Wer einmal bei strömendem Regen sein Elektroauto per mitgeliefertem Kabel mit der Ladesäule verstöpseln musste weiß: Strom tanken kann richtig nerven. Es gibt durchaus Alternativen – doch die sind noch nicht alle serienreif.
Die spektakulärste Alternative zum Kabelsalat ist die „Metal Snake“ von Tesla. 2015 sorgte der flexible Roboterarm, der sich automatisch und beweglich wie eine Schlange mit der Ladebuchse des Autos verbindet, kurz für Furore. Das entsprechende Youtube-Video wurde über vier Millionen Mal geklickt, der kalifornische E-Auto-Pionier freute sich über die Aufmerksamkeit – und ließ das Konzept in der Schublade verschwinden.
Gestorben ist das Thema damit nicht. So sexy und futuristisch wie die Kalifornier den Lade-Roboter visioniert haben, wird er aber wohl nicht ausfallen. Eher so nüchtern wie ein Industrieroboter. Genau der nämlich steckt in dem automatisierten Tankwart „Carla“, den VW gemeinsam mit dem Robotikunternehmen Kuka auf dem Genfer Autosalon im Frühjahr vorgestellt hat. Als eine Art Ladekabel-Arm auf Rollen könnte der Automat künftig beispielsweise in Parkhäusern Autos an Hochleistungs-Ladesäulen anschließen. Wann Carla verfügbar sein könnte, sagen die Hersteller aber noch nicht.
BMW erprobt induktives Laden
Anders als das kabellose Laden mit Roboterhilfe dürfte das induktive Laden für Pkw in absehbarer Zeit realisierbar sein. BMW hat bereits angekündigt, im Spätsommer ein entsprechendes System für die Plug-in-Hybrid-Limousine 530e anzubieten, zu Preisen unter 2.000 Euro. Die Technik soll das Aufladen in der eigenen Garage erleichtern und als Alternative zum Anschluss an die Haushaltssteckdose oder die Wallbox dienen. Die Ladeleistung ist mit 3,2 kWh übersichtlich, zudem ist der Wirkungsgrad der kontaktlosen Stromübertragung per Magnetfeld relativ gering. Auf dem Weg von Bodenplatte zum Fahrzeugunterboden geht rund ein Fünftel der eingesetzten Energie verloren.
Für den großflächigen Einsatz etwa in Parkhäusern oder auf Supermarkparkplätzen ist die Technik nicht nur deswegen zurzeit wenig attraktiv. Zu den Hindernissen einer größeren Verbreitung zählen aktuell auch noch die hohen Kosten der Anlagen und das Fehlen eines herstellerübergreifenden Standards. Dabei müsste auch ein System gefunden werden, wie sich das Auto problemlos in die richtige Position über der Ladeplatte im Boden rangieren ließe. Ansonsten fließt kein Strom. Ähnliche Probleme mit Kosten, Praktikabilität und Standardisierung haben auch alternative Ansätze, die an Stelle von Induktionsschleifen auf eine feste physische Verbindung setzen. Dabei fährt aus einem Fach im Boden eine Art Stecker aus, der sich mit dem Gegenstück an der Fahrzeugunterseite verbindet. Auch Tesla scheint an einer entsprechenden Technik zu arbeiten, wie entsprechende Patentschriften nahelegen.
Induktive Straße als Königsdisziplin
Die Königsdisziplin des kabellosen Ladens ist die induktive Straße. Elektroautos können dort während der Fahrt mit Strom versorgt werden, nervige Tankstopps entfallen und die Batterien der Fahrzeuge könnten angesichts des permanenten Nachschubs deutlich kleiner ausgelegt werden. Dazu müsste nicht unbedingt die ganze Straße zum elektromagnetischen Feld ausgebaut werden, stattdessen würde es möglicherweise reichen, alle paar Kilometer eine Induktionsschleife in die Fahrbahn zu integrieren. Letztendlich ließe sich so sogar Geld sparen, rechnet das israelische Start-up Electreon für den öffentlichen Nahverkehr in Tel Aviv vor. Dort sollte bereits 2017 eine entsprechende Test-Straße in Betrieb genommen werden. Aktuell stockt das Projekt jedoch offenbar.
Etwas weiter und nicht allein auf Linienbusse fokussiert scheint der Chiphersteller Qualcomm zu sein, der im vergangenen Jahr seine Technik gemeinsam mit Renault auf einer 100 Meter langen Teststrecke in Frankreich demonstriert hat. Sie ermöglicht es, Autos bis zu einer Geschwindigkeit von 120 km/h mit 20 Kilowatt Ladestrom zu versorgen. Bis zum öffentlichen Einsatz dürfte es nach Schätzungen des Unternehmens allerdings noch 10 bis 15 Jahre dauern. Ein Zeitraum, in dem allerdings auch die Batterietechnik und der Ausbau der Ladeinfrastruktur voran schreiten. Sollte das Ladeproblem bis dahin durch ausreichend viele Schnellladesäulen oder schneller aufladbare Batterien entschärft sein, würde sich die teure Strom-Straße möglicherweise nicht mehr lohnen.
Am Ende dürfte der durchschnittliche E-Autofahrer also noch einige Zeit mit dem Ladekabel hantieren müssen. Und hoffen, dass zumindest die beiden anderen großen anderen Probleme des Elektroautofahrers gelöst werden: die uneinheitlichen Bezahlsysteme und der Mangel an Ladesäulen. (SP-X)