In Sichtweite: Infrarot-Bilder für das Auto

Er soll in immer mehr Modelle Einzug halten: der Nachtsicht-Assistent, der auch undurchdringliche Schwärze aufhellen kann. Das System ist für den Deutschen Zukunftspreis nominiert.

Von Frank Heidmann

Die Situation hasst jeder Autofahrer: bei Dunkelheit auf der Landstraße, die Sicht ist sowieso schon bescheiden, dazu kommen entgegenkommende Autos, die blenden, und der Regen macht die Sache auch nicht besser. Genau hier soll ein neues System Abhilfe bieten: Der Nachtsicht-Assistent liefert ein klares und scharfes Abbild der Straße. Momentan ist er zwar nur in der S-Klasse von Mercedes-Benz zu haben - aber das soll sich bald ändern.

Schärfer als eine Spiegelrelex-Kamera

Das von den Partnern DaimlerChrysler und Bosch in Stuttgart entwickelte Projekt ist in diesem Jahr für den Deutschen Zukunftspreis des Bundespräsidenten nominiert. Das Bild auf dem Acht-Zoll-Monitor des Nachtsichtgeräts sorgt für bessere Sicht als mit den besten Scheinwerfern.

Warum Fahrer in der Nacht Hilfe gut gebrauchen können, das zeigt die Statistik: Abends und nachts verringert sich das Verkehrsaufkommen auf bis zu 15 bis 20 Prozent. Aber trotz der wenigen Autos ereignet sich nachts jeder dritte tödliche Verkehrsunfall. «Dagegen wollten wir etwas tun», sagt Projektsprecher Jürgen Seekircher und meint mit «wir» die Entwickler bei Mercedes und Bosch.

Schon seit fast 20 Jahren arbeitet das Entwickler-Team an Konzepten für einen unfallfreien Straßenverkehr. Der Nachtsicht-Assistent besteht im Wesentlichen aus drei Komponenten: Infrarot-Schweinwerfer, die ohne Blendung des Gegenverkehrs die Straße beleuchten, ein großes Schwarz-Weiß-Display im Kombi-Instrument und schließlich als Herzstück eine völlig neu entwickelte Kamera, die eine deutlich höhere Auflösung hat als etwa eine Wärmebild-Kamera bei herkömmlichen Nachtsicht-Systemen. «Die Kamera ist besser als eine Spiegelreflex-Kamera, weil die Zahl der Graustufen drastisch erhöht wurde«, erklärt Bosch-Mann Prof. Peter M. Knoll.

Sichtweite teilweise verdoppelt

Im Praxistest konnten die Autofahrer hell gekleidete Testpuppen am Straßenrand mit dem Nachtsicht-Assistenten bereits vierzig Meter früher erkennen als mit Abblendlicht. Noch verblüffender war der Effekt bei dunkel gekleideten Puppen: Statt erst aus 70 Metern wurden sie mit dem Nachtsicht-Assistenten bereits aus einer Entfernung von 160 Metern erkannt. Eine gravierende Differenz, die den Unterschied zwischen Unfall und »Gerade noch geschafft« ausmachen kann.

Bei Mercedes-Benz ist man mit dem «sehenden Auto» rundherum zufrieden. «Nach einer kurzen Eingewöhnungszeit kommt man mit dem System sehr gut zurecht», findet Seekircher. Nach und nach soll das Sicherheitssystem auch in den kleineren Mercedes-Modellen angeboten werden. Und nach Ablauf einer gewissen Frist darf Bosch das System bald auch anderen Automobilherstellern anbieten. Dann sollen noch mehr Autos «sehen» lernen. (dpa)

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