Thomas Sedran sieht Chevrolet trotz derzeit schlechter Absatzahlen gut für die Zukunft aufgestellt. Vom BMW i3 erwartet der Chef von Chevrolet Europe auch Auswirkungen auf das eigene Elektroauto Volt.
Von Thomas Flehmer
Der Einstieg hätte freundlicher beginnen können für Thomas Sedran. Ein Minus von 22,6 Prozent in den ersten acht Monaten muss der neue Chef von Chevrolet Europe bei insgesamt 126.417 verkauften Einheiten notieren. Das sind Zahlen, die selbst auf dem schwachen europäischen Markt Anlass zur Sorge geben könnten. Doch der 48-Jährige, der zum 1. Juli Susan Docherty an der Spitze der GM-Tochter abgelöst hatte, strahlt Zuversicht aus. «Ich sehe Chevrolet gut gerüstet. Wir hatten einen guten Juli und mit 13.500 Zulassungen und einem Marktanteil von 1,5 Prozent einen sehr guten August. Für uns ist das ein Signal, Sachen weiter anzuschieben.»
Chevrolet Trikotsponsor von Manchester United
Ein Pfeiler des angestrebten Wachstums ist dabei die Steigerung der Markenbekanntheit, «ohne Hunderte von Millionen in Werbung zu stecken», wie der frühere Unternehmensberater sagt. Denn während die Marke in Amerika schon Legendenstatus besitzt, spielt Chevrolet erst seit 2005 in Europa eine stärkere Rolle, nachdem der Name auf die Fahrzeuge des Unternehmens Daewoo geklebt wurde. In dieser Zeit wurden in Europa 1,5 Millionen Chevrolet verkauft, davon 300.000 in Deutschland.
Aber auch acht Jahre später werden Modelle in Korea produziert und die Palette hat nichts mit den großen Schlachtschiffen vergangener Jahrzehnte, die von «Lassie» bis «Sex and the City» über den heimatlichen Bildschirm fuhren, gemein. «Sehr wichtig ist deshalb, dass wir im kommenden Jahr als Trikotsponsor von Manchester United fungieren werden», sagt Sedran und hofft «auf viele Champions League-Spiele gegen Mannschaften unserer Kernmärkte.» Doch Europa spielt auch dann nur eine untergeordnete Rolle. Die gemietete Brust des englischen Fußball-Rekordmeisters soll besonders die Steigerung der Bekanntheit auf den asiatischen Märkten herbeiführen, in denen Manchester United sehr populär ist.
Kaum Wechselkäufer zwischen Chevrolet und Opel
In Europa soll Chevrolet mit einer Mehrmarkenstrategie umgestaltet und neu ausgerichtet werden. Das Konzept hatte Sedran im April – damals war der ehemalige Opel-Interimschef noch als Strategie-Vorstand für die Rüsselsheimer tätig - gemeinsam mit seiner Vorgängerin Docherty im GM-Aufsichtsrat präsentiert. Für Sedran letztendlich ein Türöffner zur Europazentrale von Chevrolet, nachdem Docherty das Amt aufgab.
«Bei der Strategie geht es darum, wie man die Marken noch stärker differenziert und wie profitabel Marktanteile gewonnen werden können», so Sedran, «es muss eine systematische Entwicklung von Händlern, kleingewerblichen Flotten und Kunden stattfinden. Es sind viele Bausteine, mit denen wir versuchen werden, unseren Mitbewerbern Marktanteile abzujagen – aber ohne Schnellschüsse.»
Kannibalisierungseffekte mit seinem ehemaligen Arbeitgeber schließt er dabei aus. Zwar gäbe es Wechselkäufer zwischen Chevrolet und Opel, aber lediglich um die zehn Prozent «und damit deutlich weniger als bei anderen Mehrmarkenunternehmen. Es gibt kaum Interaktionen zwischen Aveo und Corsa, selbst beim Cruze und Astra nicht.»
Neuer Schwung durch den BMW i3
Inwieweit die Kannibalisierungen zwischen den Elektroautos von Chevrolet und Opel zunehmen werden, wird die Zukunft zeigen. Die Rüsselsheimer hatten während der ersten IAA-Tage den Preis des Ampera um 7600 Euro auf 38.300 Euro gesenkt und damit auch Chevrolet überrascht, die kurz darauf nachzogen. So ist der Volt nun 300 Euro günstiger als das Opel-Pendant. Ansonsten beziffert Sedran den Preisabstand zwischen «zehn bis 15 Prozent im Vergleich zu Opel bei den Transaktionspreisen.» So oder so – für die Mehrmarkenstrategie ist der Preiskampf nicht unbedingt eine gute Basis, auch wenn er nicht durch Opel, sondern durch BMW ausgelöst wurde, die in Frankfurt ihr Elektroauto i3 vorstellten, das zu Preisen ab knapp 35.000 Euro startet.
Sedran verspricht sich durch den Einstieg der deutschen Hersteller – auch VW schickt den elektrischen Up ins Rennen – aber auch einen gewissen Schwung für Elektroautos. «Wir sind jetzt sehr gespannt auf die Reaktionen der Konsumenten des BMW i3 und versprechen uns auch mehr Interesse der Verbraucher an der Elektromobilität.» Dabei sieht der Automanager den Volt dank des Range Extenders weiterhin im Vorteil gegenüber den rein batterie-elektrischen Fahrzeugen, da mit dem Volt Entfernungen bis zu 500 Kilometer zurückgelegt werden können.
Sedran fordert staatliche Unterstützung für Elektromobilität
Allerdings werde der BMW i3 dazu führen, «dass viele Menschen die Angst vor dem elektrischen Fahren verlieren werden, obwohl es noch keine Nachrichten gab, dass die Fahrer von Elektrofahrzeugen regelmäßig liegen geblieben sind», sagt Sedran. Um die Elektromobilität zu fördern, sieht Sedran dann auch die neue Bundesregierung in der Pflicht. «Wenn die Elektromobilität als wichtig eingestuft wird, stellt sich die Frage nach der staatlichen Förderung.»
Doch ob mit oder ohne Förderung sei der Volt ein gutes Produkt im Portfolio, aber keines, das die Menschen in die Autohäuser ziehe, sagt Sedran. «Dafür sind die Corvette oder ein Camaro zuständig» – halt die Fahrzeuge, die auch schon bei «Lassie» oder «Sex and the City» zu sehen waren.
Sedran will Ernte einfahren
Dass die anderen Modelle in den kommenden fünf, sechs Jahren stärker ins Bewusstsein potenzieller Kunden geraten, sei ein schrittweiser Prozess, «aber wir sind auf Kurs», sagt Sedran, «ob ich dann noch an der Spitze stehe, wird man sehen. Ich bin kein Jobhopper und hoffe, dass ich die Früchte meiner Arbeit ernten kann. Es geht darum, Chevrolet auf die nächste Stufe zu heben. Ich glaube, dabei ist es wichtig, Kontinuität zu zeigen.»
Dabei ist Kontinuität in letzter Zeit kaum gegeben. Seit seinem Einstieg bei Opel am 1. April 2012 bekleidete Sedran das Amt des Strategievorstandes, des Interimschefs und daraufhin wieder das des Strategievorstandes. Nach 14 Monaten kam dann der Wechsel in die Europazentrale von Chevrolet nach Zürich. Auch hier ist Kontinuität eine Frage der Auslegung. Sedran ist innerhalb von zwei Jahren bereits der dritte Europa-Chef. Und schon der Einstieg hätte freundlicher ausfallen können.