In Berlin wird es ab dem kommenden Jahr auf mehreren Straßen Diesel-Fahrverbote geben. Das hat das Verwaltungsgericht der Hauptstadt am Dienstag entschieden.
Die Richter verpflichteten die Senatsverwaltung für Verkehr, bis zum 31. März 2019 einen verschärften Luftreinhalteplan mit den entsprechenden Vorschriften zu erlassen. Die Fahrverbote für mindestens elf Straßenabschnitte müssen laut der Entscheidung dann spätestens Ende Juni 2019 verwirklicht werden.
Mit der Sperrung von elf besonders belasteten Abschnitten großer Straßen soll erreicht werden, dass der Grenzwert für den Schadstoff Stickstoffdioxid eingehalten wird. Dieselautos sind ein Hauptverursacher für schlechte Luft in Städten. Die vom Gericht verfügten Fahrverbote betreffen Diesel-Pkw und Diesel-Lkw.
Leipziger Straße und Friedrichstraße betroffen
Darunter sind Teile der wichtigen Leipziger Straße und der Friedrichstraße im Zentrum Berlins. Für weitere Abschnitte mit einer Gesamtlänge von weiteren 15 Kilometern muss das Land Berlin außerdem Fahrverbote prüfen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. «Zwingend notwendige Maßnahmen» dürften nicht mit der Begründung hinausgezögert werden, dass die Ergebnisse weiterer Untersuchungen abgewartet werden sollen, argumentierte der Vorsitzende Richter. Der Berliner Senat hatte bereits Maßnahmen für bessere Luft auf den Weg gebracht, zum Beispiel Tempo-30-Zonen.
Richter Ulrich Marticke sagte zugleich, ein Diesel-Fahrverbot für die gesamte Umweltzone, die große Teile der Innenstadt umfasst, sei allerdings nicht zwingend erforderlich. Denn an vielen Orten in der Umweltzone würden die Grenzwerte eingehalten.
Klage durch DUH
Geklagt hatte wie in vielen anderen deutschen Städten die Deutsche Umwelthilfe, die ursprünglich ein Diesel-Fahrverbot in der Berliner Umweltzone durchsetzen wollte. Nur mit einem Verbot in einer Zone ließen sich Ausweichverkehre auf andere Straßen vermeiden, in denen dann die Belastung steige.
„Wir begrüßen die klare und unmissverständliche Entscheidung zur Notwendigkeit von Diesel-Fahrverboten in der Bundeshauptstadt. Das Gericht hat zudem eindeutig die sogenannte ‚Diesel-Entscheidung‘ der Bundesregierung als wirkungslos kritisiert“, kommentierte der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, Jürgen Resch, das Urteil. Nach der Auffassung von Resch müsste Bundeskanzlerin Angela Merkel nun „unter Einbeziehung aller 115 unter NO2-Grenzwertüberschreitungen leidenden Städte und Gemeinden endlich eine verpflichtende Hardware-Nachrüstung für alle Euro 5 und Euro 6a-c Diesel-Pkw beschließen“, fügte Resch hinzu.
Die Frage ist nun, ob die Entscheidung den Kurs der Bundesregierung in der Dieselkrise verändert. Die große Koalition hatte sich nach langem Ringen auf neue Maßnahmen geeinigt, um Fahrverbote zu verhindern. Neue Kaufanreize sowie technische Nachrüstungen zielen auf 14 besonders belastete Städte wie München und Stuttgart. Vor allem bei den Nachrüstungen sind aber noch viele Fragen offen.
Greenpeace: Schallende Ohrfeige für Scheuer und Schulz
„Dieses Urteil ist eine schallende Ohrfeige für Verkehrsminister Scheuer und Umweltministerin Schulze. Ihr Diesel-Kompromiss hatte nicht mal eine Woche bestand. Auch im Jahr vier nach Bekanntwerden des Dieselskandals ist die Bundesregierung nicht gewillt, das Problem zu lösen. Solange die Autoindustrie nicht dazu gezwungen wird, Hardware-Nachrüstungen für alle schmutzigen Diesel in allen Städten anzubieten, bleiben Fahrverbote die einzig wirksame Maßnahme. Nur so lässt sich die Gesundheit der Menschen schützen“, sagte Greenpeace-Verkehrsexperte Benjamin Stephan.
Wie Stephan hinzufügte, würde dieses Urteil „für Berlin und alle anderen Städte mit Luftproblemen“ erneut deutlich machen, „dass die Verkehrswende überfällig ist. Diesel und Benziner haben keinen Platz in modernen Innenstädten. Nur wenn Städte ihr Radwegenetz konsequent ausbauen und das Angebot an Bussen und Bahnen deutlich erweitern, kommen Menschen künftig sicher und sauber durch die Stadt“, fügte Stephan hinzu.
Auch die Opposition griff die Koalition aus Union und SPD an. „Die Bundesregierung hat nicht getan, was notwendig wäre“, sagte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. Verkehrsminister Scheuer trage die Verantwortung für die Fahrverbote, der Diesel-Kompromiss sei „ein weiterer Flickenteppich“. Man brauche verbindliche Hardware-Nachrüstungen an Motoren. Die Verkehrsexpertin der Linken, Ingrid Remmers, forderte: „Die Zeit der freundlichen Appelle an die Autoindustrie muss ein Ende haben.“ (FM/dpa)