«Gibt keinen Grund, VW-Gesetz abzuschaffen»

Streit im Bundesrat

Brigitte Zypries will ungeachtet der Klageandrohung aus Brüssel an der Sperrminorität für das Land Niedersachsen festhalten. «Es gibt keinen Anlass, das VW-Gesetz komplett abzuschaffen«, so die Bundesjustizministerin.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hält trotz des massiven Drucks der EU-Kommission an der Neufassung des VW-Gesetzes fest. Die Kanzlerin habe sich für diesen Gesetzentwurf eingesetzt und «für den macht sie sich auch bei der EU- Kommission stark», sagte Vize-Regierungssprecher Thomas Steg am Freitag in Berlin.

Oettinger für Abschaffung

Die Neuregelung erhält die umstrittene 20-Prozent-Sperrminorität bei Volkswagen , die dem Land Niedersachsen ein Vetorecht ermöglicht. Brüssel droht der Bundesregierung deshalb mit einer neuen Klage. Der baden-württembergische Ministerpräsident Günter Oettinger tritt ebenfalls für eine Abschaffung des Gesetzes ein und stellt sich damit hinter den Stuttgarter Autobauer Porsche , der sich durch das Gesetz bei der Übernahme des Wolfsburger Autobauers eingeengt sieht. Oettinger zog am Freitag im Bundesrat aber überraschend einen Gegenantrag zum Regierungsentwurf zurück.

In der Sitzung der Länderkammer lieferten sich Niedersachsen, Baden-Württemberg und die Bundesregierung einen heftigen Schlagabtausch. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries will trotz der Klagedrohung aus Brüssel an der Neuregelung festhalten. «Es gibt keinen Anlass, das VW-Gesetz komplett abzuschaffen. Das sollte die EU-Kommission akzeptieren», sagte sie. Niedersachsens Regierungschef Christian Wulff argumentierte, das deutsche Gesellschafts- und Aktienrecht gehe Brüssel nichts an. Die politische Flankierung bei VW habe sich in 50 Jahren bei VW bewährt.

Sonderstellung kritisiert

Oettinger attackierte dagegen erneut die Sonderstellung Niedersachsens bei VW. Das Aktienrecht sehe ein Vetorecht von 25 Prozent vor. Dies müsse für alle Unternehmen gelten. Mit dem Festhalten an der 20-Prozent-Marke riskiere die Bundesregierung ohne Not ein neues Verfahren mit Brüssel und Strafzahlungen. Persönlich könne er Wulffs' Position aber verstehen, der die Vermögenswerte Niedersachsens bei VW stärken wolle, sagte Oettinger.

VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh lobte die Arbeit von Zypries. Die politischen Kräfte hätten damit ein wichtiges Signal gesandt. «Es braucht faire Spielregeln, bei denen die Arbeitnehmer nicht unter die Räder kommen.» Volkswagen sei mit dem VW-Gesetz wirtschaftlich erfolgreich und handele gleichzeitig sozial verantwortlich. «Wer nichts Böses im Schilde führt, der muss sich vor einem VW-Gesetz auch nicht fürchten», sagte Osterloh. In der kommenden Woche will Merkel auf einer Betriebsversammlung von VW in Wolfsburg sprechen. Es sei aber eher nicht davon auszugehen, dass sich die Kanzlerin im Detail zum Gremienstreit von VW, Porsche und Niedersachsen äußern werde, sagte Regierungssprecher Steg.

Spekulationen zurückgewiesen

Porsche kündigte am Freitag an, in den nächsten Wochen die nötigen Schritte einzuleiten, um Volkswagen in seine Bilanz aufzunehmen. Dabei müssten die Vermögensgegenstände neu bewertet werden, sagte ein Sprecher in Stuttgart. VW werde dafür die notwendigen Unterlagen zur Verfügung stellen. Die Stuttgarter wollen bis November ihren Anteil an Europas größtem Autobauer auf mindestens 50 Prozent erhöhen. Am vergangenen Dienstag hatte Porsche seine Beteiligung an VW bereits auf 35,14 Prozent ausgeweitet und hält angesichts einer Präsenz in der Hauptversammlung von bis zu 60 Prozent damit die faktische Mehrheit an dem sehr viel größeren VW-Konzern.

Der Porsche-Sprecher wies zugleich Spekulationen über weitere Aktienkäufe zurück. «Wir sind definitiv nicht im Markt», sagte er. Und: «Es hat auch niemand in unserem Auftrag gekauft.» Ein rasanter Kursanstieg der VW-Aktie am Donnerstag hatte Überlegungen ausgelöst, dass möglicherweise einer der Großaktionäre zukaufen könnte. Auch Niedersachsens Ministerpräsident Wulff sagte, das Land habe keine weiteren VW-Aktien gekauft. «Wir müssen nicht zukaufen», sagte Wulff in der ARD. Die Stammaktien hatten am Donnerstag um mehr als 25 Prozent zugelegt. Sie beendeten den Handel bei 304,00 Euro. Das Tageshoch lag bei 305,60 Euro.

Im Machtkampf zwischen VW und Porsche ist Porsche-Chef Wendelin Wiedeking nach einem Bericht der Wirtschaftszeitung «Handelsblatt» einen Schritt auf das VW-Management zugegangen. In kleiner Runde habe sich Wiedeking ausdrücklich hinter das Team um VW-Chef Martin Winterkorn gestellt und die gute Zusammenarbeit mit dem Management in Wolfsburg betont. «Wir arbeiten eng mit dem VW-Management zusammen. Ich habe einen guten Draht zu Herrn Winterkorn, mit dem ich mich regelmäßig treffe und telefoniere. Da ist kein Graben zwischen uns», zitiert die Zeitung den Porsche-Boss. Porsche versuche offenbar, die Wogen in dem seit Monaten erbittert geführten Streit zu glätten. (dpa)

Keine Beiträge vorhanden