«Der ID.Buzz ist das disruptivste Auto im Portfolio»

VW-Nutzfahrzeugchef Carsten Intra

«Der ID.Buzz ist das disruptivste Auto im Portfolio»
Carsten Intra ist seit September 2020 Chef der VW-Nutzfahrzeugsparte. © Benjamin Pichelmann

VW hat vor etwas mehr als zwei Wochen den ID.Buzz vorgestellt. Im Interview spricht Nutzfahrzeug-Chef Carsten Intra über den Elektro-Bulli, das autonome Fahren und den Weg in die Nachhaltigkeit.

Der VW ID.Buzz ist die wichtigste Neuheit des Autobauers in diesem Jahr. Dem Elektro-Bulli kommt für die Nutzfahrzeugsparte eine besondere Bedeutung zu, wie Vorstandschef Carsten Intra in einem Interview mit der Autogazette und dem Magazin electrified bei einer Fahrt im neuen Elektro-Bulli in Hannover sagte.

«Er ist für unsere Marke der sichtbare Aufbruch in die Zukunft. Vor dem Hintergrund dessen, was dieses Auto kann, werden wir mit ihm unser Geschäftsmodell verändern können. Der ID. Buzz ist der Vorläufer für eine neue Art der Mobilität», sagte Intra. Der Nutzfahrzeugchef bezeichnete den ID.Buzz als «das bislang disruptivste Auto in unserem Portfolio».

«Autonomes Fahren ist mehr als nur ein Technologieträger»

Zu diesen Geschäftsmodellen gehöre dabei auch das autonome Fahren. Hier sehe man ein enormes Potenzial sowohl bei Robotaxis für den Individualverkehr als auch für den emissions- und fahrerlosen Transport von Gütern, betonte Intra.

«Autonomes Fahren ist für uns mehr als nur ein Technologieträger, es ist ein Geschäftsmodell für die Zukunft, Wir sprechen bereits mit den Großen der Logistikbranche – dazu gehören auch Lyft und Uber – über das Thema Personentransport. Große Firmenkunden wie die Post, DHL oder Amazon können zudem mit autonom fahrenden Fahrzeugen ihr Geschäft revolutionieren», ist Intra überzeugt. Diesen Kunden wollen man dafür das richtige Fahrzeug zur Verfügung stellen.

«Haben als Nutzis bereits einiges zusammen durchgestanden»

VW-Nutzfahrzeugchef Carsten Intra (r.) im Gespräch mit Frank Mertens. Foto: Benjamin Pichelmann

Autogazette: Herr Intra, als Sie im September 2020 Vorstandsvorsitzender von VW Nutzfahrzeuge wurden, sagten Sie, dass sich das anfühle, wie frisch verliebt zu sein. Hält dieses Verliebtsein immer noch an?

Carsten Intra: Ja, auch wenn vieles vertrauter geworden ist. Wir haben als Nutzis bereits einiges zusammen durchgestanden. Es ist ein tolles Team, es macht wirklich Spaß. Die Nutzis sind zwar im Volkswagen-Konzern zu Hause, aber es ist eine eigene Welt, mit unterschiedlichen Kunden.

Autogazette: Was macht die Nutzfahrzeugwelt so eigen?

Intra: Das besondere bei den Nutzis ist, dass wir beides haben. Wir haben den klassischen Pkw-Kunden, der ein Auto wie den neuen Multivan kauft. Und dann haben wir den Geschäftskunden, der einen robusten Kastenwagen sucht oder für den wir die Autos speziell ausrüsten, wie für die Polizei oder den Handwerker. Daneben haben wir viele begeisterte Freizeitkunden, die beispielsweise ein Fahrzeug unserer California-Familie kaufen.

Autogazette: Zum Amtsantritt sagten Sie auch, dass sich die VW Nutzfahrzeugsparte neu erfinden müsse. Nun haben Sie am 9 März den ID. Buzz vorgestellt. Erfindet sich die Nutzfahrzeugsparte mit dem ID. Buzz neu?

Intra: Es gibt in der Autobranche mehrere große Mega-Trends: Da wären zum Beispiel die Nachhaltigkeit und die Elektrifizierung. Als ich zu den Nutzis kam, hatten wir den e-Crafter und die gemeinsam mit unserem Partner Abt elektrifizierten T6.1-Modelle. Sehr gute Autos – aber natürlich in überschaubaren Stückzahlen. Nun verfügen wir mit dem ID. Buzz über das erste vollelektrische Fahrzeug auf Basis des Modularen Elektrifizierungsbaukastens.

Weitere große Themen sind die Digitalisierung und Vernetzung. Hier haben wir vom Konzern den Auftrag bekommen, das automatisierte Fahren auf den Weg zu bringen. Denn wir sehen ein enormes Potenzial: sowohl bei Robotaxis, die den Individualverkehr reduzieren aber auch sicherer machen werden, als auch im emissions- und fahrerlosen Transport von Gütern. Auch dabei spielt übrigens der ID. Buzz eine sehr wichtige Rolle. Die Marke Volkswagen Nutzfahrzeuge hat also gleich mehrere ganz große Zukunftsthemen auf dem Zettel.

«Wir sprechen bereits mit den Großen der Branche»

Der Bulli wird elektrisch: der VW ID.Buzz. Foto: Benjamin Pichelmann

Autogazette: Ein Aspekt, der für Sie zugleich einen neuen Business-Case darstellt…

Intra: …absolut. Autonomes Fahren ist für uns mehr als nur ein Technologieträger, es ist ein Geschäftsmodell für die Zukunft, Wir sprechen bereits mit den Großen der Logistikbranche – dazu gehören auch Lyft und Uber – über das Thema Personentransport. Große Firmenkunden wie die Post, DHL oder Amazon können zudem mit autonom fahrenden Fahrzeugen ihr Geschäft revolutionieren. Es ist jetzt an uns, den Kunden dafür das richtige Fahrzeug zur Verfügung zu stellen – und damit dann für uns ein neues Geschäftsmodell aufzumachen.

Autogazette: Sie waren gerade in Florida, wo Sie mit ihrem Partner Argo AI das autonome Fahren getestet haben. Welchen Stand haben die Pilotprojekte in München und Hamburg?

Intra: In Hamburg erfahren wir gerade die Stadt, um so das notwendige Kartenmaterial zu erstellen. In München haben wir diesen Schritt bereits hinter uns – und fahren mit unseren Fahrzeugen bereits autonom. Derzeit aber noch mit Sicherheitsfahrer und auf speziell dafür eingerichteten Testarealen.

Autogazette: Ihre ursprünglichen Planungen sahen vor, dass 2025 beim autonomen Fahren der Regelbetrieb aufgenommen werden soll. Bleibt es dabei?

Intra: Ja, an unseren Planungen hat sich nichts geändert. Sobald die Strecken vermessen sind, werden wir noch dieses Jahr den ID. Buzz in Hamburg für Testfahrten zum Einsatz bringen. Hamburg ist auch deshalb der richtige Ort für das Angebot eines Bezahldienstes, weil dort unser Ridepooling-Service Moia bereits fährt.

«Sicherheit hat für uns oberste Priorität»

Autogazette: Sie werden dann nur noch autonom unterwegs sein?

Intra: Nein. In der Startphase werden wir einen Flottenmischbetrieb sehen. Sicherheit hat für uns oberste Priorität! Gerade in der Anfangsphase werden wir für besonders anspruchsvolle Verkehrssituationen – beispielsweise bei Schneefall –immer auch noch einen Fahrer an Bord haben, der übernehmen kann. Ab 2025 wollen wir dann ohne Fahrer fahren, komplett autonom.

Autogazette: Wann soll der Regelbetrieb mit Sicherheitsfahrer in Hamburg anlaufen?

Intra: Das soll 2023 der Fall sein.

Autogazette: Sind Sie mit dem Status quo des Projektes zufrieden?

Intra: Ich bin mit dem Status nie zufrieden. Das muss auch so sein. Doch wir fahren die gesteckten Meilensteine im eng getakteten Zeitplan gut ab. Wir wollen jedes Jahr eine bestimmte Anzahl von Kilometern zurückzulegen. Zudem testen wird die verschiedenen Fahrzeugtypen und schauen, wie häufig der Sicherheitsfahrer eingreifen muss. Das wird am Ende des Tages auch die entscheidende Frage sein.

«Ich bin froh, dass es dieses Gesetz gibt»

Mit dem ID.Buzz von VW über die Straßen von Hannover. Foto: Benjamin Pichelmann

Autogazette: Die Regulatorik ist ja mittlerweile auch so weit. Im Sommer 2021 wurde ein entsprechendes Gesetz erlassen, dass autonomes Fahren im Regelbetrieb möglich wird…

Intra: …ich bin froh, dass es dieses Gesetz gibt, denn damit können wir jetzt starten. Doch um diese teure Technologie skalieren zu können, brauchen wir in Europa eine einheitliche Regulatorik, den gleichen gesetzlichen Rahmen. In Deutschland sind wir da ganz vorne – und dafür dürfen wir dankbar sein.

Autogazette: Wir fahren gerade im neuen ID.Buzz durch Hannover. Was gefällt Ihnen am besten am ID.Buzz?

Intra: Ich bin total begeistert von diesem Auto…

Autogazette: …das müssen Sie ja sagen…

Intra: Nein, das muss ich nicht. Ich bin da vielleicht etwas atypisch. Ich sage meistens tatsächlich das, was ich denke. Der ID.Buzz bietet uns Möglichkeiten, die wir vorher nicht hatten. Dazu gehört beispielsweise die Möglichkeit der Over-the-Air-Updates, das bidirektionale Laden und viele weitere softwaregetriebene Aspekte.

«Das ist die Liebe zum Detail»

Autogazette: Und sind Sie mit dem Innenraum zufrieden? Wenn ich mich umschaue, fällt er im Vergleich zum ID.3 deutlich wertiger aus.

Intra: Sehr. Volkswagen Nutzfahrzeuge steht für Qualität und Wertigkeit. Das ist die Liebe zum Detail. Schauen Sie nur mal das Lenkrad an: es fühlt sich wie Leder an, ist aber kein Leder. Die Decke und Teile der Sitze sind aus recyceltem Kunststoff: aus PET-Flaschen oder sogenanntem Meeresplastik. Und schauen sie auf die Mittelkonsole: Die ist sehr wertig und edel. Das war zwar etwas teurer, aber es war wichtig für die Qualitätsanmutung.

Autogazette: Ist der ID.Buzz für Sie das wichtigste Modell im Portfolio?

Intra: Ich sagte es schon: Unserer Kunden und ihre Ansprüche sind sehr unterschiedlich – genau wie unsere Fahrzeuge: Ein Caddy ist als Stadtlieferwagen der perfekte Einstieg, unser T6.1 für viele Gewerbetreibende und Camper gleichermaßen ein Traumauto, der neue Multivan spricht mit seinem Langstreckenkomfort Premium-Pkw-Kunden an, der Crafter ist im Segment der C-/D-Transporter immer noch Benchmark. Ich glaube aber, dass der ID.Buzz das bislang disruptivste Auto in unserem Portfolio ist. Er ist für unsere Marke der sichtbare Aufbruch in die Zukunft. Vor dem Hintergrund dessen, was dieses Auto kann, werden wir mit ihm unser Geschäftsmodell verändern können. Der ID. Buzz ist der Vorläufer für eine neue Art der Mobilität.

Autogazette: Wurde der Weg in die E-Mobilität von Ihnen zu spät beschritten?

Intra: Man muss doch sehen, dass bis vor drei, vier Jahren nicht klar war, welche Technologie sich durchsetzen wird. Unser Vorstandsvorsitzender Herbert Diess hat damals das Thema E-Mobilität stark gepusht. Ich glaube, dass dieser starke Einfluss von VW dafür gesorgt hat, dass sich die E-Mobilität als Technologie durchgesetzt hat. VW ist dann relativ schnell mit dem ID.3 und ID.4 auf den Markt gekommen.

Autogazette: Was man von der Nutzfahrzeugsparte nicht behaupten kann…

Intra: …das sehe ich anders. Wir haben auf der MEB-Plattform aufgesattelt – und das erste Modell ist nun der ID. Buzz. Zudem muss man bedenken, dass die Nutzfahrzeugkunden immer auch etwas konservativer sind: Sie müssen sich fragen, ob ihr Einsatzzweck auf Baustellen oder der Langstrecke einen effizienten Diesel benötigt oder sich ein E-Modell für sie bereits rechnet.

«Diese Chance werden wir nutzen»

Autogazette: Dann verraten Sie uns, wann die nächsten reinen E-Autos von VWN kommen?

Intra: Wir haben im Konzern jetzt die Möglichkeit, in den Baukasten zu greifen. Und diese Chance werden wir nutzen, um in den kommenden Jahren verschiedene Derivate anzubieten.

Autogazette: Auf welchen Anteil sollen bei Ihnen bis 2030 die reinen E-Modelle kommen? Ebenfalls auf 70 Prozent wie bei den Pkws?

Intra: Wir haben uns bis 2030 einen Anteil am verkauften Volumen von 55 Prozent reinen E-Autos vorgenommen. Gerade im C-/D-Segment erwarten wir nach wie vor eine starke Nachfrage seitens der Kunden bei den Verbrennern. Eines ist aber klar: Bis 2030 werden wir ein starkes Angebot an BEV-Fahrzeugen haben – das werden sie auch an den Neuvorstellungen an reinen E-Fahrzeugen sehen, die bis 2025 kommen.

«Planen in Hochlaufphase mit 50.000 bis 60.000 Einheiten»

Autogazette: Auf welchen Anteil am Absatz soll der ID. Buzz kommen?

Intra: Der ID. Buzz soll im B-Segment sicher die Hälfte der verkauften Fahrzeuge ausmachen.

Autogazette: Mit welcher Jahreskapazität planen Sie beim ID.Buzz in Ihrem Werk in Hannover?

Intra: In der Hochlaufphase planen wir erstmal mit 50.000 bis 60.000 Einheiten pro Jahr in Hannover. Mit weiteren Derivaten gehen wir später von deutlich mehr als 100.000 Einheiten aus unserem Stammwerk pro Jahr aus.

Autogazette: Und wann wird er auf den Markt kommen?

Intra: Geplant ist der Marktstart im Herbst. Doch jetzt müssen wir es von der Versorgung mit Teilen abhängig machen. Aufgrund des Ukraine-Krieges können wir das heute nicht genau sagen. Derzeit bleiben wir noch bei unserer Planung.

«Der Cargo ist ideales Fahrzeug für Handwerker»

Autogazette: Wie schauen die Erwartungen mit Blick auf den ID. Buzz Cargo aus?

Intra: Der Cargo ist ein ideales Fahrzeug für Handwerker, er verfügt beispielsweise über eine 220 Volt-Steckdose. Er besitzt einen sehr großen Laderaum, zwei Paletten können quer transportiert werden – und er ist sehr variabel. Wir glauben, dass Handwerker genau ein solches Fahrzeug brauchen. Aber auch für Paket-Lieferdienste auf der letzten Meile sehen wir beim Cargo großes Potenzial.

«Der ID.Buzz wird das Volumen im Werk entscheidend absichern»

Autogazette: Was bedeutet der ID. Buzz für das Werk in Hannover. Ist er ein Hoffnungsträger?

Intra: Absolut. Es ist das Fahrzeug für die Zukunft. Zusammen mit dem neuen Multivan (T7), den es als PHEV ja auch teilelektrifiziert gibt, dem noch bis 2024 laufenden T6.1 und dann etwas später noch dem sogenannten D-SUV, also den Premium-E-Fahrzeugen, die wir für die Marken Audi und Bentley bauen, wird der ID. Buzz das Volumen im Werk entscheidend mit absichern.

Autogazette: Die Kernmarke VW Pkw will zwischen 2033 und 2035 den letzten Verbrenner für den europäischen Markt vom Band laufen lassen. Wie schaut bei VWN die Transformationsgeschwindigkeit aus?

Intra: Wir bauen ja in vielen Bereichen auf der Grundplattform des Konzerns auf. Wenn das Unternehmen sagt, dass es bestimmte Motorenreihen nicht mehr fortsetzt, müssten wir die Kosten für eigene Entwicklungen auch selbst tragen. Doch das könnten wir uns gar nicht leisten. Ein Ausstieg aus dem Verbrenner bei den Pkws würde auch einen Ausstieg von uns bedeuten, auch wenn das nicht immer zeitgleich verlaufen muss.

Autogazette: Sie zielen auf Langstreckenfahrzeuge wie den Crafter ab?

Intra: Ja, mit Langstrecken-Fahrzeugen wie dem Crafter sind wir vielleicht noch etwas länger ans Verbrennergeschäft gebunden, aber grundsätzlich gilt ein solches Ausstiegsdatum bei den Pkws auch für uns. Das sind Dinge, die ich mit meinem Kollegen Ralf Brandstätter abstimme.

«So ein Produkt hat sonst keiner»

Autogazette: Ihr Ziel bei der E-Mobilität ist, die Führungsrolle einzunehmen. Doch kommt die nicht Mercedes zu?

Intra: Wie kommen Sie darauf? Wir haben im Konzern Skaleneffekte, die andere nicht haben. Wenn man sich allein unsere Batteriestrategie mit den sechs Giga-Factorys anschaut, sind wir ganz weit vorne. Bestes Beispiel ist das Fahrzeug in dem wir gerade sitzen: ID. Buzz und ID. Buzz Cargo bauen nicht auf dem Kompromiss einer Multitraktionsplattform auf, sondern sind rein elektrisch konzipiert worden. Der ID. Buzz hat zudem nicht nur im Vergleich zum Wettbewerb eine größere Range, er kann auch schneller laden, nämlich mit bis zu 170 kW. Schließlich stecken sieben Jahrzehnte Bulli-Knowhow und ganz viel Liebe zum Detail im ID. Buzz. So ein Produkt hat sonst keiner.

Autogazette: Gehen Sie davon aus, dass Spritpreise von über zwei Euro pro Liter den Weg ihrer Kunden zur E-Mobilität befördern wird?

Intra: Absolut, gerade Handwerkern und Gewerbetreibenden geht es um die Total-Cost-of Ownership. Die Spritpreise werden dafür sorgen, dass sich viele Kunden für ein E-Modell entscheiden. Angesichts steigender Spritpreise wird es für den Verbrenner nicht einfach werden.

«Haben viele Dinge bereits auf Klimaneutralität umgebaut»

Der ID.Buzz ist für Carsten Intra das disruptiveste Modell im Portfolio. Foto: Benjamin Pichelmann

Autogazette: Bei der Weltpremiere des Fahrzeugs wurde gesagt, dass der ID. Buzz bilanziell CO2-neutral produziert und ausgeliefert wird. Ist bilanziell nichts anderes als Greenwashing, wichtiger wäre doch die Vermeidung?

Intra: Wir haben viele Dinge bereits auf Klimaneutralität umgestellt: sei es bei den Lieferanten oder den Werkstoffen. Die Stromversorgung bei uns im Werk kommt von einem Gaskraftwerk – das können wir nicht einfach umstellen. Deshalb wird das mit Aufforstungsprojekten kompensiert. Das kostet uns viel Geld – und das spüre ich täglich in meiner Bilanz und meinem Ergebnis. Deshalb mache ich mir ständig Gedanken, wo ich CO2 einsparen kann. Diese Ausgaben will ich wegkriegen. Wir prüfen die komplette Produktionskette und unternehmen erhebliche Anstrengungen, um schneller und nachhaltiger zu agieren.

Autogazette: CO2-Vermeidung ist aber wichtiger als Kompensation…

Intra: …genau das meine ich. Wir haben unsere CO2-Werte deutlich verbessert – aber ich bin noch nicht da, wo ich hinkommen will. Deshalb haben wir viele Projekte, die der Umwelt helfen. Aber ja, wir wollen vor allem auf die Vermeidung setzen. So stellen wir derzeit die Lackierung um und die Produktion und vieles weitere mehr. Und dort, wo wir unser Ziele noch nicht erreicht haben, kompensieren wir.

Autogazette: Aufgrund des Ukraine-Krieges wird darüber diskutiert, später aus der Kohle auszusteigen als geplant. Ist das mit Blick auf die Pariser Ziele eine falsche Diskussion?

Intra: Für mich ist die Konsequenz vielmehr, jetzt mit noch mehr Nachdruck auf den Ausbau der Erneuerbaren setzen. Das ist jetzt noch notwendiger. Statt wegen eines möglichen Versorgungsengpasses länger an den Fossilen festzuhalten, müssen wir den Weg in die Erneuerbaren mit aller Konsequenz gehen.

Das Interview mit Carsten Intra führte Frank Mertens

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