Der Audi A1 taugt nicht als Familienkutsche. Als sportliches Topmodell erfüllt der Kleinste aus Ingolstadt aber so ziemlich jeden Wunsch.
Von Sabine Stahl
Ein übermotorisierter, teurer Kleinwagen mit kleinem Kofferraum und zwei engen Fondsitzen? Was sich zuerst anhört wie ein weiterer überflüssiger Wurf der Automobilhersteller, entpuppt sich im Falle des Audi A1 1.4 TSI mit S Line-Sportpaket als ein echtes Liebhaberstück.
Nicht praktisch, aber schön
Als solches ist er zwar nicht immer praktisch, aber dafür umso schöner. Auch wenn das 25.120 Euro teure Topmodell des aktuell kleinsten Audi fast so viel kostet wie ein VW Scirocco 1.4 TSI, der ebenfalls mit Doppelkupplungsgetriebe daherkommt: All die PS-hungrigen Großstädter ohne Familienanschluss, für die der A1 wie geschaffen ist, werden den Kauf kaum bereuen.
Optisch ist der Kleine ein Audi wie er im Buche steht: Das gesamte Vorderteil des A1 entspricht dem oft kritisierten, aber von Fans der Marke geliebten "Audi-Einheits-Look" mit dem übergroßen Kühlergrill, dem Singleframe, und den schmalen LED-untermalen Scheinwerfern. Die Seitenansicht mit den teils farblich abgesetzten Dachholmen und dem weit nach hinten ausgestellten Blech-Popo ist Geschmackssache.
Kaum Platz im Fond
Das nach hinten abfallende Dach mag sportlich aussehen. Jedoch leidet das Kofferraumvolumen unter der schnittigen Karosserieform. In Zahlen ausgedrückt bedeutet dies: 270 Liter bei voller Bestuhlung. Werden die Rückenlehnen der beiden Einzelsitze im Fond flachgelegt, können 920 Liter an Bord genommen werden und hinter der beim Zuschlagen kraftfordernden Heckklappe verstaut werden. Außerdem bringt es zwei große Nachteile mit sich: einen winzigen Kofferraum und Fondinsassen mit verrenkten Hälsen.
Doch wer dies bemängelt, hat vermutlich den Sinn des Autos nicht verstanden. Denn beim kleinen Audi geht es nicht um Großeinkäufe für die Familie und schon gar nicht um die Befestigung von Isofix-Kindersitzen im Fond, auch wenn das theoretisch möglich ist. Der A1-Fahrer denkt in größeren Kategorien.
Power wie ein Großer
Aus gutem Grund: Wer sich hinter das Steuer des Ingolstädter platziert hat, vergisst rasch, dass er in einem Miniatur-Audi sitzt. Die Platzverhältnisse empfindet der Fahrer als großzügig nach allen Seiten. Die bequemen und wohl geformten Sitze haben seinen Oberkörper fest im Griff. Das Armaturenbrett ist sehr übersichtlich, auch wenn die hervorstehenden Drehregler der Mittelkonsole nicht jedermanns Geschmack treffen dürften. Der Griff zum Gurt an der B-Säule ist durch die langen Fronttüren des Dreitürers für kleine und weit vorn sitzende Fahrer sehr umständlich. Er erfordert daher einen drehfreudigen Oberkörper. Auch beim Aussteigen in engen Parklücken machen die langen Türen nicht gerade eine gute Figur. Vielmehr fordern sie diese von demjenigen, der sich beim Aussteigen durch die schmalen Öffnungen zwängen muss.
Etwas mehr Engagement wünscht man sich an kalten Tagen von der Sitzheizung. Das zweistufige System braucht recht lange, um auf Betriebstemperatur zu kommen und könnte dem Fahrer ruhig etwas mehr Feuer unterm Hintern machen. Echtes Feuer entfacht der Ingolstädter dagegen, wenn der rechte Fuß das Gaspedal ertastet hat und sanften Druck ausübt. Dann entwickelt das A1-Topmodell mit seinen 136 kW/185 PS so viel Power wie ein Großer, muss dabei aber nur die Masse eines Kleinwagens bewegen.
Zwei Fahr-Modi
Besonders flink gibt sich der Kleine, sofern man den Hebel des Siebengang-DSG-Getriebes auf "S" schiebt. Und bleibt der Gasfuß gestreckt, sind der Dynamik kaum Grenzen gesetzt. Denn das Getriebe dreht den Motor auf der Autobahn gnadenlos auf die 5000 U/min. Erst dann darf der nächste Gang seine Arbeit verrichten. In der Stadt überlässt die eine Kupplung der anderen auch schon mal bei 4000 U/min die Arbeit.
Wer nun fürchtet, dass dies bei der sonntagmorgendlichen Brötchen-Hol-Fahrt in der verschlafenen Vorstadt für allzu viel Aufsehen sorgt, hat den Modus "D" noch nicht entdeckt. Denn damit zeigt der Mini-Audi, dass er auch anders kann: Das Gänglein-Wechsle-Dich-Spiel beginnt nun bereits ab 1800 U/min. Der A1 rollt dann leise und sparsam über die noch menschenleeren Straßen. Beim Ampelstopp schweigt der Fronttriebler in beiden Fahr-Modi gänzlich. Denn dann wird die Start-Stopp-Automatik aktiv, die dem Motor sehr sanft den Kraftstoffhahn abdreht. Soll es weitergehen, darf man es allerdings nicht allzu eilig haben, denn ein flotter Wechsel von Stillstand zum Fahrbetrieb überfordert das System. Es kommt zu kurzen, aber spürbaren Verzögerungen.
Straff abgestimmtes Fahrwerk
Bei der Fahrt über Land kommen die Vorteile des leistungsstarken und kompakten Audi-Zwerg voll zur Geltung. Der kurze Radstand und die super direkte Lenkung lassen den Kleinen um jede Kurve wedeln, als wäre er bei Ski-Legende Rosi Mittermaier in die Lehre gegangen. Der per Turbo aufgeladene 1,4-Liter-Vierzylinder hängt am Gas wie das Kalb am mütterlichen Euter und scheint die von der Automatik vorgegebenen hohen Drehzahlen regelrecht zu genießen. Das Fahrwerk ist straff abgestimmt, was gut zum sportlichen Image des Ingolstädter Juniors passt und nur ganz selten zu unsanften Stößen in den Rücken des Fahrers führt. Die Bremsen sind feinfühlig und reagieren schnell, sollte es dann doch einmal zu schnell gehen.
Die Gier des Direkteinspritzers nach hohen Drehzahlen und die des Fahrers nach erneuter Beschleunigung führen zwangsläufig zu vermehrten Stopps beim Tankwart. Je nach Streckenprofil genehmigte sich der Testwagen zwischen 7,7 und 8,5 Litern. Der Hersteller gibt 5,9 Liter an. Den Spurt auf Tempo 100 absolviert der geschwindigkeitsgeile Kleinwagen in 6,9 Sekunden, Schluss mit lustig ist erst bei 227 km/h.
Teures Fortbewegungsmittel
Die Ausstattung ist üppig, wie man für diesen Preis auch zurecht erwarten darf, und umfasst neben dem Üblichen wie Klimaanlage und CD-Radio unter anderem einen Spoiler, Alu-Optik im Innenraum, ein Sportlederlenkrad sowie ein auf Hochglanz poliertes doppeltes Auspuffrohr.
Fazit: Der Audi A1 ist in seiner Top-Ausführung unumstritten ein äußerst teures Fortbewegungsmittel, das ohnehin nur selten die Stadtgrenzen verlassen wird. Aber mal ehrlich: Kann man sein Geld besser in Stahl anlegen als bei diesem schicken Flitzer von Kleinwagen? (mid)