Stromautobahn: Suche nach den Elektro-Lastern

Stromautobahn: Suche nach den Elektro-Lastern
Ein Oberleitungs-Lkw von Scania. © Scania

Auf der A5 in Südhessen gibt es ein Testfeld für Strom-Lkws. Doch auf der Stromautobahn ist so gut wie kein Elektro-Laster zu sehen.

Manch ein Autofahrer steht auf der Autobahn 5 in Südhessen sicher vor einem Rätsel. Skurril muten auf den ersten Blick auf den äußeren Fahrbahnen Oberleitungen wie im Schienenverkehr an. Die Erklärung ist wenig skurril: Hybrid-Lastwagen mit Stromabnehmern sollen hier Energie tanken, um anschließend umweltschonender ihre Güter zum Ziel zu bringen. Drei Monate nach dem Start des offiziellen Feldversuchs ist jedoch nur selten ein solcher Lastwagen zu sehen.

Bislang ist nach Angaben der projektleitenden Verkehrsbehörde Hessen Mobil erst ein Hybridlaster mit Stromabnehmer unterwegs. Ein bis zwei Mal am Tag sei das Fahrzeug auf der Strecke, sagt Sprecherin Frauke Werner und kündigt an: „Im Herbst soll der zweite Lkw kommen.“ Für Anfang kommenden Jahres sei dann der dritte geplant.

Scania kündigt Testfahrzeuge an

Bis 2022 sollen sich insgesamt fünf dieser vom Nutzfahrzeughersteller Scania entwickelten Fahrzeuge von fünf verschiedenen Speditionen an diesem Test beteiligen. „Valide Daten und Erkenntnisse gibt es noch nicht“, sagt Werner. Das Projekt sei auf vier Jahre angelegt, nach drei Monaten könne man da noch Nichts bilanzieren. „Das ist ein Pilotprojekt, das auf der Straße stattfindet und nicht im Labor.“ Zudem sei der Lastwagen auch routinemäßig mal in der Werkstatt gewesen. Mit einer ersten Zwischenauswertung sei möglicherweise Mitte kommenden Jahres zu rechnen.

„Der Fahrer ist total zufrieden“, sagt die Geschäftsführerin der Spedition Schanz, Kerstin Seibert, über die Erfahrungen des Truckers auf der Stromautobahn. Vor allem sei er begeistert, dass es so leise ist mit dem E-Antrieb. „Der Weg ist der richtige“, ist sie überzeugt. Das Unternehmen aus Ober-Ramstadt bekam für den Test den ersten Lastwagen.

Der Startschuss für den ersten deutschen E-Highway fiel Anfang Mai auf der vielbefahrenen A 5 zwischen Langen und Weiterstadt. Bei dem Pilotprojekt wird geprüft, ob die Oberleitungstechnik für Deutschland tauglich ist und ob so klima- und lärmschonend Güter auf der Straße transportiert werden können. In Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein soll es weitere Feldversuche geben. Für die drei Tests baut die VW-Tochter Scania insgesamt 15 der Hybridlaster.

An Stromtrasse andocken

Das Prinzip ist einfach: Kommt ein Lkw mit einem Stromabnehmer in den Bereich der Trasse, dockt er an. Mit dem Stromtanken bei Fahrt sollen die Batterien aufgeladen werden. Dann kann der Lastwagen erstmal im E-Betrieb weiterfahren. Sind die Akkus leer, übernimmt der Hybridmotor mit Diesel wieder den Antrieb.

Mit dem Projekt Elisa – das ist die Kurzform für elektrifizierter, innovativer Schwerverkehr auf Autobahnen – sollen nun alle Daten gesammelt werden, die für einen späteren Ausbau des Systems in Deutschland relevant sein könnten. Die Macher sehen es keinesfalls als eine Konkurrenz zum Güterverkehr auf der Schiene.

Untersucht werden sollen Hessen Mobil zufolge Auswirkungen auf den Verkehr, ökologische und ökonomische Aspekte oder auch der Mehraufwand für die Straßenmeistereien. Auch die Frage, wer später den abgezapften Strom zahlt, ist noch unklar.

Geld vom Umweltministerium

Das Bundesumweltministerium hat die fünf Kilometer lange Stromautobahn zwischen Langen und Weiterstadt mit knapp 14,6 Millionen Euro finanziert. Weitere rund 15 Millionen Euro sollen dann in Datensammlungen und Auswertungen fließen. Sollte sich das System als tauglich erweisen, müssten nicht alle Autobahnen voll elektrifiziert werden. Schätzungen des Ministeriums zufolge wären in Deutschland rund 1000 Kilometer betroffen. Die Kosten: rund eine Million Euro pro Kilometer.

Scania-Konkurrent Daimler setzt statt auf die Oberleitungstechnik auf rein batteriebetriebene Fahrzeuge. Das Unternehmen arbeite an Zukunftslösungen, die weltweit eine hohe Wahrscheinlichkeit auf Umsetzung haben, heißt es auf der Homepage des Autobauers. „Diese sieht das Unternehmen im Augenblick bei der Oberleitung aufgrund ihrer hohen Infrastrukturkosten nicht – auch angesichts der rapiden Entwicklung der Batterie- und Brennstoffzellentechnologie.“ Allerdings will Daimler auf der geplanten Oberleitungsstrecke in Baden-Württemberg einen Direktvergleich zwischen seinen E-Lastern und den Hybrid-Oberleitungs-Fahrzeugen machen. (dpa)

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Frank Mertens
Nach dem Studium hat er in einer Nachrichtenagentur volontiert. Danach war er Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche.

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