Der Verkehr hat seine CO2-Emissionen im Vergleich zu 1990 bisher nicht senken können. Nun hat Bundesverkehrsminister Volker Wissing ein Sofortprogramm vorgestellt.
Teil dieser vorgestellten Klimaschutzmaßnahmen ist es, dass das Ladenetz für Elektroautos und der Radverkehr ausgebaut werden soll. Das geht aus einem am Mittwoch vorgelegten Sofortprogramm zur Einhaltung der Klimaziele im Verkehrssektor vor. FDP-Politiker Wissing sagte in Berlin, der Verkehrssektor werde zurück auf den «Pfad der Einhaltung der Klimaziele» geführt.
Für den Ausbau der öffentlichen Pkw- und Lkw-Ladeinfrastruktur in den kommenden Jahren meldet Wissing mehr Geld im Haushalt an. Es werde davon ausgegangen, dass weitere Haushaltsmittel im Umfang von etwa acht Milliarden Euro erforderlich seien, heißt es.
CO2-Ziele erneut überschritten
Wissing musste ein Klimaschutz-Sofortprogramm vorlegen, weil der Verkehrssektor im vergangenen Jahr die im Klimaschutzgesetz festgelegte CO2-Jahresemissionsmenge überschritten hat. Im Jahr 2021 wurden die Emissionsziele des Verkehrssektors um etwa drei Millionen Tonnen CO2 überschritten. Mit dem Maßnahmenpaket werde die Differenz vollständig ausgeglichen, so Wissing.
Mit einem flächendeckenden Ladenetz für E-Autos soll der weitere Hochlauf der Elektromobilität sowie bei Nutzfahrzeugen vorangetrieben werden. Geplant ist außerdem eine «Ausbauoffensive» beim Radverkehr.
Ergebnisse des Neun-Euro-Tickets abwarten
Beim geplanten Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs bekräftigte Wissing, dass er zunächst Ergebnisse einer Evaluierung des 9-Euro-Tickets im Nah- und Regionalverkehr abwarten wolle – dieses läuft Ende August aus. Wissing verwies außerdem auf eine Arbeitsgruppe von Bund und Ländern zu Reformen im ÖPNV. Der Minister sprach sich erneut für einfachere Tarifstrukturen aus.
Ein generelles Tempolimit auf Autobahnen lehnte Wissing erneut ab. Er müsse abwägen zwischen der schnellen Erreichung der Klimaziele und den Anforderungen und auch der Akzeptanz der Gesellschaft für Maßnahmen andererseits, sagte er.
Kritik – auch von den Grünen
Zur Tatsache, dass die Bundesregierung bisher kein gesamtes Klimaschutz-Sofortprogramm vorgelegt hat, sagte Wissing, es gebe noch Gesprächsbedarf. Er sei davon überzeugt, dass man hier sehr schnell vorankommen könne und bereit, Kompromisse einzugehen.
Wissings Sofortprogramm stieß auf große Kritik, auch von den Grünen als Koalitionspartner. Wissing müsse effektive Maßnahmen vorlegen, statt sich im Klein-Klein zu verlieren, sagte die Grünen-Energiepolitikerin Lisa Badum. «Es liegen so viele Maßnahmen auf dem Tisch: Abbau der klimaschädlichen Subventionen oder die Reform des Dienstwagenprivilegs und der Kfz-Steuer. Das Ministerium muss runter von der Bremse und jetzt die Mobilitätswende anschieben.
Greenpeace-Sprecherin Marion Tiemann sagte: «Volker Wissing flüchtet sich beim Klimaschutz in nebulöse Förderzusagen und blockiert weiter schnell wirksame Schritte wie ein Tempolimit.»
BUND fordert Machtwort von Scholz
Kritik gab es auch vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). „Klimaschutz im Verkehr ist und bleibt bei der FDP ein ungeliebtes Kind. Viel erwartet haben wir am heutigen Tag ohnehin nicht. Dass Bundesverkehrsminister Volker Wissing sich jetzt aus der Verantwortung stehlen will, passt ins Bild“, sagte BUND-Vorsitzender Olaf Bandt. „ Volker Wissing zeigt damit, dass er und seine Partei in puncto Klimaschutz im Verkehr völlig planlos sind und wirksame Maßnahmen auf die lange Bank schieben. Das was Herr Wissing ‘Sofortprogramm‘ nennt ist ein politischer Offenbarungseid“, fügte Brandt hinzu.
Der BUND-Chef forderte Bundeskanzler Olaf Scholz auf, hier ein Machtwort zu sprechen und auch „seine Blockade gegen schnell wirksame Maßnahmen wie einem Tempolimit aufgibt. Ein Klima-Kanzler muss anders agieren.“
Kritik kam auch vom Berliner Think Tank Agora Verkehrswende. „Der rasende Stillstand in der deutschen Verkehrspolitik ist atemberaubend. Der Verkehrssektor tritt bei der Minderung der Treibhausgasemissionen auf der Stelle. Die bisher angedachten politischen Maßnahmen greifen viel zu kurz. Daran ändert auch das Sofortprogramm nichts. Im Gegenteil: Es ist kein gutes Zeichen, dass die Bundesregierung sich nicht wie angekündigt auf ein komplettes Sommerpaket – das heißt ein sektorübergreifendes Klimaschutz-Sofortprogramm – einigen konnte“, sagte die stellvertretende Direktorin der Agora Verkehrswende, Wiebke Zimmer.(FM/dpa)