DS 7: Unterwegs mit Iris und ChatGPT

DS 7: Unterwegs mit Iris und ChatGPT
DS erprobt in seinen Modellen ChatGPT. © DS

Mercedes erprobt in den USA bereits ChatGPT. In Europa setzt der französische Hersteller DS auf künstliche Intelligenz.

Kurz vor dem Abzweig nach Epernay, da wird Iris so lyrisch, als ob sie schon ein paar Gläser Champagner intus hätte. Die Frage des Menschen an den digitalen Assistenten über eine Taste am Lenkrad war jedenfalls eher nüchtern: „Was sind die fünf Dinge, die man unbedingt über das wichtigste Getränk der Region wissen muss, durch die wir gerade fahren?“

Da säuselt Iris zur Antwort: „Champagner, das goldene Elixier der Feierlichkeiten, birgt fünf Schlüsselaspekte. Herkunft: exklusiv aus der Champagne-Region in Frankreich; Rebsorten: Hauptakteure sind Chardonnay, Pinot Noir und Pinot Meunier; Stile: von Brut bis Demi-Sec; Perlen: feine Mousse, entstanden durch die zweite Gärung; Genuss: ideale Serviertemperatur zwischen acht und zehn Grad Celsius. Jede Flasche ist ein Kunstwerk, von der Herstellung bis zum Genuss. Prost auf prickelnde Eleganz!“

Neben DS 7 auch für andere Baureihen

Voilà. Bonjour bei ChatGPT – und hinter dem Lenkrad eines DS 7. Die Limousine der Stellantis-Edelmarke ist das erste Auto, das in Europa mit der neuen Sprach-Auskunft auf Basis Künstlicher Intelligenz bestückt ist. ChatGPT ist in Kombination mit dem hauseigenen Iris-System auch für die Baureihen DS 3, DS 4 und DS 9 verfügbar.

Am heimischen Computer oder auf dem Smartphone haben sich ja schon Millionen Menschen hierzulande in der Konversation mit dem Assistenten versucht: Gedichte im Stil japanischer Haikus, Quizfragen wie bei „Wer wird Millionär?“, eine Zusammenfassung der Ursachen des Nahost-Konflikts, die aktuelle Haushaltskrise als Kinderlied, Übersetzungen aus dem Ungarischen oder aus Urdu … ChatGPT und andere KI-Chatbots liefern in Sekunden Ergebnisse, überzeugend und natürlich vorgetragen. Schwer beeindruckend, selbst, wenn die Ergebnisse laut Anbietern noch im Versuchsstadium und ohne Gewähr sind.

Entspannt über die Autobahn

So ein Alleswisser sollte doch auch in voller Fahrt von Nutzen sein? Eine Reise ins kulinarische Eldorado der Champagne ist dafür nicht der schlechteste Test. Die ersten 150 Kilometer von Frankfurt an die französische Grenze führen denn auch zu Wohlgefallen: Tempomat und Spurhalteassistent machen die Autobahnfahrt relaxed, das Programm „Katzenpfoten“ aus dem Massagesitz-Angebot sorgt für Tiefenentspannung. Und Plauderlaune: Auf das Kommando „OK Iris“ oder über die Lenkradtaste öffnet sich ein dezentes Fenster mit Kristall-Logo im zentralen Touchscreen – und die Unterhaltung kann losgehen.

Fühlen wir der KI doch gleich mal auf den Zahn: „Was sind die Vorteile von ChatGPT bei einer Autofahrt?“ Da legt Iris gleich beschwingt los: „Wenn Langeweile am Steuer droht, sorge ich für unterhaltsame Ablenkung. Stelle Fragen zu Deinen Hobbys, und es gibt originelle Anregungen und Tipps. Auch politische Diskussionen oder Gespräche über gesellschaftliche Themen können die Fahrt angenehm gestalten.“ Bei Ausflugstipps in Lothringen, zur Geschichte des Bergbaus dort oder zu den Feinheiten gotischer Architektur ist der Chatbot sichtlich in seinem Element. Sogar die wichtigsten Unterschiede der Verkehrsregeln beider Länder erläutert die charmante Dame aus der Tiefe der Mittelkonsole.

Iris schwadroniert weitschweifig

Aber was hält Iris vom Tempolimit 130 auf Frankreichs Autobahnen? Solche Anschlussfragen sind ja eigentlich genau wie Widerspruch oder Präzisierungen erwünscht – klare Antworten kommen dagegen bei allem Strittigen eher nicht: Iris schwadroniert weitschweifig über „eine kontroverse Debatte“, das Für und Wider und „eine Abwägung zwischen Sicherheit, Umweltaspekten und individueller Freiheit. Der Meinungsaustausch mit dem konfliktscheuen Chatbot ist unmöglich.

Informationen wie die zu den Top Five des Champagners dagegen machen Iris zur echten Mehrwert-Ausstattung. Beim Besuch des ruhmreichen Champagner-Hauses Laurent-Perrier zeigt sich nämlich, dass die KI korrekt informiert hat. Sogar mit der „prickelnden Eleganz“ hat die digitale Reisebegleiterin nicht übertrieben. Geradezu besessen tüfteln die Chardonnay-Experten am perfekten, ultratrockenen Geschmack – und haben sich unter den 15.000 Champagner-Marken in die absolute Spitzengruppe gearbeitet. Prost, Iris! Aber die Reisebegleiterin muss natürlich draußen bleiben im neblig-kalten Tours-sur-Marne. Virtueller Schaumwein ist schon eine traurige Sache.

Maulfaule Assistentin

Und überhaupt ist Iris bei der Weiterfahrt durchs hügelige Landleben nicht in Champagnerlaune – eher maulfaul. Das liegt am mäßigen Mobilfunknetz fernab der Schnellstraßen. Für flotte Sprüche, geistreiche Gedichte oder witzige Anmerkungen braucht der Chatbot nämlich mindestens 4G-Geschwindigkeit statt der dortigen 2G. Sonst kann die Software dahinter nämlich nicht drahtlos die 175 Milliarden möglicher Kombinationen des Sprachlernprogramms anzapfen, um die bestmögliche Antwort auszuknobeln – und Iris bleibt stumm.

Aber Champagner und Sterne-gekröntes Essen schmecken ja glücklicherweise auch ohne KI-Begleitung. Der DS 7 ist ohnedies auch eine höchst bequeme Limousine für all jene, die den Chatbot vorerst nicht ins Infotainment-System aufspielen lassen. Die bordeigene Spracherkennung wird mit der Integration von ChatGPT sowieso nur ergänzt, aber nicht ersetzt. Ohne KI funktionieren Sprachbedienung, Radio, Navi, Android Auto oder Apple Carplay eben wie in anderen Autos auch.

Mercedes in USA mit KI unterwegs

Es ist ja auch erst ein Anfang, was sich mit der erst knapp zwölf Monate marktreifen Technologie alles machen lässt. Auch Konkurrent Mercedes sieht das so – und lässt in den technikaffinen USA derzeit die ersten Kundinnen und Kunden einen ähnlichen Chatbot ausprobieren. Die IT-Riesen Apple und Google arbeiten zudem an eigenen Gesprächspartnern auf Basis ihrer Auto-Apps.

Bald soll zusätzlich die komplette Vernetzung mit dem Wissen des Internets in Echtzeit und mit natürlichen Dialogen an Bord kommen. „Gib mir eine Vorschau auf die Begegnungen des heutigen Bundesliga-Spieltages.“ Das ist dann kein Problem mehr, wenn die Datenverbindung mitmacht.

Wissen anno 2021

Bei DS arbeitet bisher allerdings wegen der Grenzen des Datenverkehrs nur die Version 3.5 des Programms – und die hat noch keine solche Anbindung. Das macht sich auf der Rückfahrt nach Frankfurt bemerkbar. Die sündhaft teuren Gläschen vom Grand Siècle Itération Nummer 26 haben offenbar Appetit auf noch mehr savoir vivre gemacht.

OK, Iris: Wir kommen gleich nach Saarbrücken; wo kann ich dort in einem Restaurant mit Sterne-Küche essen? „In Saarbrücken gibt es aktuell keine Restaurants mit Michelin-Sternen“, ist Iris überzeugt. Und liegt falsch. Denn ihr gespeichertes Basiswissen hört 2021 auf. Das „Esplanade“ aber hat seine zwei Sterne erst danach erkocht. Gut, dass mit Otto Koch ein Spitzenküchenchef den Ausflug begleitet. Der weiß, wo es erlesen schmeckt. Immerhin kennt Iris den Weg. Denn Chatbot und Navi arbeiten technisch nahtlos zusammen.

Kosten nach Testphase ungewiss

Dem DS-Fahrer Koch übrigens mundet die Begegnung mit dem Chatbot sehr. Der Münchner wird wohl zu den Teilnehmern der sechsmonatigen Pilotphase gehören, in denen er die KI-Reisebegleiterin kostenlos testen kann. „Ich kann mich eben für alles Neue begeistern“, sagt der Koch.

Allzu lang sollte er mit der Anmeldung allerdings nicht warten. Denn das Angebot gilt nur bis 29.Februar und für die ersten 20.000 Anträge der DS-Kundschaft aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Spanien und Italien. Wie und für wie viel Geld es nach der Testphase weitergeht? „Darauf weiß ich leider keine Antwort“, sagt Iris. Auch da wird sie wohl dazulernen müssen. (SP-X)

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