Der Mercedes 190 SL war kurz nach seinem Marktstart auch bei Hollywood-Stars beliebt. Seine Beliebtheit hat er bis in unsere Tage erhalten.
Der amerikanische Mercedes-Benz-Importeur Maximilian E. Hoffman wusste, wie er die Herzen der Amerikaner für deutsche Pulsbeschleuniger entflammen konnte: Auf der International Motor Sports Show in New York enthüllte er am 6. Februar 1954 den furios-schnellen Gullwing-Mercedes 300 SL, vor allem aber den nicht minder aufregend gezeichneten offenen Zweisitzer Mercedes 190 SL.
Den Impuls zur Entwicklung dieses komfortbetont ausgelegten Vierzylinder-Roadsters hatte Hoffman bei einer Reise nach Stuttgart gesetzt. Dort hatte er dem Daimler-Benz-Vorstand dargelegt, warum ein handlicher Roadster von New York bis Hollywood für Furore sorgen würde – und so der Marke mit dem Stern viele harte Dollars versprach.
Beliebt auch bei Zsa Zsa Gabor
Tatsächlich gönnten sich sofort viele US-Promis von Zsa Zsa Gabor über Cary Grant, Alfred Hitchcock, Grace Kelly bis Frank Sinatra den Benz mit den Buchstaben „S“ für „Super und „L“ für „Leicht“. Auch in Europa zeigten sich Schöne und Reiche am Lenkrad eines 190 SL, darunter Ski-Ass Toni Sailer, „Sissi“-Darstellerin Romy Schneider, Skandal-Schriftstellerin Francoise Sagan – und Rosemarie Nitribitt, die in ihrem schwarzen Roadster mit roten Sitzen Männerbekanntschaften suchte, bis sie Opfer in einem Kriminalfall wurde.
Selten gibt es Autos, die sowohl Technik- wie auch Gesellschaftsgeschichte schreiben. Während der Flügeltüren-Typ 300 SL (W198) den Urahnen einer Galerie von in Serie gebauten Vmax-Boliden verkörpert, die bis zum aktuellen AMG-SL reicht, adaptierte der von Karl Wilfert und Walter Häcker designte, nur 4,29 Meter lange 190 SL die Linien seines großen Gullwing-Bruders so erfolgreich, dass er zum Inbegriff des eleganten und lebensfrohen Traumwagens der Swinging Fifties aufstieg. Glamour vor dem Grand Hotel und Gran-Turismo-Talente dank zuverlässiger Mercedes-Großserientechnik, mit dieser Kombination gewann der 190 SL auch die Herzen der Damen der besserverdienenden Gesellschaft von Hollywood bis Frankfurt treffsicherer als es kapriziöse Engländer oder Italiener vermochten.
Neues Frauenbild geschaffen
Der Mercedes 190 SL brach sogar mit dem Doris-Day-Frauenbild der 1950er, nach dem die Damen in Luxusautos grundsätzlich auf dem Beifahrersitz Platz nahmen und sich in Werbeanzeigen über Accessoires wie den Schminkspiegel freuten, aber allenfalls in Kleinwagen selbst hinter dem Steuer zu finden waren.
Den 105 PS starken und 170 km/h schnellen Reisewagen Mercedes 190 SL bewegten deshalb in den Kino-Blockbustern jener Jahre wie „Unter Palmen am blauen Meer“, „Schön ist die Welt“ oder im Remake des Klassikers „Die Drei von der Tankstelle“ nicht nur Männer.
Preis begann bei 16.500 Euro
Die Preisliste für den SL startete bei stolzen 16.500 Mark, für das abnehmbare Coupédach berechnete Mercedes nochmals 1.150 Mark extra. Ein Porsche 356 Cabrio war billiger, und ein Mercedes 180 „Ponton“ kostete sogar nur die Hälfte, obwohl der 190 SL mit den „Ponton“-Baureihen W120/W121 technisch verwandt war. So stammten die verkürzte Bodengruppe, die Vorderradaufhängung und das Fahrschemelkonzept von der Limousine. Wie der Gullwing-SL zeigte auch der 190 SL einen großen Zentralstern mit verchromter Querlamelle im Kühlergrill, bis heute das typische SL-Gesicht und ein Prestigesymbol, das die High Society von Fifth Avenue bis Hollywood Boulevard von Beginn an liebte.
Die Relevanz des Mercedes 190 SL für die Oldtimerszene erläutert Martin Heinze von der Bewertungsorganisation Classic Analytics: „Schon seit den siebziger Jahren gehört der elegante 190 SL zu den beliebtesten Oldtimern Deutschlands – auch wenn er mit seinem braven Vierzylindermotor nie wirklich ein Sportwagen war. Nach einem Preishoch vor einigen Jahren haben sich die Preise für gute Exemplare bei etwa 107.000 Euro eingependelt.“ (SP-X)