«Renault ist eine der nachhaltigsten Marken für die Zukunft»

Renault-Markenchef Fabrice Cambolive

«Renault ist eine der nachhaltigsten Marken für die Zukunft»
Fabrice Cambolive ist seit dem 1. Februar 2023 Markenchef von Renault. © Nicolas Zwickel

Fabrice Cambolive ist seit dem 1. Februar Markenchef von Renault. Im Interview spricht der Franzose über die Transformation der Marke, die Bedeutung der Nachhaltigkeit und kommende Elektromodelle.

Renault wird auf der IAA Mobility Anfang September den rein elektrischen Scenic präsentieren. Ihm kommt für die Transformation der Marke eine Schlüsselposition zu, wie Renault-Markenchef Fabrice Cambolive im Interview mit der Autogazette und dem Magazin electrified sagte.

«Mit ihm können wir kommunizieren, dass Renault eine der nachhaltigsten Marken für die Zukunft ist. Genau darum geht es in diesen Zeiten: Wir müssen unsere Marke in Richtung Nachhaltigkeit transformieren.» So wird Renault den Scenic auch mit einem Solardach anbieten. «Das ist ein gutes Beispiel für unseren Technologieanspruch und unsere Liebe zum Detail. Das ist zudem gut für unsere Kunden, auch unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit», so der Renault-Markenchef.

Kostensenkung mit E-Sparte Ampere

Mit Blick auf sinkende Preise bei der E-Mobilität kommt der Elektroautosparte Ampere eine besondere Bedeutung zu. «Mit unserer E-Sparte Ampere werden wir nicht nur die Kosten eines E-Autos weiter senken können, sondern auch die Fixkosten unseres Unternehmens. Zugleich werden wir unseren Absatz steigern und unsere Vertriebskosten senken können. Das wird zu einer höheren Wettbewerbsfähigkeit bei den Elektroautos führen.»

Wie Cambolive sagte, arbeite man derzeit daran, ein Modell in der Preisspanne um die 25.000 Euro anzubieten. «Aber noch wichtiger als dieser Preis ist es, ein Elektroauto für einen sehr wettbewerbsfähigen monatlichen Leasingpreis anzubieten.» Zudem sei auch die Nutzbarkeit eines E-Autos wichtig, «und die muss auf dem Niveau eines Vollhybriden liegen. Das muss unser Ziel sein». Einen attraktiven Preis stellt Cambolive für den R5 und den R4 in Aussicht. «Wir arbeiten mit Nachdruck daran, dass wir den R5 für einen Preis von unter 30.000 Euro auf den Markt bringen. Damit wollen wir unsere Wettbewerbsfähigkeit gerade bei den elektrischen Kleinwagen unter Beweis stellen.»

«Für Transformation kommt Scenic Schlüsselpoistion zu»

Für Renault-Markenchef Fabrice Cambolive zählt nicht allein der Preis eines E-Autos. Foto: Nicolas Zwickel

Autogazette: Herr Cambolive, Renault hat Mitgliedern von «Car of the Year» in seinem Entwicklungszentrum in Paris unlängst die Modellneuheiten der kommenden Jahre gezeigt. Darunter befindet sich auch der vollelektrische Renault Scenic, den Sie auf der IAA in München vorstellen. Welches Modell ist für die Marke besonders wichtig?

Fabrice Cambolive: Wenn Sie eine Marke transformieren, ist es wichtig, dass Sie die Kundinnen und Kunden auf diesem Weg mitnehmen. Für die Transformation ist es wichtig, dass sie für die Übergangszeit effiziente Motoren anbieten können, wie wir es mit unseren Vollhybriden tun. Für die Transformation von Renault kommt dem Scenic aber eine Schlüsselposition zu.

Autogazette: Ist der Scenic wegen seines Volumens wichtiger als ein Fahrzeug wie der R5, der im kommenden Jahr eingeführt wird? Der R5 ist ja eine der Ikonen der Marke.

Cambolive: Natürlich ist ein Modell wie der R5 allein wegen der Emotionen für die Marke enorm wichtig, deshalb kommunizieren wir auch seit Monaten regelmäßig darüber. Der Scenic dient aber einem anderen Zweck. Mit ihm können wir kommunizieren, dass Renault eine der nachhaltigsten Marken für die Zukunft ist. Genau darum geht es in diesen Zeiten: Wir müssen unsere Marke in Richtung Nachhaltigkeit transformieren.

«Wir arbeiten hart an der Technologie und Qualität»

Autogazette: Ihr Chef Luca de Meo sagte, dass er den Zauber, die Magie zurück in die Fahrzeuge von Renault bringen wolle. Wie weit ist die Marke davon entfernt?

Cambolive: Er sagte nicht nur Magie, sondern auch Liebe. Und das für mich noch wichtiger als Magie. Doch wo sieht man die Liebe, die wir unsere Autos stecken? Wir arbeiten hart an der Technologie und der Qualität unserer Fahrzeuge. Wenn Sie auf den Scenic schauen, dann bieten wir für ihn beispielsweise ein Solardach. Das ist ein gutes Beispiel für unseren Technologieanspruch und unsere Liebe zum Detail. Das ist zudem gut für unsere Kunden, auch unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit. Wenn Sie sich in den Scenic setzen, werden sie erfreut sein über die guten Platzverhältnisse – und das sorgt bei unseren Kunden für Zufriedenheit.

Autogazette: Wie wichtig sind Ikonen wie der R5 oder auch der R4 dafür, eine Marke zu lieben, sie ins Herz zu schließen?

Cambolive: Es geht nicht darum, nur Ikonen wie den R5 oder R4 zu verwenden. Es geht darum, sie neu zu erfinden. Wenn Sie auf den R5, den R4, den Megane oder den Scenic schauen, dann sehen sie, dass wir diese Modelle komplett neu erfinden. Wir haben es nicht bei einigen Änderungen belassen, wir haben sie von Grund aus neu konzipiert.

Autogazette: Individuelle Mobilität wird immer teurer. Wie stellen Sie sich diesem Problem?

Cambolive: Wir sind uns dieses Problems der Bezahlbarkeit individueller Mobilität bewusst. Dessen stellen wir uns in der Entwicklung. Dazu gehört, dass wir sehr kostenbewusst produzieren und großen Wert auf Langlebigkeit und Nachhaltigkeit legen. Das lässt sich auch sehr gut in unseren Verkaufsregionen feststellen, wo wir sehr erfolgreich sind. Seit zwei Jahren steigern wir stetig unsere Verkaufszahlen.

«Für die gesamte Group ist es Zeit zum Feiern»

Für Fabrice Cambpolive wird die E-Autosparte Ampere die Wettbewerbsfähigkeit von Renault steigern. Foto: Nicolas Zwickel

Autogazette: Passend zum 125-jährigen Jubiläum der Marke hat die Renault Group im ersten Halbjahr Rekordwerte bei Umsatz, Marge und Absatz vorgelegt. Der Absatz der von Ihnen verantwortetem Kernmarke Renault stieg um fast 12 Prozent auf mehr als 772.000 Einheiten. Sind Sie in Feierlaune?

Cambolive: Ja, für die gesamte Group ist es Zeit zum Feiern. Wir haben im ersten Halbjahr 2023 Rekordwerte erzielt. Der Konzernumsatz stieg um 27,3 Prozent auf 26,8 Milliarden Euro gegenüber letztem Jahr. Die Profitabilität erreichte mit einer operativen Marge von 7,6 Prozent des Umsatzes einen neuen Höchstwert. Bei Renault haben wir von den erfolgreichen Produkteinführungen der zurückliegenden Monate profitiert und von der harten Arbeit, mit denen wir die Fixkosten, aber auch die Kosten für unsere Fahrzeuge reduzieren konnten. Das ist uns im Zusammenspiel mit den Händlern gelungen. Damit haben wir unsere Wettbewerbsfähigkeit gesteigert, sodass wir unseren Kunden ein attraktives Angebot machen können und dabei sogar noch unsere Marge steigern.

Autogazette: Sie sahen sich zuletzt mit einer Vielzahl von Krisen wie der Corona-Krise, der Chipkrise und dem Teilemangel in Folge des Ukraine-Krieges konfrontiert. Können Sie aus dem Krisen- wieder in den Normalmodus schalten?

Cambolive: In der Tat hatten wir mit multiplen Krisen zu kämpfen. Ich denke, dass die Krisenzeit nun mehr oder minder vorbei ist. Wir haben aus den Krisen gelernt, darauf schnell zu reagieren. Als wir mit unseren Strategieplan «Renaulution» starteten, sagte Luca de Meo, dass wir uns unabhängiger machen müssen von den Risiken auf den internationalen Märkten. Dass unsere Finanzergebnisse so gut sind, liegt auch daran, dass es uns gelungen ist, die Risiken richtig zu managen und schnell eine Risikoanpassung vorzunehmen.

«Stellen zunehmende Nachfrage nach Elektroautos fest»

Autogazette: Wie stellt sich für sie derzeit die Verfügbarkeit von Chips für die Produktion von Elektroautos dar?

Cambolive: So langsam verbessert sich das Angebot, wobei es natürlich eines Gleichgewichts zwischen Angebot und Nachfrage geben muss. Sicherlich sind noch nicht alle Probleme gelöst, aber die Situation hat sich deutlich verbessert.

Autogazette: Und wie stellt sich die Nachfrage nach Elektroautos im Moment dar?

Cambolive: Natürlich müssen wir uns angesichts der steigenden Strompreise, der Komponenten und des Rohmaterials auf eine schwankende Nachfrage einstellen. Doch seit Beginn des Jahres stellen wir eine zunehmende Nachfrage nach Elektroautos fest. Von daher gehe ich davon aus, dass wir auch in 2023 einen Zuwachs bei den Elektroautos erwarten werden.

Autogazette: Mit der Ausgliederung der Elektroautosparte Ampere sollen die Kosten ab 2027 um 40 Prozent gesenkt werden. Werden wir Preissenkungen bei den E-Autos schon früher sehen?

Cambolive: Schauen Sie auf den Megane Electric: Wie wir nach seinem Launch festgestellt haben, kommt er auf eine hohe Wertbeständigkeit. Das ist wichtig, um unseren Kunden die bestmögliche Monatsrate zu bieten. Mit unserer E-Sparte Ampere werden wir nicht nur die Kosten eines E-Autos weiter senken können, sondern auch die Fixkosten unseres Unternehmens. Zugleich werden wir unseren Absatz steigern und unsere Vertriebskosten senken können. Das wird zu einer höheren Wettbewerbsfähigkeit bei den Elektroautos führen.

«Es geht nicht allein um den Preis»

Fabrice Cambolive stellt mit dem R4 und dem R5 bezahlbare Elektroautos in Aussicht. Foto: Nicolas Zwickel

Autogazette: Wann werden Sie in der Lage sein, ein Elektroauto in einer Preisspanne von um die 25.000 Euro anzubieten?

Cambolive: Wir arbeiten daran, ein Auto für einen solchen Preis anzubieten. Aber noch wichtiger als dieser Preis ist es, ein Elektroauto für einen sehr wettbewerbsfähigen monatlichen Leasingpreis anzubieten.

Autogazette: Was ist ein realistisches Datum, ein Fahrzeug im Bereich von 25.000 Euro auf den Markt zu bringen? Ist es 2025, wie es die Kollegen von VW mit dem ID.2 vor haben?

Cambolive: Wir schauen sehr genau auf die Rohstoffkosten, wir schauen auf die Innovationen bei den Batterien, auf die Fortschritte unserer Elektrosparte Ampere. Doch es geht nicht allein um den Preis, sondern auch um die Nutzbarkeit eines E-Autos – und die muss auf dem Niveau eines Vollhybriden liegen. Das muss unser Ziel sein.

Autogazette: Das Angebot eines bezahlbaren Elektroautos überlassen Sie aber nicht ihrer Tochtermarke Dacia?

Cambolive: Ich spreche nicht über das Line-up von Dacia. Aber wir werden mit unserem R5 und auch dem R4 unsere Wettbewerbsfähigkeit bei bezahlbaren E-Autos beweisen.

«Werden 2030 über ein komplettes EV-Line-up verfügen»

Autogazette: Dann lassen Sie uns über den Preis des R5 reden, der auf der neuen CMF-BEV-Plattform für Kleinwagen basiert. Wird er unter 30.000 Euro eingepreist sein?

Cambolive: Nun, wir arbeiten mit Nachdruck daran, dass wir den R5 für einen Preis von unter 30.000 Euro auf den Markt bringen. Damit wollen wir unsere Wettbewerbsfähigkeit gerade bei den elektrischen Kleinwagen unter Beweis stellen.

Autogazette: Wenn Sie das Tempo der Transformation hin zur E-Mobilität in Europa mit dem in China vergleichen, sind wir zu langsam unterwegs?

Cambolive: Die Zukunft in Europa ist elektrisch. Da besteht keine Diskussion. Wenn ich mir unsere Absatzsituation bei den Elektroautos in den zurückliegenden Monaten anschaue, dann liegt das Wachstum exakt in unseren Planungen. Von daher kann ich nicht sagen, dass wir zu langsam sind. Zudem werden wir bis 2030 über ein komplettes EV-Line-up verfügen.

Autogazette: Die EU hat das Aus für den Verbrenner im Jahr 2035 beschlossen. Wird das die Transformation beschleunigen?

Cambolive: Mit dem Zoe kamen wir bereits vor zwölf Jahren auf den Markt – für uns ist 2035 nur ein Datum. Wir arbeiten daran, den Abschied vom Verbrenner eher zu beschreiten. Wenn die Märkte es zulassen, sprechen wir vom Jahr 2030.

«Sind vor allem auf den Vollhybriden fokussiert»

Renault ist eine der nachhaltigsten Autobauer, sagt Markenchef Fabrice Cambolive. Foto: Nicolas Zwickel

Autogazette: Wenn Sie so sehr auf die E-Mobilität setzen, warum ist Renault dann derzeit so fokussiert auf den Vollhybriden oder den PHEV?

Cambolive: Wir sind vor allem auf den Vollhybriden fokussiert. Auf ihn entfällt mehr als 50 Prozent der Nachfrage. Wir bieten ihn für den Clio, Captur, Arkana, Austral und den Espace an. Diese Technologie spielt eine wichtige Rolle bei der Elektrifizierung unseres Line-Ups und die Zukunft unserer Marke. Mit einem Full-Hybrid können sie zu 80 Prozent elektrisch in der Stadt fahren und damit einem niedrigen CO2-Fußabdruck erzielen. Es ist eine Technologie, die sich einer stetig steigenden Nachfrage erfreut.

Autogazette: Welche Zukunft hat ein Modell wie der Clio mit Blick auf die kommende Abgasnorm 7?

Cambolive: Das kann man noch nicht sagen, weil die Regulatorik noch nicht beschlossen ist. Dass, was bisher diskutiert wurde, würde eine Kostensteigerung von 2000 bis 3000 Euro bedeuten. Aber jetzt werden wir abwarten, was beschlossen wird. Aber eines ist klar: Die Kosten eines Hybriden auf Euro 7 abzustimmen würde deutlich weniger kosten als bei einem klassischen Verbrenner.

Das Interview mit Fabrice Cambolive führte Frank Mertens

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