Er ist länger als der Fiat 500e – und bietet Platz für bis zu fünf Personen. Der 600e ist das zweite Elektroauto der Italiener – und bietet einen hohen Nutzwert.
Elektroautos haben es in diesen Wochen schwer. Nach dem abrupten Ende der Kaufprämie Mitte Dezember herrscht bei den Verbrauchern Verunsicherung vor, ob sie sich beim nächsten Neuwagenkauf wirklich für ein E-Auto entscheiden sollen. Die Preise sind (teils) noch zu hoch, die Reichweite vielen Autofahrern zu gering.
Das merkt auch Fiat. Die Italiener mussten in ihrem Werk in Miriafori gerade zum dritten Mal die Produktion des 500e wegen mangelnder Nachfrage stoppen. In Deutschland gehört der Kleine indes zu den erfolgreichsten Elektroautos. Im Vorjahr kam er auf 22.608 Neuzulassungen, das reichte für Platz vier in der Zulassungsstatistik. Doch so niedlich der 500e daher kommt, so bietet er halt nur begrenzten Platz. Dieses Hemmnis bei der Kaufentscheidung macht der neue Fiat 600e weg.
Mit einer Länge von 4,17 Metern ist der 600e gleich 54 Zentimeter länger als das kleinere Schwestermodell – und das merkt man sofort: das Raumgefühl passt und im Fond können zwei Personen mehr oder minder bequem sitzen. Drei Personen finden im 600e mit etwas Wohlwollen auch Platz, aber dann wird es im Fond doch recht heimelig. Fiat hat gut daran getan, es mit dem Längenwachstum nicht zu übertreiben, denn so bleibt der 600e nach wie vor ein ideales Stadtauto – und das Kofferraumvolumen von 360 Litern geht vollauf in Ordnung.
Geschaltet wird über Druckknöpfe
Schaut man sich den Innenraum an, dann kommt einem vieles bekannt vor, wenn man den zuvor schon einmal im Fiat 500 oder einem Jeep Avenger gesessen ist. Auch im Fiat 600e wird über Druckknöpfe an der Mittelkonsole geschaltet – hier lässt sich auch der B-Modus aktivieren, der das so genannte One-Pedal-Fahren ermöglicht. Etwas gewöhnungsbedürftig ist der Umstand, dass man für die Bedienung des Infotainmentsystems zuweilen den Home- und Fahrzeugknopf über den „Schaltknöpfen“ betätigen muss, um wieder ins Ursprungsmenü zu gelangen.
Die Bedienung des Infotainmentsystems mit dem 12,5 Zoll großen Display erfolgt mehr oder minder intuitiv über den Touchscreen, wo die unterschiedlichen Apps aufrufbar sind. Hierüber kann beispielsweise das Navigationssystem, das Telefon oder auch die Media-Funktion angesteuert werden.
Keine Einstellung für Ladekapazität
Etwas unverständlich ist, dass für den Ladevorgang keine Einstellung vorgehalten wird, wenn man das Fahrzeug beispielsweise nur bis 80 Prozent aufladen mag. So etwas sollte in modernen E-Autos Standard sein! Ebenso auch eine Vorkonditionierung der Batterie sollte eine Selbstverständlichkeit sein, ist sie im 600e aber leider nicht. Das macht den Ladevorgang an einem Schnelllader dann doch zeitintensiver als nötig. Das Smartphone lässt sich über Android Auto problemlos verbinden, auch AppleCarPlay wird unterstützt. Geladen werden kann es induktiv.
Unterwegs ist der Fiat 600e mit dem gleichen E-Antrieb, der auch im Avenger seine Arbeitet verrichtet: Die Batterie hat eine Kapazität von 54 kWh, der E-Motor leistet 156 PS und geladen werden kann einem Schnelllader mit bis 100 kW. An der heimischen Wallbox sind bis zu 11 kW möglich. Mit dieser Akku-Größe soll unter optimalem Bedingungen eine Reichweite von bis zu 409 Kilometer möglich sein. Bei unseren Testfahrten kamen wir bei unterschiedlichen Temperaturen im leistungsreduzierten Eco-Modus auf verschiedene Verbrauchswerte auf der gleichen Fahrtstrecke: So lag bei einer Temperatur von fünf Grad der Verbrauch im Schnitt beim 18,1 kWh, bei 14 Grad zeigte der Bordcomputer exakt 15 kWh/100 km an. Das liegt damit ziemlich genau im Bereich des angegebenen WLTP-Werts von 15,1 bis 15,2 kWh/100 km. Im Sommer dürfte sich dieser Wert noch um zwei kWh senken lassen.
Komfortables Fahrwerk
Und wie fährt der 600e: Anständig, recht anständig sogar. Das Fahrwerk ist komfortabel, schluckt Straßenunebenheiten recht gut weg, auch wenn man Querfugen im Innenraum wahrnimmt. Die Lenkung spricht direkt an und wer mag, der kann es im Sportmodus (dann stehen die vollen 156 PS zur Verfügung) auch mal etwas flotter angehen lassen, wenn er keinen Wert auf den Verbrauch legt. Bei flotteren Kurvenfahrten wünscht man sich indes ein etwas straffer abgestimmtes Fahrwerk. Wirklich fiel zu beanstanden gibt es am 600e aber nicht – vor allem dann nicht, wenn man in der von uns gefahrenen Topausstattung La Prima (ab 42.490 Euro) unterwegs ist.
Dann verfügt er über Komfortsitze mit Massagefunktion und auch der Beifahrersitz lässt sich in der Höhe verstellen. Die Sitze bieten auch bei schnellerer Kurvenfahrt ausreichend Seitenhalt. Wer nicht ganz so viel Geld ausgegeben mag und auf Features wie Navigation, Abstandstempomat, Totwinkelwarner oder Spurhalteassistent verzichten kann, der muss für den Fiat 600e mindestens 36.490 Euro bezahlen. Für diejenigen, die aus welchen Gründen auch immer nichts mit der reinen E-Mobilität anfangen können, bieten die Italiener auch eine Hybridvariante an.