BMW F 900 GS: Frisch aus dem Fitness-Studio

BMW F 900 GS: Frisch aus dem Fitness-Studio
Die BMW F 900 GS bietet ein gutes Handling und ausreichend Leistung. © BMW

Aus der BMW F 850 GS wurde die F 900 GS. Dahinter verbirgt sich nicht bloß eine Namensänderung, sondern ein neues Motorrad.

Zusammen mit ihrem Schwestermodell F 850 GS Adventure stand die Ende letzten Jahres ausgelaufene BMW F 850 GS schon längere Zeit arg im Schatten: Agile Konkurrenzmodelle wie die Honda Transalp, die Honda Africa Twin, aber vor allem die KTM 790/890 Adventure zeigten sich leistungsfähiger und attraktiver, sodass sie aus der Liste der 50 meistgefragten Motorräder Deutschlands herausfiel.

Die ohnehin fällige Modellüberarbeitung mündete deshalb nicht in ein bloßes Update der 850er, sondern in einem fast vollständig neuen Motorrad. Die BMW 900 GS verlor 14 Kilogramm, gewann 10 PS Leistung und wurde erheblicher handlicher und dynamischer.

F 900 GS mit dynamischeren Auftritt

Der langwierige Aufenthalt im weiß-blauen Fitness-Studio ist der BMW F 900 GS schon im Stand anzusehen: Sie ist wesentlich schlanker geworden und hat ein deutlich kürzeres Heck erhalten. Das steil stehende Windschild erinnert zusammen mit dem schmalen 21 Zoll-Vorderrad und den langen Federwegen ein wenig an die Frontpartien erfolgreicher Rallye-Enduros.

Optisch ansprechend: die BMW F 900 GS. Foto: BMW

Der hubraum- und leistungsverstärkte Paralleltwin liefert jetzt 105 PS (95 PS), dazu mit 93 Newtonmetern viel Durchzugskraft bei niedrigeren Drehzahlen. Das drehfreudige Triebwerk muss keineswegs ständig ausgequetscht werden, weil der Drehmomentverlauf über den gesamten Drehzahlbereich deutlich fülliger geworden ist und dank des beträchtlichen Gewichtsverlustes weniger Masse beschleunigt werden muss.

Zwei gegenläufige Ausgleichswellen sorgen für die Eliminierung bösartiger Vibrationen. Eindrücklich ist auch das Klangbild des Motors: Er erinnert dank 90 Grad Hubzapfenversatz und 270/450 Grad Zündabstand stark an einen 90-Grad-V2-Motor. Der serienmäßige Akrapovič-Endschalldämpfer unterstützt nicht nur die Akustik, sondern trägt mit 1,7 Kilo zudem zur Gewichtseinsparung bei. Der diesbezügliche Hauptanteil liegt mit 4,5 Kilogramm beim neuen 14,5 Liter-Kunststofftank.

Fahrwerk komplett neu

Völlig neu ist das Fahrwerk der Neunhunderter: Vorne arbeitet eine neue, von Showa bezogene USD-Gabel mit beachtlichen 23 Zentimetern Federweg, die in allen Parametern auf individuelle Bedürfnisse eingestellt werden kann, und zwar ohne Werkzeug.

Auch die Alu-Zweiarmschwinge ist leistungsfähiger und zudem 250 Gramm leichter. Wer fahrwerksseitig zusätzliche Reserven schätzt und engagiert im Gelände unterwegs sein möchte, sollte das Enduro-Pro-Paket ordern: Für 1.475 Euro werden eine leistungsfähigere Gabel, ein voll einstellbares Federbein, eine Lenkererhöhung sowie die wartungsarme M Endurance Antriebskette geliefert. Semiaktiv wirksame Fahrwerkselemente sind für die 900-er nicht im Angebot, werden aber auch nicht vermisst.

Gutes Handling inklusive

Ist man auf Land- und Bergstraßen unterwegs, liefert die F 900 GS eine überzeugende Leistung ab: Sie lenkt leicht ein, hält trotz langer Federwege auch auf unebener Straße stabil ihren Kurs und vermittelt ein insgesamt überzeugendes Fahrgefühl. Die schräglagenoptimierte Traktionskontrolle arbeitet feinfühlig, die Gangwechsel erfolgen nicht zuletzt wegen eines neuen, einstellbaren Schalthebels weich und präzise.

Der optionale Schaltassistent für kupplungsloses Schalten hinterließ ebenfalls einen guten Eindruck. Im Gelände sorgen die Enduro-Fußrasten für guten Halt, die Ergonomie ist nun prima fürs Fahren im Stehen ausgelegt. Dass sich die wesentlich leistungsfähigeren Federungselemente vorne und hinten auf hartem wie sandigem Geläuf gut in Szene setzen können, kommt dem Fahrspaß zugute.

Empfehlenswertes Dynamikpaket

Zum zügigen, sicheren Fahren gehören perfekte Bremsen. Auch hier sind deutliche Verbesserungen zu notieren. Der knifflige Spagat zwischen kräftigem Zupacken auf der Straße und feiner Dosierbarkeit bei Geländefahrten ist gut gelungen. Das am Testmotorrad installierte Dynamik-Paket, (495 Euro) ist empfehlenswert, weil die hohen Geländefähigkeiten der Mittelklasse-GS sonst nicht vernünftig genutzt werden können. Schade, dass es nicht zur Serienausstattung zählt.

Die BMW F 900 GS lenkt leicht ein, hält trotz langer Federwege auch auf unebener Straße stabil ihren Kurs. Foto: BMW

Dennoch ist die Ausstattung erheblich fülliger geworden: So ist nicht nur der schon erwähnte Akrapovič-Auspuff Teil der Serienausstattung, sondern es gibt auch qualitativ hochwertige Handprotektoren, dreifach regelbare Heizgriffe, einen die Straße besser ausleuchtenden LED-Scheinwerfer und das sehr leistungsfähige 6,5 Zoll-TFT-Display aus der großen Boxer-GS. Darin sind sämtliche Konnektivitätsmöglichkeiten enthalten.

Wer eher tourenorientiert denkt und viele Soziusfahrten plant, wird aufgrund der neuen „Springinsfeld“-Qualitäten der F 900 GS möglicherweise nachdenklich werden: Passen Soziustouren und diese ausgeprägte Dynamik noch zusammen? Wer daran zweifelt, sollte einen Blick auf die ebenfalls überarbeitete F 900 GS Adventure werden: Sie offeriert mit größerem Tank sowie voluminöserem Platzangebot für Passagiere und Gepäck verstärkte Reisequalitäten bei einem gegenüber zuvor unveränderten Gewicht. BMW hat nämlich mit Entwicklung der F 900 GS schlicht die Spreizung zwischen ihr und ihrer Adventure-Schwester gesteigert. (SP-X)

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