Der Land Rover Defender ist zurück. Auf der Internationalen Automobilausstellung feierte der Geländewagen-Klassiker seine vielbeachtete Rückkehr.
Echte automobile Ikonen sind in der schnelllebigen Zeit selten geworden. Umso entsetzter war die treue Fangemeinde des englischen Ur-Gesteins Land Rover Defender im Januar 2016 und betrauerte das letzte Exemplar des eckigen Geländewagens.
Der unverwüstliche US-Jeep und die G-Klasse von Mercedes waren nun die letzten echten Offroader, die selbst da noch weiterkommen, wo all die modernen Lifestyle-SUV aufgeben müssen. Mit dem Ende des Defender, der die verschärften Abgasnormen und den EU-Regeln für den Fußgängerschutz scheiterte, endete ein 70jähriges Kapitel der Automobilgeschichte.
Defender komplett neu konstruiert
Die kann jetzt weitergeschrieben werden. Auf der IAA glänzt der moderne Nachfahre des Defender, rundum neu konstruiert und trotzdem auf den ersten Blick als legitimer Enkel zu erkennen. Natürlich die kreisrunden Scheinwerfer-Augen, natürlich der Mut zur ausgeprägten Eckigkeit mit extrem kurzen Überhängen der Karosserie, natürlich das steilgerade Heck mit dem außen angebrachten Reserverad. Alles optische Merkmale des Naturburschen, die auch sein zweites Leben prägen sollen. Schon ein Rundgang macht klar, dass diesem Auto kein Berg zu hoch, keine Abfahrt zu steil und kaum ein Wasser zu tief ist. Außerdem hat der Neue eine Eigenschaft, die seinem Stammvater stets abging – der Defender kann jetzt auch Straße.
Mike Cross, der Leiter der Fahrwerksentwicklung, erklärt: „Der original Defender machte Spaß, aber er besaß seine Tücken. Wir wollten diese Schwachstellen ausmerzen, ohne den Spaß zu mindern.“ Schwachpunkt des Originals war nämlich das Areal, auf dem die meisten seiner Besitzer am häufigsten unterwegs waren. Komfort auf langen, asphaltierten Strecken war nicht zuletzt wegen des antiquierten Leiterrahmens und der starren Achsen ein Fremdwort, die robuste Federung schickte bei jeder Unebenheit harte Schläge ins Kreuz, ergänzt durch lautes Motoren- und Windgeräusch sowie unbequeme Sitze.
Mit Aluminium-Karosserie unterwegs
Jetzt nutzt der Defender eine selbsttragende Aluminium-Karosserie, die speziell für den Einsatz im harten Gelände weiterentwickelt wurde. Die Luftfederung soll sich dank elektronischer Regelung auf jeden Untergrund einstellen, misst dabei 500 Mal pro Sekunde die Bewegungen der Karosserie und sucht die ideale Fahrwerkseinstellung. Im Alltagsbetrieb auf festen Straßen soll der Brite den gleichen Komfort bieten wie die anderen Modelle von Land Rover, zum Beispiel der Discovery.
Einen Blick ins Lexikon modernster Offroad-Technik offenbart die Beschreibung der Geländeeigenschaften des neuen Defender. Die Luftfederung kann die Bodenfreiheit im unwegsamen Gelände um bis zu 14,5 Zentimeter steigern, erreicht so fast 30 Zentimeter. Das 2,3-Tonnen-Schiff meistert Schrägfahren und Steigungen bis jeweils 45 Grad. Ein zweistufiges Verteilergetriebe, ein sperrbares Mitteldifferenzial und gegen Aufpreis eine Hinterachssperre helfen in tiefem Geläuf, im Schlamm, Schnee oder Wüstensand.
Neuer Modus für Wasserdurchfahrten
All das läuft meist automatisch ab, kann aber auch vom Fahrer per Touchscreen gesteuert werden. Neu im weiter verfeinerten System an elektronischen Hilfen ist ein spezieller Modus für Wasserdurchfahrten: Ist er aktiviert, werden Heizung und Lüftung auf Umluft gestellt, die Luftfederung lupft den Defender auf Maximalhöhe und auf dem Zentralmonitor wird der Fahrer über die jeweilige Wassertiefe informiert. Bis zu 90 Zentimeter darf sie betragen. Am Ufer angekommen betätigt das System automatisch kurzzeitig die Bremsen, um deren Scheiben zu trocknen und zu reinigen.
Im dicht besiedelten Europa mit seinen zu Recht strengen Umweltauflagen wird der Defender auf solche Ausflüge und Tauchgänge verzichten müssen. Aber es gibt viele abgesperrte Übungsgelände, in denen künftige Besitzer die Fähigkeiten straflos nutzen können. In der Zeit zwischendurch soll sich der Defender auf sicherem Terrain von Autobahnen, Landstraßen und in der Stadt bewähren. Zum Start im nächsten Frühjahr erscheint zunächst die bis zu siebensitzige Version „110“ mit gut drei Metern Radstand und einer Länge von fünf Metern inklusive des am Heck montierten Reserverads. Der deutlich kürzere Defender 90 (44 Zentimeter geringerer Radstand) soll als
Einstiegsversion etwas später folgen
Im Innenraum hat die digitale Gegenwart die Ikone erreicht. Die meisten der bekannten Assistenzsysteme können bestellt werden. Der zentrale 10-Zoll-Monitor wird durch ein ebenfalls digitales, programmierbares 12,7-Zoll-Instrument hinter dem Lenkrad ergänzt.
Die Kameras bieten eine 360-Grad-Ansicht aus der Vogelperspektive, im Geländebetrieb kann die Motorhaube virtuell ausgeblendet werden, um das Geläuf direkt vor dem Fahrzeug in Augenschein zu nehmen. Auch der normale Innenspiegel zeigt auf Knopfdruck ein Kamerabild des Geschehens hinter dem Auto. Natürlich ist der Defender immer online, kann auch per App ohne Schlüssel geöffnet oder verschlossen werden.
Gute Ideen im Innenraum
Die Innenraum-Gestalter geizen nicht mit guten Ideen. So gibt es zwischen den Vordersitzen einen Notsitz. Braucht man ihn nicht, wird dessen Lehne heruntergeklappt und dient als Armauflage, die weitere Staufächer und zwei Getränkehalter bereithält. Anstatt empfindlicher Teppiche ruhen die Schuhsohlen der Insassen auf einem unverwüstlichen Gummibodenbelag, die Türschweller sind verkleidet, damit die Überreste eines Spaziergangs der Passagiere im schlammigen Gelände leicht aufgewischt oder weggekehrt werden können.
Das Motorenangebot umfasst je zwei Benzin- und Dieselmotoren zwischen 200 PS und 400 PS. Das Spitzenmodell mit Dreiliter-Sechszylinder-Benziner ist ein sogenannter Mild-Hybrid, der neben einem Turbo über einen elektrisch angetriebenen Verdichter verfügt. Eine 48-Volt-Batterie versorgt einen Starter-Generator, der auch den Motor unterstützt. Eine Plug-In-Hybrid-Defender mit an der Steckdose aufladbarem E-Motor kommt im Laufe des nächsten Jahres hinzu. Die Verbrauchswerte (zwischen 7,6 und 10,2 Liter auf 100 Kilometer) sind nach WLPT gemessen und auf den alten NEFZ-Standard umgerechnet. Die Preise beginnen bei 49.700 Euro (dreitüriger Defender 90) und 55.600 Euro (fünftüriger Defender 110). (SP-X)