MZ 1000S: Hightech-Bike aus Zschopau

Das Motorrad- und Zweiradwerk in Zschopau hat ein faszinierendes Motorrad gebaut. Das kantige Design der MZ 1000S ist gewöhnungsbedürftig, die Leistung stimmt.

Thilo Kozik

Endlich ist sie fertig, die MZ mit dem selbst entwickelten Zweizylinder - und sie wird sogar schon ausgeliefert. Fast hatte man nicht mehr daran zu glauben gewagt, denn nach der ersten Präsentation eines angeblich fahrfertigen Prototypen auf der Münchner Intermot vor zwei Jahren gab es bei jeder Nachfrage nur auf später vertröstende Antworten.

Auszeichnung für Design

Doch das lange Warten hat sich gelohnt, die MZ ist ein Motorrad, das vor individuellen Lösungen nur so strotzt. So wurde das kantige Design gleich mehrfach ausgezeichnet: Wenn man den sächsischen Staatspreis für Design vielleicht noch mit lokalem Goodwill begründen kann, so gilt der IF Design Award des internationalen Industrieforums als renommierte Auszeichnung.

Doch auch technisch zeigt das «Sachsen-Bike» absolute Alleinstellungsmerkmale. Einen stehenden Zweizylinder mit Flüssigkeitskühlung sucht man in einem sportlich angehauchten Konzept heutzutage vergeblich, allenfalls in Yamahas TDM findet sich ein Zweizylinder-Reihenmotor.

Der MZ-Motor gehört zu den modernsten auf dem Markt, mit elektronischem Motormanagement, zwei geregelten Katalysatoren und sequentieller Saugrohreinspritzung ergeben sich erstaunliche 117 PS Nominalleistung. Mit dieser Kraft schafft sie die Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 3,4 Sekunden. Im Fahrbetrieb dürfte die 1000S dieses Versprechen halten, wenngleich die Art und Weise, wie diese erreicht werden, noch nicht richtig zufrieden stellen kann.

Herbe Vibrationen

Trotz Ausgleichswelle dringen ab 5000 U/min derbe Vibrationen in die Handgelenke, noch ärgerlicher fällt der unharmonische Leistungsverlauf im unteren und mittleren Drehzahldrittel aus. Dort nimmt der Zweizylinder nur verzögert und ruppig Gas an, so richtig druckvoll gestaltet sich der Vortrieb nicht.

Oben herum kann man der MZ kaum etwas vorwerfen. Druckvoll agiert der «Twin» ab 6000 Touren. Ein gut abgestuftes, wenngleich etwas knochiges Sechsganggetriebe transferiert die Leistung ordentlich ans Hinterrad weiter. Und über allem dröhnt der kernige Auspuffsound des gegenläufigen Zweizylinders. Dafür verlangt die MZ im Kurvengeschlängel etwas Einsatz, um zum Schräglagenwechsel gebracht zu werden. Das liegt am hoch eingebauten Motor, der den Gesamtschwerpunkt deutlich nach oben verschiebt.

Federelemente lassen Wünsche offen

Die Rückansicht der MZ 1000S.

Gerade in Wechselkurven macht sich diese Behäbigkeit unangenehm bemerkbar. Dafür zieht die Tausender sehr Vertrauen erweckend ihre Spur. Weder an Neutralität oder Stabilität in der Kurve, noch an Geradeauslaufstabilität gibt es etwas auszusetzen. Zumindest ungewohnt fällt die Abstimmung der Federelemente aus, die nicht recht zueinander passen möchte - vorn bisweilen etwas straff, hinten vielleicht einen Tick zu soft.

Besonders komfortabel ist es jedenfalls nicht, was jedoch auch an der sehr sportlichen Sitzhaltung liegt. Die ist sehr stark Vorderrad orientiert. Es lastet viel Gewicht auf den Handgelenken, die Kniewinkel fallen sportiv eng aus und die Sitzhöhe erscheint mit 825 Millimetern doch ein wenig übertrieben. Gerade klein gewachsene dürften an der Ampel Probleme haben, das Motorrad zu halten.

Die Stopper der japanischen Nissin-Manufaktur gehören derweil zum Besten, was es an Bremsen derzeit gibt. Nur gut, dass die Verarbeitungsqualität dem hohen Anspruch an ein deutsches Produkt genügt - selbst wenn die Komponenten aus der ganzen Welt stammen und im Erzgebirge zusammen gefügt werden (Bremsen - Japan, Gabel - Italien, Reifen - Deutschland). Insofern hat die MZ eine gute Chance, sich als echte Charakterdarstellerin auf dem Markt zu etablieren. Vorausgesetzt, man betrachtet den rauen Motor und das sture Fahrverhalten als Ausdruck von Charakterstärke. Das alles hat seinen Preis: Die Sachsen verlangen 11.990 Euro für die Maschine.

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