«Schwarz ist das neue Chrom»

Umdenken bei Designern

«Schwarz ist das neue Chrom»
Der VW Scirocco © Foto: dpa

Viele Autofahrer haben versucht, ihr Fahrzeug mit trendigen Chromapplikationen zu verschönern. Doch diese Zeiten neigen sich dem Ende zu. Viele Designer entdecken matte Töne.

Chrom und Aluminium-Applikationen waren in den vergangenen Jahren bei Fahrzeugen groß in Mode. Manche Modelle wirkten mit solchem Zierrat fast schon überladen. Bei vielen Designern setzt daher nun ein Umdenken ein: Frontmasken werden dunkel lackiert, Spiegelkappen schimmern in gebürsteten Alutönen, Karosserieteile werden matt statt auf Hochglanz poliert, auf der Mittelkonsole schimmert Klavierlack, und selbst die Alufelgen werden immer häufiger dunkel gefärbt oder gleich matt ausgeliefert.

Schwarz als neues Chrom

«Schwarz ist das neue Chrom», fasst VW-Designchef Klaus Bischoff in Wolfsburg diesen Trend zusammen. Nicht zuletzt deshalb ist zum Beispiel am neuen VW Scirocco der Kühlergrill aus schwarzem Kunststoff statt aus einer Chromblende gefertigt. Damit ist das neue Coupé aus Wolfsburg nicht allein: «Trends alternieren sehr stark. Und je stärker ein Trend ausgeprägt war, desto weiter schwingt das Pendel danach auch wieder zurück», erläutert Design-Professor Lutz Fügener von der Fachhochschule in Pforzheim. «Vielleicht wurde es in den letzten Jahren mit dem Chrom tatsächlich ein wenig übertrieben.»

Statt edel und teuer wirke das Material deshalb bisweilen billig und verschlissen. Diese Beobachtung teilt auch Audi-Designchef Stefan Sielaff in Ingolstadt. Allerdings möchte er zwischen sportlichen und repräsentativen Fahrzeugen unterscheiden: An luxuriösen Limousinen werde es immer Chrom geben, dort wirke der Glanz «elegant und staatsmännisch». Mit dem Anspruch hoher Dynamik dagegen vertrage sich dieses Metall weniger: Dort spielen er und seine Kollegen lieber mit blankem Aluminium und Metallen, die an Waffenstahl erinnern.

Wertvolle Anmutung

Der Tuner Rieger setzt beim Audi A4 auf wenig Chrom Foto: Rieger

Die Abkehr vom Chrom hat allerdings auch noch einen anderen Grund: «Neue Fertigungstechniken erschließen den Designern neue Möglichkeiten», sagt Lutz Fügener und verweist auf Oberflächen, die man gravieren, ätzen oder lochen kann, um Akzente am Fahrzeug zu setzen. «Früher gab es da nicht viel mehr Möglichkeiten als Chrom.» Chrom habe für Designer zudem ideale Eigenschaften: Es sei ästhetisch, spiegele und sehe wertvoll aus. Auch Audi-Designer Sielaff spricht von einem «neuen Instrumentarium durch neue Prozesse». Heute könnten zum Beispiel auch Kunststoffe galvanisiert oder sogar mit Verfahren aus der Sanitärindustrie beschichtet werden und glänzten dann metallisch ganz ohne Chrom.

Allerdings dürfe man die mögliche Abkehr vom Chrom nicht allein durch die europäische Brille sehen. «Das ist auch eine Frage der Kulturen», sagt Sielaff. In den USA oder in Asien wollten nach wie vor viele Autofahrer mit Hilfe von Chrom ihren Status unterstreichen. «Dort ist man weniger dezent als bei uns.»

Verschiedene Geschmäcker

Dass es andernorts oft mehr Zierrat braucht, hat auch Ford-Designer Martin Smith gelernt, als er eine China-Variante des neuen Fiesta entwarf: Während er beim Entwurf für Europa an Chrom sparte, konnte es dort gar nicht genug glänzen, erzählt der Designer von Kundenanalysen. «Die Leute haben für den Fiesta fast so viel Chrom gefordert, wie sie es von den Luxuslimousinen kennen.»

Auch wenn das Pendel in Europa gerade in die andere Richtung schwingt und dutzende Variationen von Schwarz und Grau den Glanz des Chroms verdrängen, müssen Autokäufer vom gewohnten Bild nicht allzu lange Abschied nehmen, sagt Prof. Fügener, der bei seiner Arbeit stets ein paar Fahrzeuggenerationen voraus denkt. Denn während Chrom auf den Straße erst so langsam verschwindet, halte es auf den Skizzen von ihm und seinen Studenten schon wieder vorsichtig Einzug. (dpa)

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