Saab: Ende einer Talfahrt

«Schwere Entscheidung» des Richters

Saab: Ende einer Talfahrt
Der Firmensitz von Saab in trollhättan. © dpa

Der zähe Überlebenskampf des Autoherstellers Saab geht seinem bitteren Ende entgegen. Nach dem Gerichtsentscheid gegen Gläubigerschutz stellt sich Schweden auf das Aus für seine zweite Automarke mit stolzen Traditionen neben Volvo ein.

Von Thomas Borchert

Ein Richter und seine zwei Beisitzer am kleinen westschwedischen Amtsgericht Vänersborg haben möglicherweise den Überlebenskampf bei Saab entschieden. Ihr «Nein» zum Antrag des akut bedrohten Autoherstellers auf Gläubigerschutz dürfte in schon kurzer Zeit Insolvenzanträge und damit wohl auch das Ende aller Träume von einer neuen Zukunft am Stammsitz Trollhättan für die traditionsreiche Marke nach sich ziehen.

«Schwere Entscheidung»

«Das war schon eine sehr schwere Entscheidung», bekannte Richter Gunnar Krantz und dürfte dabei auch an den Stolz in Schweden auf die heimische Autoindustrie mit ihren weltweit geachteten Marken Volvo und eben Saab gedacht haben. Aber Stolz und Blütenträume konnten in den Augen der Richter eben nicht astronomisch hohe Schulden, komplett leere Kassen, seit einem halben Jahr stillstehende Bänder und vage Aussichten auf neue Investoren aus China als Rettungsanker aufwiegen.

Es erinnerte ein bisschen an das Märchen über des Kaisers neue Kleider, was die Richter zu dem am Vortag eingereichten Antrag auf Gläubigerschutz durch Saabs niederländischen Chef Victor Muller meinten: «Es erscheint dem Gericht alles in allem unklar, wie das Unternehmen seine Finanzkrise lösen und die eigenen Aktivitäten fortsetzen will.»

Bestürzung über Saab-Aus hält sich in Grenzen

Der wortgewandte Muller hatte es bis zu diesem Punkt immerhin anderthalb Jahre geschafft, das Ende des im internationalen Autogeschäfts zwergenhaft kleinen Wettbewerbers Saab mit immer neuen Plänen und potenziellen Investoren - erst aus Russland, dann aus China - hinauszuzögern. Selbst als in den Kassen auch kein Geld mehr für Löhne und Gehälter zu finden war, sprach Muller noch in dynamischer Tonlage von einem «Plan C», den man «ja immer für solche Fälle» hat. Nach der Gerichtsentscheidung «enthüllte» er, dass damit eine Berufungsklage gemeint sei. Wenn auch die scheitern sollte, gebe es sogar einen «Plan D».

Die Bestürzung in Schweden über die Entscheidung des Gerichts hielt sich in Grenzen. Zu offensichtlich hatte sich Saab ohne Kapital in Richtung Abgrund bewegt. Wirtschaftsministerin Maud Olofsson äußerte zwar, sie sei «überrascht» vom Nein des Gerichts zum Gläubigerschutz. Seit dem letzten Jahr aber hatte sich die Stockholmer Regierung schon betont zurückgehalten, wenn es um Hilfeleistungen für die Wiederbelebungsversuche am immer offensichtlicher siechen Patienten Saab ging.

Überzeugender Geschäftsplan fehlt

«Erst brauchen wir einen überzeugenden Geschäftsplan und finanzstarke Partner», hieß Olofssons oft wiederholtes Mantra. Als Saabs größerer heimischer Konkurrent Volvo 2010 vom US-Konzern Ford an Geely in China verkauft wurde, unterstützte die Stockholmer Regierung schnell und entschlossen den Übergang. Für die 3700 Saab-Beschäftigten ist der Traum von neuer Job-Sicherheit durch chinesische Eigner wohl ausgeträumt. (dpa)

Vorheriger ArtikelVW muss auf Porsche länger warten
Nächster ArtikelNissan 370Z bereit für den Kampf
Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

Keine Beiträge vorhanden