Züge kommen nicht weiter, Lastwagen stellen sich quer, Flugzeuge hängen auf verschneiten Flughäfen fest. Es fällt erneut Schnee in Deutschland – viel Schnee. Und das erste Verkehrschaos des Winters wird wohl noch einige Tage währen.
Der Winter ist da und damit auch wieder die massiven Probleme im Bahnverkehr. In Frankfurt und Leipzig mussten Reisende die Nacht zum Donnerstag in den Bahnhöfen verbringen. Auch auf Straßen und Autobahnen ging in Deutschland nach heftigem Schneefall oft nichts mehr. Zwar waren die Räumfahrzeuge im Dauereinsatz, starker Wind türmte aber immer wieder neue Schneewehen auf. Fußballspiele und Veranstaltungen wurden abgesagt. Besserung ist kaum in Sicht: Auch in den kommenden Tagen bleibt es eisig, für die Nacht zum Sonntag warnen Meteorologen vor Glatteisregen.
Auf vier Rädern gab es oft kein Durchkommen. Es krachte Hunderte Male, meist blieb es bei Blechschäden. Schulbusse fielen aus, Pendler verspäteten sich. Die Räumdienste wuselten im Dauereinsatz über Straßen und Autobahnen, konnten der Situation aber nicht Herr werden. Immer wieder blieben Autos in Schneewehen stecken, Lastwagen stellten sich quer. Polizeisprecher kritisierten die Lkw- Fahrer heftig: Sie seien oft ohne Winterreifen unterwegs und überholten trotz des Schnees andere Lastwagen.
Auf der Autobahn 4 in Osthessen etwa standen etliche Autofahrer mehr als zwölf Stunden im Stau, nachdem sich am Mittwochabend mehrere Lastwagen im Schnee festgefahren hatten. Tee und Decken wurden verteilt, später auch Benzin und Diesel. «Man muss, um am Leben zu bleiben, den Motor laufen lassen», sagte ein Polizeisprecher.
Absage beim NDR
Bundesweit tausende Winterdienstfahrzeuge waren unterwegs, um die Schneeverwehungen zu bändigen. Es seien extra noch 323 Lastwagen angemietet worden, hieß es beim Landesbetrieb für Straßenbau und Verkehr in Schleswig-Holstein. „Alles was wir haben, wird auf die Straße gebracht.“ Bei der Regionalleitstelle Kiel hieß es am Mittag: „Die Leute sollen zu Hause bleiben - jeder der rausfährt, muss damit rechnen, steckenzubleiben.“ Der Norddeutsche Rundfunk sagte seinen für den Abend geplanten Jahresempfang in Flensburg ab. Man habe den Gästen die gefährliche Anreise nicht zumuten wollen.
„Es ist eine Katastrophe“, fasste ein Sprecher der Autobahnpolizei Garbsen in Niedersachsen die Lage am Vormittag zusammen. Bei so nierigen Temperaturen wie derzeit wirke das Streusalz kaum noch. Gleich zwei Mal - in Bayern und in Schleswig-Holstein - wurden am Mittwochabend Lastwagen auf Bahnübergängen von Zügen erfasst. In beiden Fällen kamen die Lkw-Fahrer ums Leben. In Niedersachsen starb ein 73-Jähriger, als sein Räumfahrzeug auf einem Bahnübergang steckenblieb und von einem Regionalzug erfasst wurde. Ein 18-Jähriger starb in Baden- Württemberg. Er war mit seinem Auto im Schneematsch gegen einen Lieferwagen auf der Gegenfahrbahn geprallt.
Stillstand und Verspätungen
Enorme Schwierigkeiten hatte die Deutsche Bahn. Züge blieben stecken, fielen aus oder verspäteten sich um Stunden. Das Problem sei vor allem die Kombination aus Schneefall, Dauerfrost und starkem Wind, sagte eine Unternehmenssprecherin. Hunderte Bahnreisende verbrachten die Nacht am Frankfurter Hauptbahnhof, weil ihre Züge Richtung Ostdeutschland ausfielen. Da wegen einer Messe kaum Hotelzimmer frei waren, schliefen die Passagiere in den stehenden ICE-Zügen.
In Leipzig kam am Morgen kaum eine der regulären Verbindungen zustande, schon in der Nacht hatten etliche Reisende vergeblich auf ihren Anschluss gewartet. Kam doch mal ein Zug an, hatte er bis zu 120 Minuten Verspätung. Auch in Thüringen mussten in der Nacht mehrere Züge gestoppt werden. In einem ICE, der auf dem Weg nach München hängenblieb, wurden die 165 Fahrgäste mit Wolldecken, Essen und Getränken versorgt.
Eisbein und Eiswein
Für Reisen auf ein Flugzeug ausweichen zu wollen, war ein riskanter Plan: In Frankfurt am Main und München fielen erneut etliche Flüge aus oder verspäteten sich, ebenso auf den Berliner Flughäfen Tegel und Schönefeld sowie in anderen Städten. Oftmals waren Probleme an anderen europäischen Flughäfen die Ursache.
Bei allem Chaos hatten aber viele Menschen auch Freude am frühen Winterwunderland: Neben Wintersportlern und Kindern zum Beispiel auch einige Weinbauern. Sie konnten nach dem mehrtägigen Frost Eiswein ernten - von dem es 2010 nicht viel geben wird. Nur wenige Weinbauern seien das Risiko eingegangen, ihre Trauben trotz des schmuddeligen Herbstwetters auf den Rebstöcken zu lassen, hieß es in Franken. "Das Zittern und Bangen hat ein Ende", sagte der Leiter des Juliusspitals, Horst Kolesch. Die Stiftung betreibt ein großes Weingut.(dpa)