Hermann: Verheugens Ansatz unrealistisch

Winfried Hermann warnt im Streit um den CO2-Ausstoß nicht nur vor den klimatischen Folgen. Die Arbeitsplätze in der Automobilindustrie seien dann in Gefahr, wenn sie weiter auf klimaschädliche Fahrzeuge setze, sagte der Grünen-Politiker der Autogazette.

Von Thomas Flehmer

Der Verkehrspolitische Sprecher der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Winfried Hermann, hat die Autokonzerne in der Diskussion um einer CO2-Reduktion zur Einsicht aufgefordert. «Wenn zukünftig weiter klimaschädliche Autos das Markenzeichen der deutschen Automobilindustrie sind, benötigen wir in Deutschland bald Rettungsaktionen für die Arbeitsplätze in der Autoindustrie», sagte Hermann der Autogazette. Nicht der Klimaschutz und Verbrauchsobergrenzen gefährden die Arbeitsplätze, sondern diejenigen, die nicht erkennen, dass angesichts der Klimakatastrophe spritfressende Autos bald nicht mehr verkäufliche Ladenhüter sein werden.

Kniefall vor der Autoindustrie

Der Grünen-Politiker reagierte damit auf einen Brief der Chefs der fünf großen deutschen Autohersteller Ford, Opel, Mercedes, BMW und VW an die EU-Kommission in Brüssel. Sie hatten darin die Forderung von EU-Umweltkommissar Stavros Dimas, den CO2-Ausstoß bis zum Jahr 2012 auf 120 Gramm pro Kilometer zu reduzieren, zurückgewiesen und vor dem Verlust der Wettbewerbsfähigkeit und dem Abbau von Arbeitsplätzen gewarnt.

Harte Kritik übt Hermann zugleich an Günther Verheugen, dem Vize-Präsidenten der EU-Kommission. Ihm wirft er in einem gemeinsam mit seinem Fraktionskollegen Reinhard Loske verfassten Schreiben vom 29. Januar «einen Kniefall vor der deutschen Autoindustrie vor. Dadurch würde das Ansehen der Kommission, die sich wider besseres Wissen in punkto Klimaschutz, Innovation und Wettbewerbsfähigkeit nicht durchzusetzen weiß gegen die Interessen eines einzelnen Wirtschaftszweiges.»

Zehn Jahre nichts getan

Hermann verwies auf die freiwillige Selbstverpflichtung der Autoindustrie, die Emissionen von Neuwagen bis zum Jahr 2008 auf 140 Gramm CO2 pro Kilometer zu reduzieren. Den Grenzwert von 120 Gramm CO2 pro Kilometer verbindlich festzuschreiben, erachtet Hermann als konsequent. «Die Industrie hat zehn Jahre nichts getan, um die Flotte umzubauen», so Hermann. Eine A-Klasse müsste deutlich unter 140 Gramm ausstoßen, ein Golf und ein Passat auch. Zudem hätte man «neue klimafreundliche Typen auf den Markt bringen können.»

Hermann forderte insbesondere Bundeskanzlerin Angela Merkel auf, «Grenzwerte für den Verbrauch zu setzen.» Denn dort, wo die Politik verbindliche Grenzwerte gesetzt hat, «waren die Konzerne auch in der Lage, alsbald die geforderten Werte zu produzieren.» Die Schadstoffreduktion durch die Vorgabe der Euronormen seien eine umweltpolitische Erfolgsgeschichte und ein Beleg dafür, dass nur ambitionierte Grenzwerte innovative Technik fördern.

Mangelnde Aufklärung der Öffentlichkeit

Der Politiker verwies auf die Konflikte vor der Einführung des Katalysators und des Rußpartikelfilters, bei denen zunächst die Bedenken der Industrie sehr lautstark vorgetragen wurden «und auch ein Untergangsszenario projiziert» wurde, bis dann nachgezogen wurde. «Es geht doch.»

Zugleich kritisierte Hermann die mangelnde Aufklärung der Öffentlichkeit über die Grenzwerte. «Nicht jedes Auto darf lediglich 140 Gramm CO2 ausstoßen, sondern dieser Wert soll den Durchschnittswert für alle Neufahrzeuge darstellen.» Kleinwagen sollten deshalb deutlich unter dem Wert bleiben - Hermann spricht von rund 80 Gramm CO2-Ausstoß pro Kilometer - größere Fahrzeuge sollten sich dem Grenzwert annähern.

Merkels wundersame Wende

«Wir brauchen zusätzlich klassenspezifische Vorgaben für Fahrzeuge unterschiedlicher Größe und Transportleistung, nach denen sich dann alle richten.» So sollte der Wert des jeweils verbrauchsgünstigsten Wagens als Richtwert für dieses Segment genommen werden, nach dem sich alle Hersteller zu richten habe. Dieser Wert sollte dann mit der Zeit immer weiter herabgesenkt werden. «Das nicht alles von heute auf morgen geht, ist klar.»

Dass Verheugen versucht, den Vorstoß von Dimas auszubremsen, erachtet Hermann als kontraproduktiv. Dass sich am Dienstag die Bundeskanzlerin dezidiert gegen den Umweltvorschlag stellt, passt für den Grünen-Politiker ganz und gar nicht zu ihren klimabesorgten Reden in Davos.

Unrealistischer Ansatz

Mit dem Einsatz Verheugens gegen verbindliche Grenzwerte würde er der Wettbewerbsfähigkeit Europas schaden. Den Vorschlag von Verheugen, den Autoverkehr in den Emissionshandel einzubeziehen, «ist ein unrealistischer Ansatz, der lediglich zum Ziel hat, das notwendige Handeln zur Verbrauchsreduktion der Fahrzeuge auf den Sankt-Nimmerleinstag zu verschieben», so Hermann.

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