Zicke mit Charme

40 Jahre Jaguar XJ

Ein Jaguar XJ war schon immer etwas Besonderes. Trotz technischer Schwächen stieg die Edel-Limousine zur Ikone auf.

Von Heiko Haupt

Wenn es um das typisch britische Auto geht, wird oft von Details wie der verschwenderischen Verwendung edelsten Leders gesprochen. Nach einer Weile kommen auch andere Sachen zur Sprache - die nachlässige Verarbeitung etwa, der frühe Rostfraß oder die streikende Elektrik. Geht es um ein Auto, das die guten wie die schlechten Seiten vereint, dürfte recht schnell der Jaguar XJ genannt werden: Dieses Auto ist seit 40 Jahren der Inbegriff der ebenso noblen wie sportlichen und etwas zickigen britischen Limousine.

Gefühl statt Technik

Einen Jaguar XJ zu fahren, war schon immer etwas Besonderes. Zwar konnte so ein Auto nie ganz mit der kühlen Präzision eines Mercedes mithalten. Aber im Grunde sollte es das auch gar nicht: Ein Jaguar sprach weniger das Gemüt des Technokraten an. Der Wunsch ihn zu fahren war eher etwas Emotionales. Ein Jaguar wollte erlebt werden.

Da gab es Lederbezüge, die schon durch ihren Geruch zum Fahrgefühl beitrugen. Von ihren Sitzen schauten Passagiere auf edel arrangierte Anzeigen, die in lackiertes Edelholz-Furnier eingepasst waren.

Elegantes Blechkleid

Leder und Edelholz-Furnier Foto: Jaguar

Auch äußerlich unterschied sich ein XJ von der Konkurrenz. Nichts wirkte kolossal oder aufgesetzt. Jaguar beherrschte die Kunst, einer großen Limousine ein Blechkleid zu verpassen, das elegant und sportlich wirkte. Vor allem die Frontpartie hat besonderen Stellenwert - sie gilt als eines der wohl berühmtesten Auto-Gesichter der Welt und wird rund um den Erdball als «typisch Jaguar» erkannt.

Vier Scheinwerfer, deren obere Rundungen sich im Blech von Motorhaube und Kotflügeln fortsetzen, dazwischen in der Mitte ein chromglänzender Kühlergrill und darauf die ebenfalls verchromte Figur einer springenden Raubkatze - das ist das Gesicht eines XJ.

Premiere in Paris

Im Herbst 1968 wurde der XJ auf dem Pariser Autosalon erstmals präsentiert. Andere Hersteller hätten so einem Auto wohl einen fantasievollen Namen gegeben. Jaguar dagegen beließ es bei einer Tradition der Modellbezeichnungen, die ihren Ursprung bei jenen Ingenieuren hatte, die sich für Motoren interessierten.

In der Motorenentwicklung von Jaguar wurden Bezeichnungen nach einem einfachen Prinzip vergeben: Entstand ein neues Aggregat, wurde es zunächst als «Experimental» oder eben kurz «X» bezeichnet. Im Laufe der Weiterentwicklung gab es mehrere Stufen, so dass es etwa von einem frühen «XA» bis zum endgültigen «XJ» reichen konnte.

Zwölf Zylinder und vier Vergaser

Das Modell mit den zwölf Zylindern Foto: Jaguar

Der Wagen sorgte für Aufsehen: Eine Luxuslimousine, die beim Tritt aufs Gaspedal an einen Sportwagen erinnerte, gab es bis dahin nicht. Die Leistungen der Motoren mit 109 kW/149 PS oder 136 kW/186 PS wirken auch heute noch zeitgemäß. Mit seiner Höchstgeschwindigkeit von 190 km/h hatte ein XJ auf den Autobahnen kaum Konkurrenz zu fürchten. Trotzdem wurde an einem weiteren Aggregat gearbeitet, das die Konkurrenz völlig in den Schatten stellen sollte.

Seine Premiere hatte der neue Motor zwar 1971 im Roadster E-Type - doch 1972 machte er den XJ endgültig zu einem Sonderfall in der Welt der Oberklasse-Limousinen. Einen Zwölfzylinder hatte es in keinem Viertürer nach dem Zweiten Weltkrieg gegeben. Die Motorleistung von 186 kW/253 PS beschleunigte den XJ endgültig auf Sportwagen-Niveau. Allerdings fanden die Konstrukteure keine Einspritzanlage für den Riesenmotor mit seinen 5,3 Litern Hubraum. Stattdessen montierten sie gleich vier Vergaser, was zu Verbräuchen führte, für die heute jeder Hersteller mehr als nur eine Ohrfeige riskieren würde.

Serie III als schönstes Exemplar

Die dritte Generation gilt als die Schönste, auch ohne eigenes Schloss Foto: Jaguar

Fast 60.000 Exemplare konnten von dem später Serie I genannten ersten XJ verkauft werden. Kein Wunder, dass man bei Jaguar die Erfolgsgeschichte fortsetzen wollte. Im Herbst 1973 wurde die Serie II präsentiert. Nun erschien neben dem Viertürer auch ein elegantes zweitüriges XJ-Coupé. Es wurde jedoch erst von 1975 an ausgeliefert - und blieb auch nur zwei Jahre im Programm.

Die ursprüngliche Konstruktion des XJ ging dagegen noch in eine dritte Runde. Das Blechkleid der 1979 eingeführten Serie III formte Pininfarina, es gilt vielen als schönstes der frühen XJ-Generationen - hinzu kam, dass auch die Innenausstattung noch einmal hochwertiger wirkte. Erst im November 1992 wurde auch diese Serie eingestellt - nach mehr als 400.000 Exemplaren der Generationen I bis III. (dpa/tmn)

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