Ist eine Reichweite von 155 Kilometern für ein Elektroauto zu wenig? Kommt darauf an, wo und wie ich unterwegs sein will. Fahre ich vorwiegend in der Stadt, reicht das allemal. Entsprechend sind die beiden neuen Elektro-Stromer von Smart voll alltagstauglich.
Von Frank Mertens
Wer dieser Tage über die Elektromobilität spricht, hört die Einwände immer wieder: Die Autos sind zu teuer, die Ladeinfrastruktur unzureichend, die Reichweite zu gering. Natürlich weiß Smart-Chefin Annette Winkler um diese Einwände.
Doch irritieren tun sie sie nicht. Im Gegenteil. Winkler reagiert gelassen auf den Vorhalt, dass die Reichweite der beiden neuen Elektro-Smarts doch arg gering ausfällt. Während der Smart Fortwo eine Reichweite von 160 Kilometern aufweist, sind es beim Forfour 155 Kilometer. Wohlgemerkt nach dem Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ). Im Alltag liegt sie also darunter.
Durchschnittlich 40 Kilometer unterwegs
„Doch im Schnitt fahren unsere Kunden pro Tag nur 40 Kilometer“, sagt Winkler bei der Vorstellung der beiden neuen Stromer im französischen Toulouse. Zudem sei der Smart ein klassisches Stadtauto, deshalb sei seine Reichweite auch vollkommen ausreichend. Beim Vorgängermodell hätten immerhin 40 Prozent der Kunden es als Erstfahrzeug genutzt, berichtet Winkler und fügt hinzu, dass das Fahrzeug für die tägliche Mobilität locker ausreiche. Natürlich gebe es auch Wettbewerber, die Fahrzeuge mit Reichweiten von bis zu 400 Kilometern anbieten. Das dann aber zu Preisen weit über 30.000 Euro. Für den Smart Fortwo ruft die Daimler-Tochter 21.940 Euro auf, für den Viertürer sind es gerade einmal 660 Euro mehr.
Wer als Städter an sein persönliches Mobilitätsverhalten denkt, der wird zugegeben, dass ihm Reichweiten von real über 120 Kilometer mit einer Ladung ausreichen. Entsprechend kann man Winkler zustimmen, dass die beiden Elektro-Stromer von Smart voll alltagstauglich sind. Wer einwendet, dass man damit beispielsweise nicht mal schnell von Berlin nach Hamburg fahren kann – der hat recht. Doch dafür gibt es auch andere Fahrzeugkonzepte wie den E-Golf von VW oder demnächst den Opel Ampera-e. Doch der Smart steht für urbane Mobilität – und hier nimmt der Kleine eine Ausnahmestellung ein.
Nicht nur eine Frage des Geschmacks
Doch für welches Modell soll man sich entscheiden: Den Fortwo oder den Forfour oder doch gleich für das spaßorientiere Cabrio? Das ist zum einen Geschmackssache, aber auch eine Frage der persönlichen Bedürfnisse. Wer in der Stadt nur schnell und emissionsfrei von A nach B kommen und dabei die Vorteile eines Cityflitzers ausspielen will, der entscheidet sich für den nur 2,69 Meter langen Zweisitzer. Sein Wendekreis von 6,95 Metern ist unschlagbar und ermöglicht ein wieselflinkes Fahren durch den Stadtverkehr. Wer indes auf mehr Praktikabilität setzt und auch mal zu dritt oder viert unterwegs sein will, der ist mit dem von uns getesteten und 3,39 Meter langem Fourfor (Wendekreis 8,65 Meter) besser bedient. Wenngleich: Wirklich lange Strecken mag man den Passagieren auf der Rückbank auch nicht zumuten, dafür ist der Platz doch begrenzt. Die Technik, die in beiden Fahrzeugen steckt, ist identisch.
Im Heck werkelt ein 81 PS starker Elektromotor mit einem Drehmoment von 160 Nm, die, wie bei E-Autos üblich, sofort anliegen und so bei neben einem stehenden Sportwagenfahrer beim Ampelstart für verdutzte Blicke sorgen. Die Lithium-Ionen-Akkus von der Daimler-Tochter Deutsche Accumotive aus Kamenz stellen eine Kapazität von 17,7 kWh zur Verfügung. So unterwegs kann man in diesem E-Smart in 12,7 Sekunden auf Tempo sprinten. Bei 130 km/h wird elektronisch abgeregelt.
Doch wer seine Reichweite nicht vergeuden will, der wird in einem E-Auto ohnehin nicht den Sportler raushängen lassen, sondern eher ökologisch korrekt und damit stromsparend unterwegs sein. Das heißt im E-Smart nichts anderes, als dass man eher den Eco-Modus wählt. Er ist auf höchstmögliche Effizienz ausgelegt, indem die Höchstgeschwindigkeit begrenzt und die Fahrpedalkennlinie angepasst ist. Ebenso wird in diesem Fahrmodus die höchste Rekuperationsstufe erzeugt, also wieder Energie in die Batterien zurückgeleitet. So lässt sich bei entsprechender Fahrweise die Kapazität der Batterie schonen, wie ein Blick auf die Batterieanzeige in unserem Smart beweist. Im Realbetrieb sind wohl rund 100 bis 120 Kilometer möglich.
Small is beautiful
Wer einmal elektrisch gefahren ist, der wird das nicht mehr missen möchten. Und wer einmal in einer Stadt wie Toulouse mit seinen engen Gassen unterwegs war, der lernt die Vorzüge eines kleinen Autos wie des Smart schnell zu lernen: Small is beautiful. Hier entfaltet sowohl der Fortwo als auch der Forfour seine Stärken.
Und wie schaut es mit dem Aufladen aus? An der Haushaltssteckdose vergehen sechs Stunden, um die Batterien von 0 auf 80 Prozent wieder aufzuladen, an einer Wallbox sind es 3,5 Stunden. Ab Herbst des Jahres soll zudem ein 22 kW starker Schnelllader zur Verfügung stehen: mit ihm soll der Ladevorgang in 45 Minuten erledigt sein. Der Preis für den Schnelllader soll bei 700 Euro liegen. Mittels App lässt sich der Ladeprozess auch vom heimischen Wohnzimmer oder aus dem Büro steuern.
Am Ende der Testfahrten durch Toulouse hinterlässt der Smart Forfour Electric Drive auf jeden Fall einen positiven Eindruck und das Wissen, dass man mehr Auto und mehr Reichweite für die urbane Mobilität nicht braucht.