ChatGPT: Künstliche Intelligenz als neuer Megatrend

ChatGPT: Künstliche Intelligenz als neuer Megatrend
Volkswagen gehört zu den Herstellern, die ChatGPT in die Modelle integriert. © VW

Künstliche Intelligenz war auf der CES das beherrschende Thema. Es gibt kaum einen Autobauer, der nicht ChatGPT in seine Modelle integriert.

Autonomes Fahren war einmal und Elektromobilität oder immer buntere Infotainmentsysteme sind auch schon wieder alte Hüte. Wer in diesem Jahr auf der CES nach dem großen Autotrend der Zukunft sucht, der stolpert an jedem Stand über die künstliche Intelligenz: Gerade erst aus den Start-Up-Garagen des Silicon Valley ins allgemeine Bewusstsein gerückt, erobern intelligente Informationskraken wie ChatGPT nun mit rasendem Tempo auch die Fahrzeugwelt.

Sie helfen den Ingenieuren bei der Verkürzung der Entwicklungszyklen, sie helfen den Assistenzsystemen beim Erkennen und Entschärfen von brenzligen Situationen und vor allem sorgen sie für ein völlig neues Miteinander zwischen Mensch und Maschine. Denn wenn statt herkömmlicher Sprachsteuerung plötzlich smarte Sprachbots am Werk sind und die zudem auf alles Wissen der weiten Webwelt zugreifen können, dann wird das Auto gar vollends zu einem digitalen Kompagnon, Freund und Familienmitglied, das frei und flüssig mit einem spricht und auf jede Frage eine Antwort weiß.

Dialoge werden immer natürlicher

Im ersten Schritt verbessert das erstmal nur die Sprachsteuerung der Infotainmentsysteme und liefert bessere Antworten. Denn mit so genannten Large Language Modellen werden die Dialoge immer natürlicher. Und weil das Wissen der Welt nur einen Cloud-Link weit entfernt ist, erzählt der Bordcomputer auf Zuruf Kindermärchen, fasst die Nachrichtenlage zusammen oder gibt Reisetipps, die weit über die üblichen Sehenswürdigkeiten hinausgehen.

Und wer nach einer Restaurantempfehlung fragt, kann sich gleich auch die passenden Rezepte für dessen Gerichte raussuchen lassen. So wie es die noble Stellantis-Marke DS in Europa und Mercedes in den USA schon seit ein paar Monaten machen, wollen deshalb nun auch VW ab dem zweiten Quartal und BMW mit einem baldigen Update so genannte Chatbots in ihre Software integrieren, um den Dialog natürlicher zu gestalten und die Themenvielfalt zu erweitern.

Mercedes spricht von personalisiertem Kundenerlebnis

Aber dabei soll es nicht bleiben, sagt Mercedes-Entwicklungschef Markus Schäfer und schwärmt von einer ganz neuen, weil „hyperpersonalisierten Kundenerlebnis.“ Mit dem eigenen Betriebssystem, erstklassigen Kollaborationen und den jüngsten Entwicklungen in generativer KI würden die Beziehung verändert, die Menschen mit ihrem Mercedes haben.
Herzstück dafür ist der MBUX Virtual Assistant, den Schäfer als die bislang menschenähnlichste Schnittstelle bei Mercedes bezeichnet, weil er natürlich und vor allem empathisch mit den Insassen agiert. Auf ultraschnellen Prozessoren als lebendiger Stern-Avatar animiert, hat er vier verschiedene Emotionen und geht gezielt auf deren Bedürfnisse ein. Er nutzt generative KI und proaktive Intelligenz, um deren Leben einfach, angenehm und komfortabel zu machen. Zum ersten Mal erleben werden die Mercedes-Fahrer das, wenn mit dem nächsten CLA im kommenden Jahr eine neue Generation von E-Plattform samt dem ersten eigenen Betriebssystem der Schwaben und einem weiterentwickelten Infotainmentsystem an den Start geht.

Von KI soll Gesellschaft profitieren

Weil die künstliche Intelligenz immer auf zahllosen Quellen fußt und so zur Schwarmintelligenz wird, profitiert von der Besserwisserei im Auto nicht nur der einzelne, sondern auch die Gemein- oder im besten Fall sogar die Gesellschaft. Das zumindest ist der Leitgedanke, den Hyundai auf der CES proklamiert, wenn die Koreaner das Bild vom Auto als eigenständigem KI-Device skizzieren.

Dann lernt das Auto ständig dazu und wird zu einem neuen Mobilitäts-Ökosystem, das die Bedürfnisse der Nutzer frühzeitig erkennen und jederzeit und überall erfüllen kann. „Diese Entwicklung schafft neue Möglichkeiten zur Automatisierung, liefert Daten, verhindert potenzielle Problemstellen, personalisiert das Nutzererlebnis und optimiert Dienste und Lösungen, um Nutzern einen Mehrwert zu bieten“, schwärmen die Verantwortlichen.

Egal ob nur als digitaler Dampfplauderer, allumfassender Begleiter und Betreuer oder gleich als allwissender Weltverbesserer – während andere Technologien oft Jahre für ihren Weg ins Auto gebraucht haben oder wie das autonome Fahren noch immer nicht über das Wunschdenken der Entwickler hinausgekommen sind, hat es die künstliche Intelligenz beinahe über Nacht in die PS-Welt geschafft. Und wird dort einen gehörigen Einfluss haben, glaubt Timo Littke: „ChatGPT im Auto wird die User Experience holistisch auf ein neues Level heben“, glaubt sagt der Experte beim Strategieberater Berylls in München.

Große Bandbreite an Wissen steht bereit

Das beginne bereits bei der dramatisch verbesserten Spracherkennung und bei der Sprachausgabe, die verständlicher und individueller werde. Das Spektrum an Themen und Informationen werde größer, da sowohl alle Fahrzeuginformationen und das Wissen aus dem Internet als auch die Daten aus angeschlossenen Nutzeraccounts wie dem eigenen E-Mail-Postfach oder dem Kalender verfügbar seien.

MIT KI bringt auch Mercedes mehr Intelligenz ins Auto. Foto: Mercedes

Und individueller werde das System auch – weil Marken ihre eigene Charakteristik ins System programmieren und weil beim Dialog der bisherige Gesprächsverlauf oft über lange Zeit berücksichtigt werden kann. Und ganz nebenbei hofft Littke auch noch auf mehr Sicherheit. „Durch die einfachere und intuitivere Nutzung sinkt die Ablenkung und die Fahrer können sich besser auf den Verkehr konzentrieren.“

Wissensstand nicht aktuell

Zwar findet mit der künstlichen Intelligenz das gesamte Wissen der Welt ins Auto, sie definiert das Zusammenspiel zwischen Mensch und Maschine neu und hat das Zeug dazu, jede Fahrt zu einem unvergesslichen Erlebnis zu machen – selbst wenn sie nur durch den Stau führt.

Doch nicht alle Fragen wird die künstliche Intelligenz den Pkw-Passagieren beantworten können. Nicht mal hier in Las Vegas. Denn wer bei der Sitzprobe in Mercedes, Hyundai & Co nach dem nächsten großen Ding fragt, nach jenem Trend, der die CES 2025 bestimmen könnte, der erntet vom Auto nur Ausflüchte: Weil der Wissenstand von ChatGPT aktuell bei 2022 endet, tut sich auch der smarteste Besserwisser auf Rädern mit dem Blick in die Zukunft ausgesprochen schwer. (SP-X)

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