metern Höhe gleich 7,1 Zentimeter flacher vom Band als der Vorgänger, während 4,86 Meter Länge sowie 1,89 Meter Breite fast identisch geblieben sind. Trotzdem verfügt Espace Nummer fünf über ein ganz anderes Aussehen. Das Kastenförmige der vorangegangenen Raumgleiter, mit denen Mitte der achtziger Jahre gut gepunktet wurde, ist übergegangen in dynamische Formen, die dem Espace eine gewisse Eleganz und Sportlichkeit verleihen und in Richtung SUV-Segment zielen.

In Richtung Limousine – und zwar derer der Oberklasse – geht es im Cockpit weiter. Eine – ähnlich wie bei Volvo – schwebende Mittelkonsole trennt Fahrer und Beifahrer untermalt von dem in verschiedenen Farben leuchtenden Ambiente-Licht, das Wärme durch das Cockpit strömen lässt. Oberhalb der Mittelkonsole befindet sich ein 8,7 Zoll großes Display, welches einem Tablet nicht unähnlich ist und ebenso durch Wischen und Drücken benutzt werden kann und die zweite Generation des Online-Multimediasystems R-Link beherbergt, mit dem aber auch die beiden hinteren Reihen per Touch umgelegt werden können, um das Ladevolumen von 680 auf 2100 Liter zu vergrößern.

Oberklasse-Atmosphäre im Renault Espace

Renault hat den neuen Espace komplett neu konzipiert.
Das Cockpit des Renault Espace ist sehr hochwertig ausgefallen Renault

Fahrer und Beifahrer können sich über das System massieren lassen, der Fahrer selbst kommt nun erstmals bei Renault in den Genuss eines farbigen Headup-Displays, damit die Augen so wenig wie möglich auf die klare Instrumententafel blicken müssen. Fünf verschiedene Fahrmodi lassen sich deutlich spürbar einstellen, moderne Fahrassistenzsysteme wie der adaptive Tempopilot oder der Sicherheitsabstand-Warner oder Fernlicht-Assistent sind je nach Geldbeutel auch an Bord.

2,88 Meter Radstand bedeuten per Datenblatt schon viel Platz. Die beiden versenkbaren Sitze der dritte Reihe sind zwar gut erreichbar und auch für größere Personen geeignet – aber nicht für all zu lange Strecken. Für die kurzen und langen Strecken stehen zum Marktstart im Mai zwei Diesel und ein Benziner zur Auswahl. Neben dem Basisdiesel Energy dCi 130 werden die meisten Kunden in Deutschland beim Energy dCi 160 EDC zugreifen, der mit seinen 118 kW/160 PS mehr als ausreichend motorisiert ist. Ein Sprintvermögen von 9,9 Sekunden sowie eine Höchstgeschwindigkeit von 202 km/h sollten den Meisten reichen.

Renault Espace verliert bis zu 250 Kilo

Auch der Renault Espace weist laut DUH erhöhte Werte auf.
Der Renault Espace folgt der neuen Designlinie Renault

Wer 1,3 Sekunden schneller auf 100 kommen möchte, muss dem Energy TCe 200 EDC den Vorzug geben. Der 200 PS starke Benzin-Direkteinspritzer schafft zudem eine Höchstgeschwindigkeit von 211 km/h und verfügt mit insgesamt sieben Schaltstufen des Doppelkupplungsgetriebes über eine Mehr als der Selbstzünder.

Doch macht der Diesel dank seines Drehmoment-Vorteils von 380 Newtonmetern gegenüber 260 der Benziners vermitteln ein kräftigeres Zugverhalten des Espace, der im Vergleich zum Vorgänger bis zu 250 Kilogramm verloren hat, die der Verbrauchseinsparung dienen. Im Vergleich zum dCi 175 des Vorgängers soll der dCi 160 mit 4,7 Litern gleich 27 Prozent weniger Kraftstoff durch die Rohre jagen. Es wird nicht immer gelingen, da der Espace trotz seines Gewichtes von 1734 Kilogramm auch zügig und agil bewegt werden kann. In den Kurven hilft die aus dem Laguna abgeleitete Allradlenkung mit, schneller wieder auf die Spur zu kommen – in der Stadt erleichtert sie die Einparkvorgänge.

Renault Espace ab 33.550 Euro

Bei 33.550 Euro beginnen die Preise für den Espace, 38.450 Euro kostet der Benziner mindestens, für den Top-Diesel müssen 40.150 Euro angelegt werden. Doch die nach den deutschen Premiummarken schielenden Franzosen ziehen nun auch bei den Aufpreislisten nach, auch wenn versprochen wird, dass bei 46.000 Euro das Ende der Fahnenstange erreicht sein wird. Auch das hört sich nach einer einfachen Gleichung an, die allerdings erst noch bewiesen werden muss. Die Anlagen dafür bietet der Espace nach seinem Lazarus-Effekt.

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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