Opel hat das Jahr 2009 in der Zulassungsstatistik auf Platz zwei beendet. Mit welchen Zielen der Autobauer ins neue Jahr blickt, sagen Vetriebschef Michael Klaus und sein Großkundenchef Jürgen Hölz im Gespräch mit der Autogazette.
Der Autobauer will mittelfristig wieder einen Marktanteil von 10 Prozent erreichen. «Die Zehn-Prozent-Marke ist gar nicht mehr so weit weg. Um so etwas jedoch nachhaltig zu gewährleisten, müssen entsprechende Portfolio-Entscheidungen getroffen werden. Da sind wir mittendrin», sagte Opel-Vertriebschef Michael Klaus im Interview mit der Autogazette.
80 Prozent Neuerungen
«Damit das gelingt, werden wir 2010 allein bei rund 80 Prozent der für Opel relevanten Modellsegmente Neuerungen anbieten», ergänzte Klaus. Umwelfreundlichen Autos kommt dabei eine große Bedeutung zu. «Es gibt einen Trend zum Spritsparen. Deshalb bieten wir unserem Kunden eine Vielzahl von Spritsparmodellen an, vor allem bezahlbare. Ab sofort werden wir auch Autogas-Fahrzeuge ab Werk anbieten.»
«Wir geben keine Prognose»
Autogazette: Herr Klaus, Opel landete erstmals seit 2005 in Deutschland in der Zulassungsstatistik mit rund 339.000 Fahrzeugen hinter VW mit einem Marktanteil von 8,9 Prozent wieder auf Platz zwei. Ist dieser Marktanteil auch in 2010 zu erreichen?
Michael Klaus: Nach der Abwrackprämie wird sich der Markt neu sortieren. Wir konnten die Möglichkeiten am Markt in 2009 nutzen und freuen uns über den Platz zwei. Dafür waren vor allem unsere Produkte, allen voran der Insignia und unsere hochmotivierten Händler verantwortlich. Wir geben keine Prognose für 2010, sondern bleiben dabei: Opel muss mittelfristig eine 10-Prozent Plus-Marke sein.
Autogazette: Die Marktanteile werden angesichts der schwierigen Rahmenbedingungen also neu aufgeteilt werden...
Klaus:...natürlich, nach der Abwrackprämie werden insbesondere die Premium-Marken wieder stärkeres Gewicht bekommen. Jeder wird kämpfen müssen!
Autogazette: Sie haben in 2009 im Vergleich zum Vorjahr ein Absatzplus von knapp über 31 Prozent erzielt. Wie ernüchternd wird das Jahr 2010 für Opel werden?
Klaus: Der Gesamtmarkt, der in 2009 auf ein Volumen von 3,8 Millionen Fahrzeugen kam, wird ganz klar nach unten gehen. Diesem Fakt muss man klar in die Augen sehen, von Ernüchterung möchte ich da aber nicht sprechen. Ich rechne für das laufende Jahr in Deutschland mit einem Absatz von 2,8 Millionen, der noch um 200.000 Fahrzeuge nach oben oder nach unten tendieren kann.
«Markt birgt viele Unwägbarkeiten»
Autogazette: Welche Absatzerwartung haben Sie in Deutschland für 2010?
Klaus: Dazu werde ich nichts sagen. Wir haben mit dem Astra als Fünftürer, der umfangreichen Produkterneuerung des Corsa und dem neuen Meriva zwar eine Menge Produktneuheiten zu bieten, doch der Markt birgt so viele Unwägbarkeiten, dass es unseriös wäre, hier eine vernünftige Prognose für Opel abzugeben.
Autogazette: Hat Sie der Erfolg im Vorjahr nicht überrascht? Schließlich sorgte Opel im Monate währenden Übernahmepoker täglich für Negativ-Schlagzeilen.
Klaus: Nein, denn wir haben Stärken, derer wir uns bewusst sind. Dazu gehört neben einem fortschrittlichen Design, einer hohen Zuverlässigkeit auch die Umweltfreundlichkeit unserer Fahrzeuge. Und unsere neuesten Produkte kommen gut an. Allein unser neuer Insignia, der keineswegs von der Abwrackprämie profitiert hat, hat seinen Anteil im Car D-Segment verdoppeln können.
«Zehn-Prozent nicht weit weg»
Autogazette: Hat das Image der Marke durch den Übernahmepoker nicht gelitten?
Klaus: Opel hat natürlich polarisiert. Dabei ist aber deutlich geworden, dass Opel wie in einer Opferrolle zwischen zwei Stühlen saß - und das löste eine Emotionalität nicht nur bei der treuen Kundschaft aus. Der Zuspruch war enorm. Darüber haben wir uns sehr gefreut.
Autogazette: Sie sehen Opel als eine Zehn-Prozent-Marke. Wann wollen Sie dieses Ziel erreichen?
Klaus: Die Zehn-Prozent-Marke ist gar nicht mehr so weit weg. Um so etwas jedoch nachhaltig zu gewährleisten, müssen entsprechende Portfolio-Entscheidungen getroffen werden. Da sind wir mittendrin. Jetzt indes schon zu sagen, dass das drei, fünf oder sieben Jahre dauert, kann ich nicht tun. Wichtig ist auch nicht, wie hoch der Marktanteil ist, sondern wie viel Marktanteil mache ich für uns als Hersteller und für den Handel profitabel. Damit das gelingt, werden wir 2010 allein bei rund 80 Prozent der für Opel relevanten Modellsegmente Neuerungen anbieten.
Autogazette: Das heißt was genau?
Klaus: Ich spreche vom Astra als Fünftürer und als Sports Tourer, ich spreche von der umfangreichen Produkterneuerung des Corsa und dem neuen Meriva. Auch im Nutzfahrzeuggeschäft wollen wir mit dem neuen Movano punkten.
Autogazette: Zu welchem Preis werden Sie den Meriva auf den Markt bringen?
Klaus: Wir haben den Preis noch nicht festgelegt. Traditionell bietet Opel aber ein hervorragendes Preis-/Leistungsverhältnis an. Obwohl der neue Meriva deutlich gewachsen ist, wird sich der Preis am Niveau des Vorgängers orientieren.
Autogazette: Der neue Opel-Chef Nick Reilly hat angekündigt, dass Opel einen Kleinstwagen benötigt, um zukunftsfähig zu sein. Warum hat Opel es bislang verschlafen, dieses so wichtige Segment zu bedienen?
Klaus: Wir haben hier nichts verschlafen. Wir hatten hier bereits gute Konzepte vorliegen, doch bei bisherigen Konzernentscheidungen stand ein Kleinstwagen nicht ganz oben auf der Prioritätenliste. Mit einem Kleinstwagen unterhalb des Corsa ist zudem schwer Geld zu verdienen. Entsprechend hat sich dieser Business-Case bisher nicht gerechnet. Doch aufgrund der Entwicklung des Marktes glauben wir, dass jetzt die Zeit reif ist für ein solches Auto.
«Leichte Erholung des Marktes»
Autogazette: Die Entscheidung über den Bau soll im ersten Quartal getroffen werden. Erscheint ein Marktstart Ende 2012/13 als realistisch?
Klaus: Ja, wenn die Entscheidung getroffen wird, dann ist ein solches Auto innerhalb von zwei Jahren auf die Straße zu bringen, wenn es durch alle internen Genehmigungsprozesse gegangen ist.
Autogazette: Seit Dezember steht der neue Astra beim Händler. Wie viele Astra sind seither verkauft worden?
Klaus: Im Moment sind es um die 63.000. Das liegt oberhalb unserer Erwartungen. Wir bleiben bei unserer Zielsetzung, dass wir in diesem Jahr europaweit 180.000 Astra verkaufen wollen, davon rund 20 Prozent in Deutschland.
Autogazette: Herr Hölz, Sie verantworten bei Opel das Flottengeschäft. Mit welchen Absatzerwartungen blicken Sie ins Jahr 2010?
Jürgen Hölz: Wir rechnen mit einer leichten Erholung des Marktes im Jahr 2010, nachdem wir im Vorjahr bereits eine sehr erfreuliche Situation für die Marke Opel erlebt haben.
Autogazette: Wo lag der Flottenabsatz im Vorjahr und wo soll er in 2010 liegen?
Hölz: Wir haben im relevanten Flottenmarkt die 10 Prozentpunkte in der Fuhrparkgröße über 25 Fahrzeugen erreicht, worauf wir stolz sind. Wir gehen davon aus, dass wir an der positiven Entwicklung partizipieren werden, auch angesichts unserer attraktiven Produkte wie dem Insignia oder dem Corsa. Für eine genaue Prognose ist es zu Beginn dieses Jahres noch zu früh.
Autogazette: Sie haben das Geschäft mit Autovermietern bereits zurückgefahren. Wird es bei diesem Schritt bleiben, auch unter dem Aspekt des Restwertes?
Hölz: Das hängt davon ab, wie viele Fahrzeuge wir in welchen Verkaufssegmenten platzieren wollen, vor allem aber auch von der Markterwartung. Insgesamt waren wir 2009 auf einem guten Niveau mit Blick auf unsere Restwertsituation. Wir rechnen damit, dass sich die Situation auch in 2010 ähnlich darstellen wird.
«Kleinstwagen gute Ergänzung»
Autogazette: Fehlt Ihnen eigentlich ein Kleinstwagen im Angebot für die Flottenkunden?
Hölz: Es wäre sicherlich eine gute Ergänzung neben dem Astra, Insignia, Zafira, Corsa und dem neuen Meriva ein solches Fahrzeug im Portfolio zu haben. Der Anteil eines solchen Autos wäre im klassischen Flottengeschäft aber auch nicht so hoch wie es im Privatkundengeschäft der Fall wäre.
Autogazette: Im Flottenbereich konnten Sie in Deutschland in den ersten elf Monaten des Vorjahres rund 10.000 Insignia absetzen, der Passat kam fast auf das vierfache Volumen. Kann es gelingen, diesen Abstand zu verringern?
Hölz: Bei den Limousinen konnten wir den Passat mit unserem Insignia deutschland- und europaweit vom Platz eins verdrängen. Unser Insignia Sports Tourer stand erst ab Mitte April zur Verfügung. Ich denke, dass wir in diesem Jahr den Rückstand dort weiter verkleinern werden. Der Passat ist sicherlich der Platzhirsch, doch wir werden angreifen.
Klaus: Einen solchen Abstand zu verkürzen, kostet Zeit. Ein langjähriger Passat-Fahrer geht nicht von jetzt auf gleich zu einer anderen Marke, auch wenn unser Insignia sich nicht zu verstecken braucht. Wir haben hier deutliche Potenziale. Mit dem Insignia haben wir einen Fuß in die Türen bekommen, die wir zu Vectra-Zeiten nicht hatten.
Autogazette: Bei Opel entfallen 40 Prozent der Verkäufe auf Spritsparmodelle. Wie hoch ist der Anteil im Flottengeschäft?
Hölz: Er bewegt sich auf ähnlichem Niveau.
Autogazette: Ist ein reduzierter Verbrauch ein entscheidendes Verkaufsargument für Sie?
Hölz: Das ist ein Argument, das immer mehr zum Tragen kommt. Entsprechend treten wir damit auch an den Kunden heran. Unsere Flottenkunden müssen beispielsweise den Aufpreis von 350 Euro für ein Insignia ecoFLEX-Modell nicht zahlen.
«Gibt Trend zum Spritsparen»
Autogazette: Herr Klaus, welche Rolle spielt der Umweltaspekt bei der Neupositionierung der Marke Opel?
Klaus: Es gibt einen Trend zum Spritsparen. Deshalb bieten wir unserem Kunden eine Vielzahl von Spritsparmodellen an, vor allem bezahlbare. Ab sofort werden wir auch Autogas-Fahrzeuge ab Werk anbieten. Den Bogen der spritsparenden Modelle spannen wir nun noch etwas weiter. Wie Sie wissen, planen wir im Jahr 2011 die Einführung des Elektroautos Ampera.
Autogazette: Herr Hölz, ist Autogas auch für Sie interessant?
Hölz: Ja, es ist auch für uns interessant. Auch die Flottenkunden sind an neuen, umweltfreundlichen und kostensparenden Lösungen stark interessiert. Opel hat die ganze Breite anzubieten: Benzin, Diesel, Erdgas und Autogas.
«Umsatzrendite wird zurückgehen»
Autogazette: Herr Klaus, bis Ende des Jahres haben Ihre Händler noch von der Abwrackprämie profitiert, mittlerweile ist die Auftragsbank abgebaut. Rechnen Sie für das Jahr 2010 mit einem großen Händlersterben?
Klaus: In 2009 hatten wir ein Dutzend Insolvenzen bei unseren Händlern. Ohne den Markteffekt durch die Abwrackprämie wären es vielleicht mehr gewesen.
Autogazette: Derzeit haben Sie 470 Händler. Wie viele werden es Ende dieses Jahres sein?
Klaus: Unser Händlernetz hat derzeit eine angemessene Größe. Wir werden uns in diesem Jahr alle anstrengen müssen, dies schließt auch den Handel ein. Wie auch schon im letzten Jahr, werden wir alles tun, um eine gesunde Händlerstruktur zu erhalten, die wir brauchen, um unsere Ziele am Markt zu erreichen.
Autogazette: Die Umsatzrendite Ihrer Händler lag im Vorjahr bei rund zwei Prozent. Wird das zu halten sein?
Klaus: Das halte ich für ausgesprochen schwierig, diese Rendite wird 2010 nicht zu realisieren sein.
Autogazette: Wird es 2010 ein Jahr der Rabattschlachten geben? Opel hat gerade ja eine Null-Prozentfinanzierung gestartet?
Klaus: Eine Null-Prozent-Finanzierung halte ich nicht für eine Rabattschlacht. Ich hoffe auch darauf, dass uns eine Rabattschlacht erspart bleibt. Es ist im Interesse aller Hersteller, so etwas zu vermeiden. Schließlich muss jeder seine Margen schützen. Die Stärke von Opel soll nicht der Rabatt sein, sondern unsere neuen Produkte wie der Meriva, der Corsa oder der Astra Sports Tourer.
Das Interview mit Michael Klaus und Jürgen Hölz führte Frank Mertens