Chrysler 300 M gegen Cadillac Seville STS: Der Unterschied liegt im Preis

Die US-Oberklasseautos Chrysler 300 M und Cadillac Seville STS sind komfortabel, aber verschwenderisch im Verbrauch. Der Chrysler setzt sich im Preis deutlich vom Cadillac ab.

Stefan Grundhoff und Stefan Zaumseil

Sie gehören zum Europäischsten, was die amerikanischen Autohersteller in der Oberklasse derzeit zu bieten haben. Chrysler 300 M und der Cadillac Seville STS sollen in Europa den Topmodellen von Audi, BMW, und Mercedes Konkurrenz machen. Grund genug, die beiden nordamerikanischen Luxuslimousinen einmal daraufhin zu testen, wer den deutschen Großlimousinen am ehesten Paroli bieten kann.

300 M ähnelt einem Coupé

Cadillac Seville STS.

Cadillac Seville und Chrysler 300 M fallen durch ihre üppigen Dimensionen auf. Mit einer Länge von jeweils fünf Metern fahren beide in Klassen von 7er BMW und Mercedes S-Klasse. Der 300 M scheint sich mit seinen fließenden Linien optisch geradezu an die Straße zu pressen. Seitenlinie und die breite Spur geben ihm einen sportlichen, fast coupéhaftes Aussehen.

Anders der Seville STS aus dem Hause GM. Er ist deutlich klobiger und weniger filigran als der Chrysler. Die kantige Front vergangener Zeiten wurde nur leicht abgeschliffen. Seitenlinie und das Heck präsentieren sich wesentlich lustloser als die ambitionierten Linien des Konkurrenten.

V8-Motor im Cadillac

In Sachen Antrieb gehen beide ihren eigenen Weg. Der Cadillac Seville STS wird von einem Northstar V8-Motor mit 4,6 Litern Hubraum und 224 KW/305 PS angetrieben. Damit ist er der stärkste Fronttriebler der Welt. Der mächtige Achtzylinder liegt in Leichtbauweise quer über die Antriebsachse. Er liefert ein Drehmoment von 400 Nm bei 4.400 U/min. Den Spurt 0 - 100 km/h erledigt er in knapp sieben Sekunden, die Spitzengeschwindigkeit liegt jenseits der 240er Marke.

Kleinerer Hubraum im Chrysler

Zurückhaltender präsentiert sich der Chrysler 300 M. Er verzichtet auf den bulligen V8 und wird von einem modernen V6-Motor mit 3,5 Litern Hubraum angetrieben. 185 KW/252 PS reichen allemal, um dem nur 1,7 Tonnen leichten Fronttriebler in Fahrt zu bringen. 0 - 100 km/h schafft er in etwas behäbigen neun Sekunden. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 230 km/h, das maximale Drehmoment liegt bei 340 Nm.

Werksangaben sind gelogen

Ein Blick auf die Testverbräuche zeigt: sparsam ist keiner von beiden. Der Chrysler 300 M verbrauchte im Praxistest durchschnittlich 14,2 Liter auf 100 Kilometer. Der Cadillac Seville STS genehmigte sich sogar 15,6 Liter Super. Ärgerlich, dass beide von ihren Werksangaben mit unverschämten 11,5 Litern (Chrysler) und 14,1 Litern (Cadillac) deutlich entfernt sind.

Beide Konkurrenten sind standesgemäß mit einer Vierstufenautomatik mit manueller Schaltebene ausgestattet. Die Getriebewertung geht an den Chrysler, dessen Schaltung besser auf das 252-PS-Triebwerk abgestimmt ist. Gleiches gilt für die Fahrwerksabstimmung. Der 300 M liegt satter als der Konkurrent auf der Straße. Die Federn und Dämpfer könnten trotz allen Komforts jedoch etwas straffer sein.

Antrieb über Vorderachse

Beide weisen aber das gleiche Manko auf. Trotz üppiger Motorleistungen werden sie über die Vorderachse angetrieben. Beim schnellen Beschleunigen geht eine daher eine Menge Kraft verloren.Dabei ist der STS nochmals deutlich komfortabler und weicher als der Chrysler ausgelegt. Bremsvorgänge und schnellen Kurvenfahrten quittiert er dabei mit störenden Nick- und Wankbewegungen.

Es sollte hier aber nicht vergessen werden: es handelt sich um amerikanische Oberklasse-Limousinen. Die Autos sind weit davon entfernt, Fahrmaschinen zu sein. Cruisen heißt das Motto.

Seville besser ausgestattet

Eine Oberklasselimousine definiert sich insbesondere über ihre Ausstattung. Hier siegt der Cadillac Seville STS über den Chrysler 300 M. Ein Unentschieden gibt es zunächst bei den Platzverhältnissen. In beiden Limousinen lässt es sich vortrefflich reisen - egal mit welcher Geschwindigkeit. Langer Radstand und eine üppige Serienausstattung erfreuen den Fahrer.

Die Frontsitze des Chrysler machen den etwas besseren, weil strafferen Eindruck. Etwas mehr Seitenhalt und Verstellmöglichkeiten dürften es jedoch durchaus sein. Im Fond sitzt man in STS dagegen besser. Die Materialien wirken hochwertig. Leder, Holz, Applikationen - kein Kitsch, sondern eine durchaus gelungene Erscheinung.

In Sachen Bedienkomfort zieht der 300 M gegen den STS jedoch deutlich den kürzeren. Hier lässt sich das Lenkrad nur in der Höhe verstellen, viele Schalter sind unglücklich platziert (Licht, Nebellampen, Traktionskontrolle) und unzureichend beleuchtet. Anders der Cadillac, dessen Bedienkomfort mit allen erdenklichen Features positiv überrascht.

Sicherheitsausstattung mangelhaft

Die Sicherheitsausstattung ist in beiden Modellen nicht auf europäischem Stand. Der Chrysler 300 M bietet allein Airbags für Fahrer und Beifahrer, dazu Windowbags, ABS und eine Schlupfregelung.

Der Seville kann ebenfalls nur ABS, Front- und Seitenairbags sowie eine Traktionskontrolle sind Rennen schicken. Keine Windowbags, kein ESP, kein Bremsassistent. Da zeigen andere deutlich mehr.

Besser sieht es erwartungsgemäß bei der Komfortausstattung aus. Beide Konkurrenten sind bereits ab Werk edel ausgestattet. Elektrische Ledersitze, Klimaautomatik, Alufelgen oder Soundsystem sind gerade bei US-Modellen obligatorisch.

Doch die Unterschiede zeigen sich auf den zweiten Blick: Der Cadillac Seville bietet zum Beispiel Xenon-Scheinwerfer, Sitzheizung auch hinten, elektronische Dämpferregelung oder Klimabedienung auch im Fond - für ein Auto der Luxusklasse nicht zu viel verlangt. Hier geht es beim Chrysler 300 M spartanischer zu. Immerhin bietet der serienmäßig noch ein Becker-Navigationsradio und ein Schiebedach. Der STS verlangt für elektrisches Schiebedach (1.230 Euro), Bildschirmnavigation (zu teure 2.990 Euro) und Holzpaket (540 Euro) nochmals einen Griff in die Geldbörse.

Heftiger Preis für den Seville

Interessanterweise trennen beide Fahrzeuge Welten, was den Preis betrifft. Ist Chryslers Nobel-Modell bereits für 39.700 Euro zu bekommen, verlangt GM für den Cadillac Seville STS 57.000 Euro. Mit Schiebedach und Navigation sogar über 61.000 Euro.

Der Gesamtsieg geht daher an den Chrysler 300 M, der sich gerade im Innenraum zwar die ein oder andere Schwäche leistet, aber letztlich doch mehr Auto fürs Geld bietet. Beide sind jedoch nur etwas für Individualisten. Technisch und in Sachen Werterhalt ist der Unterschied zur deutschen Konkurrenz mitunter noch gewaltig.

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