Die Koalition hat sich im Streit beim Verbrenner-Aus geeinigt. Ab 2035 soll es auch E-Fuels geben. Damit hat sich die FDP erneut durchgesetzt.
Autos sollen demzufolge auch nach 2035 mit Verbrenner zugelassen werden können, wenn sie klimafreundliche synthethische Kraftstoffe (E-Fuels) nutzen. Zuvor hatte die Ampel-Koalition widersprüchliche Signale gesendet. Damit der deutsche Vorschlag durchkommt, muss eine qualifizierte Mehrheit der EU-Minister in ihm zustimmen.
Wie ein Regierungssprecher am Dienstag mitteilte, unterstützt die Bundesregierung einen Vorschlag im EU-Rat zu den Flottengrenzwerten als „Beitrag auf dem Weg zu einer klimaneutralen Mobilität“. Dieser kommt dem Verbrennerverbot gleich.
E-Fuels als Ausnahme
Die EU-Kommission habe zugleich zugesagt, außerhalb des Systems der sogenannten CO2-Flottengrenzwerte einen Vorschlag zu unterbreiten, wie nach 2035 Fahrzeuge zugelassen werden könnten, die dann „exklusiv“ mit E-Fuels) betrieben werden. Das beziehe sich nach dem gemeinsamen Verständnis der Bundesregierung auch auf Pkw und leichte Nutzfahrzeuge. In FDP-Kreisen hieß es, diese Position sei mit der FDP abgestimmt.
Zuvor war unklar, ob Deutschland dem Aus für neue Verbrenner-Autos zustimmt – oder sich enthält. Das Thema hatte für heftigen Streit in der Bundesregierung gesorgt, die FDP hatte große Bedenken. Sie hatte darauf gepocht, dass nach 2035 auch Verbrenner-Autos zugelassen werden können, die mit E-Fuels fahren. Bundesumweltministerin Steffi Lemke sprach hingegen im ZDF-„Morgenmagazin“ nur von Ausnahmen für Verbrennungsmotoren außerhalb des Pkw-Bereichs, wenn sie klimafreundliche Kraftstoffe einsetzen. Als Beispiele nannte sie Feuerwehrautos sowie den Schiffs- oder Luftverkehr. Die FDP scheint sich nun durchgesetzt zu haben.
Das System der sogenannten CO2-Flottengrenzwerte schreibt vor, wie viel CO2 neue Pkw und leichte Nutzfahrzeuge ausstoßen dürfen. Vorschlag ist, die Emissionen bis 2035 auf null zu reduzieren. Bereits zugelassene Fahrzeuge wären von einem solchen De-facto-Verbot von Verbrennern 2035 nicht betroffen.
Beratungen in Luxemburg
Nun müssen sich aber noch die für Umwelt zuständigen EU-Minister einigen. Sie berieten am Dienstag in Luxemburg. Es wurde mit langen Beratungen bis in die Nacht gerechnet. Auch Länder wie Italien, Portugal, Bulgarien, Rumänien und die Slowakei haben sich gegen das De-facto-Verbot von Verbrennungsmotoren ausgesprochen und etwa eine Verlängerung bis 2040 gefordert. Ob sie den deutschen Kompromiss unterstützen, war noch offen.
Hintergrund des deutschen Vorschlags ist, dass Autos und Transporter mit alternativen Kraftstoffen klimaneutral betrieben werden sollen. Kritiker merken jedoch an, dass es schon zu wenig dieser „grünen“ Kraftstoffe für Luft- und Schifffahrt gebe, die weniger leicht als Autos oder Transporter elektrisch betrieben werden könnten. Zudem sei es energieintensiver, Autos mit E-Fuels zu betreiben, als diese direkt elektrisch anzutreiben. „Für Pkw ist die Technologiefrage längst entschieden – und zwar für Elektromobilität“, sagte der Direktor von Agora Verkehrswende, Christian Hochfeld, der „Rheinischen Post“.
VW wäre vorbereitet
Die Reaktion der Autoindustrie auf das mögliche Verbot ist gemischt. „Es kann kommen – wir sind am besten vorbereitet“, sagte Volkswagen -Chef Herbert Diess. Er verwies auf die bereits angebotenen und noch geplanten Elektromodelle sowie die Strategien für eine eigene Batteriezellfertigung und mehr eigene Software.
BMW-Vorstandschef Oliver Zipse hält das Verbot hingegen für falsch. „In der heutigen Zeit alles auf eine Karte zu setzen, ist ein industriepolitischer Fehler“, sagte Zipse. Der Verband der Automobilindustrie erklärte, eine flächendeckende europaweite Ladeinfrastruktur sei eine zwingende Voraussetzung; dies sei in Deutschland noch nicht der Fall. Neben einem De-facto-Verbot für neue Autos und Transporter mit Verbrennungsmotor ab 2035 versuchten die EU-Umweltminister auch, sich auf eine gemeinsame Haltung zur Reform des EU-Emissionshandels und zu einem milliardenschweren Klimasozialfonds zu einigen.
Verhandlungen mit Parlament
Beim Emissionshandel (ETS) müssen bestimmte Industrien für den Ausstoß klimaschädlicher Gase wie Kohlendioxid (CO2) zahlen. Länder wie Polen sehen die Ausweitung kritisch, da sie zusätzliche Kosten für Verbraucher befürchten. Daher setzen viele Länder auf den Klimasozialfonds, der betroffene Verbraucher entlasten soll. Insbesondere Deutschland, wo das System schon für Gebäude und Verkehr gilt, sprach sich für eine Verkleinerung des Fonds aus.
Einigen sich die Ministerinnen und Minister auf ihre Position zu den Gesetzen, können Verhandlungen mit dem EU-Parlament beginnen, um die wichtigen Teile des EU-Klimapakets umzusetzen. Stimmen die EU-Minister für das Verbrenner-Aus, gilt als wahrscheinlich, dass es zum Gesetz wird – da das EU-Parlament bereits dafür gestimmt hat. (dpa)