Oldtimer als Wirtschaftszweig

Techno-Classica in Essen

Mit historischen Fahrzeugen werden jährlich Umsätze gemacht, die mehrere Milliarden Euro bewegen. EU-weit verdienen über 9000 Firmen damit Geld.

Die Techno-Classica (noch bis 30. März) in Essen ist eine Ausnahmeerscheinung unter den Messen: Hier geht es nicht um sachliche Informationen über die neuesten Produkte, vielmehr steht ziemlich altes Blech im Mittelpunkt. Trotzdem oder gerade deswegen streifen hier Besucher mit leuchtenden Augen durch die Gänge, werden klassische Karosserien fast schon zärtlich berührt. Denn auch wenn sich die Oldtimer-Liebhaberei mittlerweile zu einem echten Geschäft entwickelt hat, ist sie auch mit einer gehörigen Portion Leidenschaft verbunden. Experten allerdings raten gerade dem Nachwuchs unter den Oldtimer-Fans, bei Kaufinteresse sachlich zu bleiben. «Man sollte die Emotionen zu Hause lasse», sagt Jochen Strauch, Geschäftsführer des Marktbeobachtungs-Unternehmens Classic Data in Castrop-Rauxel.

Knallhartes Geschäft

Die Liebe zum Oldtimer wird gern mit dem Gedanken verbunden, dass jemand zufällig im Hühnerstall des Nachbarn ein ebenso verstaubtes wie erhaltenswertes Fahrzeug findet, es dann in mühevoller Arbeit aufbereitet, um es schließlich als technisches Museumsstück zu hegen und zu pflegen. In der Realität ist altes Blech in Form von Autos jedoch derart beliebt geworden, dass sich daraus ein beachtlicher Wirtschaftszweig entwickelt hat. So teilt die Messe Essen im Zusammenhang mit der Techno-Classica mit, dass allein in Deutschland im Bereich historischer Fahrzeuge jährlich 4,6 Milliarden Euro umgesetzt werden. In der EU gibt es heute außerdem mehr als 9000 Unternehmen, die ihre Einnahmen vor allem über Produkte und Dienstleistungen im Bereich der Oldtimer erzielen.

Mehr als 2500 Oldtimer

Kein Wunder also, dass auch die «Weltmesse für Oldtimer-, Youngtimer und Prestige-Automobile» neue Rekordzahlen vermeldet. An der Veranstaltung im Jahr 2008 nehmen nach Messeangaben mehr als 1000 Anbieter aus 26 Ländern teil. Es sind 2500 klassische Automobile aus aller Welt zu sehen. Dazu kommen die Anbieter von Ersatzteilen für die Klassiker. Außerdem stellen 200 Oldtimerclubs ihre Arbeit und Fahrzeuge vor. Mehr als 150 000 Besucher werden erwartet.Diese Besucher sollen nach dem Willen der Aussteller aber nicht nur schauen und staunen. Sie sollen auch kaufen. Denn viele der Fahrzeuge und Ersatzteile stehen nicht in den Hallen, um Schönheitspreise zu gewinnen. Sie sollen gewinnbringend den Besitzer wechseln. «Das Problem für Interessenten ist dabei, dass sie geradezu überschüttet werden mit Kaufmöglichkeiten und Informationen», so Jochen Strauch.

Expertentipps

Experten raten daher, sich schon vorab auf den Messebesuch vorzubereiten: Das gilt nicht nur für den Umgang mit den eigenen Emotionen, sondern auch für das Sammeln von Informationen. «Gerade für Neulinge in der Oldtimerszene ist es sicher ein guter Tipp, sich vorab mit einem Club in Verbindung zu setzen, dessen Mitglieder sich gerade mit dem gewünschten Fahrzeugtyp beschäftigen», rät Johann König, Oldtimer-Fachmann des ADAC in München. So lässt sich vor dem Messebesuch klären, welche typischen Mängel an Fahrzeugen dieses Typs auftreten. Außerdem kann Kontakt geknüpft werden - so dass zum Beispiel ein Clubmitglied auf der Messe bei der Begutachtung eines angebotenen Fahrzeugs hilft. Jochen Strauch wiederum rät dazu, sich vom Typen-, Marken- und Modelldenken der Oldtimerszene zu befreien. Denn wer zum Beispiel unbedingt einen roten Mercedes mit Schiebedach und Weißwandreifen haben will, wie ihn einst der Opa fuhr, der wird schnell auch bei überteuerten Angeboten schwach. Ratsamer kann es sein, sich einen bestimmten finanziellen Rahmen zu stecken, und dann zu schauen, was für dieses Geld tatsächlich zu bekommen ist.

Einiges Vorwissen gefragt

Auch die eigenen Kenntnisse sollten nicht überschätzt werden: «Bei einem Youngtimer lässt sich mit einem gewissen technischen Verständnis unter Umständen noch erkennen, welchen Zustand der angebotene Wagen hat», erklärt Bastian Schonauer, Oldtimer-Experte des Automobilclubs von Deutschland (AvD) in Frankfurt/Main. Bei den «echten» Klassikern komme es aber nicht nur auf den Zustand an. Auch deren Geschichte sei wichtig - da geht es dann um bekannte Vorbesitzer ebenso wie um Rennerfolge. Und natürlich um die Originalität: Experten wissen, dass von bestimmten Modellen mittlerweile mehr Fahrzeuge im Umlauf sind, als einst tatsächlich gebaut wurden - auch Fälscher verstehen nämlich ihr Handwerk. (dpa/gms)

Keine Beiträge vorhanden