Volkswagen-Chef Pischetsrieder: Wir verdienen mit jedem Phaeton Geld

Der neue Jetta soll Volkswagen zumindest in den USA die Wende bringen. Die Netzeitung sprach mit VW-Chef Pischetsrieder über den US-Markt, das Luxus-Modell Phaeton und den neuen Jetta.

Volkswagen glaubt nicht, dass der amerikanische Automarkt im laufenden Jahr wachsen wird. Entsprechend vorsichtig ist VW-Chef Bernd Pischetsrieder bei einer Prognose zur Entwicklung des Geschäfts in den Vereinigten Staaten: «Es hängt entscheidend vom Dollar ab, um wie viel das Geschäft in diesem Jahr besser wird», sagte er im Interview mit der Netzeitung.

Zugleich verteidigte er die Entwicklung des neuen Golfs. «Der Golf ist besser raus gekommen, als es viele erwartet haben», sagte er. «Unser Modell-Mix zwischen dem alten und dem neuen Golf kann sich sehen lassen.»

Mit dem neuen Luxus-Modell Phaeton macht der Konzern laut Pischetsrieder mittlerweile Gewinn: «Nachdem die Entwicklungskosten vollständig abgeschrieben sind, verdienen wir mit jedem Phaeton Geld, den wir verkaufen», so der VW-Chef.

Netzeitung: Sie haben auf der Auto Show in Detroit den neuen Jetta gezeigt. Wird er Volkswagen in den USA in die Gewinnzone zurückbringen?

Bernd Pischetsrieder: Wenn Sie mir sagen, wie der Dollar sich entwickelt, kann ich die Frage beantworten. Der Jetta wird zu einem Großteil in Mexiko, also im Dollarraum hergestellt. Deswegen ist der Dollar für seine Profitabilität auch kein Thema. Aber Audi importiert nach wie vor alle Fahrzeuge, auch der Passat wird importiert. Daher hängt es entscheidend vom Dollar ab, um wie viel das Geschäft in diesem Jahr besser wird.

Netzeitung: Wird der US-Markt insgesamt wachsen?

Pischetsrieder: Ich glaube nicht, dass jemand in unserer Branche wirklich daran glaubt, dass der Markt wächst. Jeder ist vielmehr daran interessiert, dass die Incentives nach unten gehen. Die Situation ist kurios: Einer hat mit den Rabatten angefangen, und am Ende will's keiner gewesen sein. Wir haben im vergangenen Jahr durchschnittlich knapp 2500 Dollar Incentives pro Fahrzeug gehabt, über alle Marken und alle Autos hinweg. Im Durchschnitt aller Hersteller waren es nahezu doppelt so viel. Damit kann keiner leben.

Ich habe das schon öfter erlebt, in den 80er Jahren war es mit den Rabatten genauso. Und das dicke Ende kommt für viele Hersteller und Kunden erst hinterher, wenn die ganzen Wiederverkaufswerte sinken.

Netzeitung: Nun hängt natürlich auch China direkt am Dollar. Da sähen die Probleme demnach ähnlich aus ...

Pischetsrieder: Das ist insoweit ein anderes Problem, als die Fahrzeuge, die wir in China bauen, sehr viele lokal gefertigte Teile haben und daher die Währungseinflüsse niedriger sind. Aber: Erstens ist der chinesische Markt angesichts der vielen neuen Wettbewerber schwieriger geworden. Zweitens haben mal wieder die üblichen Verdächtigen geglaubt, sie könnten dadurch Marktanteile kaufen, dass sie die Preise senken.

Drittens hat die chinesische Regierung beschlossen - was ich auch für vernünftig halte - die Kreditvergabe zu begrenzen, um eine Überhitzung des Marktes zu verhindern. Und nicht zuletzt investieren wir die chinesischen Gewinne ja auch wieder in Yuan.

Preise nicht reduzieren

Netzeitung: Sie haben selbst gesagt, dass der Markt auch in Deutschland schwieriger wird. Können Sie die Politik, keine Rabatte, sondern Sonderaustattungen wie die Klimaanlage im neuen Golf anzubieten, überhaupt durchhalten?

Pischetsrieder: Für Volkswagen-Kunden ist der Wiederverkaufswert ein wichtiges Kaufargument. Hier belegen wir nach wie vor den Spitzenplatz in Deutschland. Und es gäbe keine bessere Methode, den Wiederverkaufswert kaputtzumachen, als die Preise zu reduzieren.

Deswegen wollen wir die Rabattschlachten der Konkurrenz oder Tageszulassungen möglichst vermeiden. Ich sehe im Moment auch keine Notwendigkeit dazu. Denn mit den vielen neuen Modellen, die wir in diesem Jahr erstmals anbieten werden, wird das Geschäft für VW leichter.

Netzeitung: Sind für Volkswagen in den USA der neue Jetta und Passat so wichtig wie der Golf V im letzten Jahr für das Deutschlandgeschäft war?

Pischetsrieder: Auch wenn manch einer das gerne anders beurteilt: Der Golf ist besser rausgekommen, als es viele erwartet haben. Unser Modell-Mix zwischen dem alten und dem neuen Golf kann sich sehen lassen, wir haben 2004 530.000 neue und etwa 100.000 vom Golf IV verkauft. Das sind zusammen 630.000. Unser Segmentanteil ist damit sogar noch gewachsen.

Die Rolle, die gerade die Analysten immer dem Golf V zugedacht haben, war vor zehn Jahren ja richtig. Nur gibt es inzwischen auf den Märkten erheblich mehr Modelle. Sogar vom Golf gibt es immer mehr Varianten. Nehmen Sie nur den Golf Plus oder den Touran. Und ob jetzt 500.000 oder 600.000 «normale» Golf verkauft werden, wir haben den Marktanteil im Segment verbessert. Das Wohl und Wehe des Konzerns hängt auch nicht ausschließlich am Golf. Von der Ertragsseite her ist der Passat mindestens genauso wichtig.

Für die USA gilt, dass ein großer Teil der Wertschöpfung im Jetta aus dem Dollarraum stammt. Außerdem verkaufen wir in den USA viel mehr davon als in Europa, das Modell macht hier mindestens die Hälfte der Verkäufe aus. Insoweit ist der Jetta schon sehr wichtig für VW. Vom Passat haben wir zu besten Zeiten auch mehr als 100.000 Stück in den USA verkauft. Da wollen wir wieder hin - wenn auch nicht gleich zu Anfang.

Neue Dieselrichtlinie kommt

Netzeitung: Nicht nur VW bietet eine Diesel-Version des Jetta, auch die Tochter Audi geht mit kräftigen Dieselmotoren in den USA an den Start - obwohl Benziner hier zu Lande trotz des deutlich gestiegenen Preises nach wie vor weitaus erfolgreicher sind. Glauben Sie an den Massenerfolg von Dieselantrieben in den USA, oder wird das weiter eine Nische bleiben?

Pischetsrieder: Im kommenden Jahr gibt es in den USA neue Richtlinien für Kraftstoffe. Dann muss der Anteil des Schwefels im Diesel deutlich reduziert werden. Zurzeit liegt er teilweise noch extrem hoch, vor allem im Süden der Staaten. Damit lässt sich nun mal kein moderner Dieselmotor sauber fahren.

Das wird sich aber im nächsten Jahr ändern, und dann wird man hier dieselben Dieselspezifikationen wie in Europa haben. Der Erfolg der Dieselmodelle wird sich daher erst ab 2006 oder 2007 entscheiden. Wir setzen darauf, dass die Vorurteile, die die Amerikaner dem Diesel gegenüber haben, überwunden werden können.

Netzeitung: Auf der Auto Show gingen zwei amerikanische Kollegen an mir vorbei. Der eine sagte: Look, there's the new one (Schau mal, da ist der neue) - und meinte den Passat. Der wurde in Detroit aber gar nicht gezeigt, ich stand vor einem Phaeton. Erinnert das Design des neuen Passats nicht so stark an die Luxuskarosse, dass die optischen Unterschiede zum Mittelklassemodell weitgehend verschwunden sind?

Pischetsrieder: Haben Sie den neuen Passat schon gesehen?

Netzeitung: Natürlich, auf Fotos.

Pischetsrieder: Das Design hat mit dem Phaeton eigentlich gar nichts zu tun, außer dass beide vier Räder und vier Türen haben. Wir haben allerdings beim Passat Markenelemente fortgeführt wie die runden Heckleuchten. Die haben wir aber auch bei anderen Modellen.

Jeder Phaeton bringt Gewinn

Netzeitung: Wie viele Phaeton müssen Sie denn verkaufen, damit das Modell für Volkswagen endlich Gewinn abwirft?

Pischetsrieder: Nachdem die Entwicklungskosten vollständig abgeschrieben sind, verdienen wir mit jedem Phaeton Geld, den wir verkaufen. Je mehr wir verkaufen, desto mehr Gewinn kommt zusammen, so einfach ist das. Jeder bringt Geld in die Kasse.

Netzeitung: Die meisten Analysten sind sehr skeptisch, was das Erreichen der Gewinnprognose 2004 angeht. Können Sie sie noch erreichen?

Pischetsrieder: Wenn sie nicht mehr stehen würde, hätten wir eine Gewinnwarnung machen müssen. Das haben wir aber nicht.

Netzeitung: Bis zur Veröffentlichung des Jahresergebnisses Ende Februar ist ja noch ein bisschen Zeit ...

Pischetsrieder: Es gibt auch jetzt keinen Grund, an der Erreichung unserer Ziele zu zweifeln.

Das Gespräch führte Kai Makus.

Keine Beiträge vorhanden