Hyundai hat weltweit den Anschluss an die größten Autohersteller hergestellt. Noch aber gibt sich der südkoreanische Konzern bescheiden in den Zielen für die nächsten Jahre.
Von Thomas Flehmer
Martin Winterkorn kann aufatmen. Im Bestreben, weltgrößter Autohersteller zu werden, kann der VW-Chef den südkoreanischen Autobauer Hyundai von der Liste der Konkurrenten streichen. "Es gibt keine Bestrebungen des Konzerns, zum weltgrößten Hersteller aufzusteigen. Jedenfalls nicht zu diesem Zeitpunkt", sagte Dieter Frey, Geschäftsführer von Hyundai Deutschland, "für uns ist das Wichtigste, mehr und mehr zu einer festen Größe aufzusteigen."
Fünfter Platz in der Weltrangliste
Das ist untertrieben, denn mit knapp sechs Millionen verkauften Autos im Jahr spielen Hyundai und Tochter Kia im Konzert der ganz Großen mit und sind derzeit fünftgrößter Hersteller der Welt hinter Toyota, GM, Volkswagen und Renault.
Mit dem fünften Platz in der Weltrangliste, dem im Jahr 2000 proklamierten Ziel, kann sich der Konzern recht gut anfreunden. "Wir haben uns von Jahr zu Jahr nach oben entwickelt", so Frey, der früher auch für Opel und den Fiat-Konzern tätig war. 5,7 Millionen Fahrzeuge, 3,6 Millionen von Hyundai, 2,1 Millionen von Kia, verließen im vergangenen Jahr die Werkstore. In 2011 sollen rund 6,3 Millionen Autos produziert und verkauft werden. Und damit nähert sich Hyundai auch immer mehr der absoluten Spitze an, auch wenn Frey sagt, dass die Priorität auf "Erreichung der Qualitätsführerschaft" liegt.
Modelloffensive bis 2015
Und gerade an diesem Punkt gibt es unterschiedliche Ansichten auf dem Erdball. Denn während Hyundai in Asien und den USA ("Dort verkaufen wir mehr Fahrzeuge als alle deutschen Hersteller zusammen") einen hohen Stellenwert besitzt, verfügt das Unternehmen in Deutschland noch immer über einen gewissen Reisschüssel-Charme. "Die Wahrnehmung der Kunden beläuft sich immer noch im Preis-Leistung-Verhältnis", so Frey.
Aber auch hier gibt es eine Aufwärtsbewegung. Der Marktanteil in Deutschland wurde von 1,7 auf 2,4 Prozent gesteigert, bis 2015 soll der Anteil bei über drei Prozent mit über 100.000 Hyundais in Deutschland betragen. "Wir sind nah dran an der Nummer fünf und vier in Deutschland", sagt Frey und unterstreicht so die Ambitionen. Unter anderem mit einer Modelloffensive sollen potentielle Kunden angelockt werden. "In diesem Jahr werden wir sieben Neuvorstellungen präsentieren, bis 2015 werden wir insgesamt 16 Modelllinien im Programm anbieten", so Frey.
Niedrige Kosten in der Slowakei
Doch den Knackpunkt, in Deutschland und Europa zu punkten, sieht Frey im Aufbau der europäischen Produktion. Im Technik-Center in Rüsselsheim werden neue Entwicklungen vorangetrieben, das Diesel-Zentrum gibt die Strategie in diesem Bereich im ganzen Unternehmen vor. "Die europäische Produktion gibt uns Flexibilität und weniger Wartezeit", sagt Frey, "lediglich zehn Prozent unserer Autos kommen aus Südkorea."
Ein weiterer Gesichtspunkt sind die niedrigen Kosten bei der Herstellung der Fahrzeuge im slowakischen Zilina, wo sich fast die gesamte Autoindustrie samt Zuliefererbetriebe wiedertrifft. Die Arbeitskosten betragen dort ein Zwanzigstel im Vergleich zum Lohn eines deutschen Arbeiters.
Hoffnung auf neues Sommermärchen
Eine weitere Säule ist das Sponsoring. Seit 2000 ist Hyundai Sponsor des Fußball-Weltverbandes Fifa, vor kurzem wurde der Vertrag bis 2020 verlängert. "Das Sponsoring hat viel zur Bekanntheit beigetragen", sagt der Automanager. Besonders die Heim-WM im Jahr 2006 hat den Bekanntheitsgrad vergrößert. Und auch die anstehende Frauen-WM in diesem Sommer in Deutschland soll das Image weiter aufpolieren.
"Wir hoffen, mit der Frauen-WM das Sommermärchen ein bisschen weiter schreiben zu können", sagt Frey, der aber zugleich weiß, dass die WM der Damen Deutschland nicht in einen vergleichbaren Taumel wie 2006 reißen wird. Dass der Gewinn der WM das Sommermärchen auch für den Fifa-Sponsor lukrativer werden könnte, will Frey dabei aber nicht ausschließen.
20 Jahre in Deutschland
Im 20. Jahr des Markteintritts in Deutschland nicht nur für Frey ein Grund der Freude. 1991 waren die Südkoreaner mit Modellen wie Pony oder Lantra gestartet, jetzt fahren von i10 bis demnächst i40 oder Veloster durch deutschen Straßen. Besonders auf dem i40 liegen hohe Erwartungen, soll die Mittelklasse doch den Weg in das Flottengeschäft ebnen, in dem Hyundai derzeit nur schmal vertreten ist.
"Früher waren wir nicht auf dem Schirm der Mitbewerber, jetzt werden wir wahrgenommen", sagt Frey und fährt fort, "wir wissen, dass wir Felder noch nicht bearbeitet haben. Das sehen wir als Chance an. Wir sind noch nicht so gut wie VW, aber wir bewegen uns dahin." Es sieht so aus, als müsste sich Martin Winterkorn doch irgendwann Sorgen machen.